Wir waren auf die Höhe gekommen und hatten die freye Aussicht auf die Hügel, hinter denen Berka liegt. Ein wenig links sahen wir in das Thal, das nach Hetschburg führt und wo auf der andern Seite der Ilm ein Berg vorliegt, der uns seine Schattenseite zukehrte und wegen der vorschwebenden Dünste des Ilm-Thales meinen Augen blau erschien. Ich blickte durch mein Glas auf dieselbige Stelle und das Blau verringerte sich auffallend. Ich machte Goethen diese Bemerkung. Da sieht man doch, sagte ich, wie auch bey den rein objectiven Farben das Subject eine große Rolle spielt. Ein schwaches Auge befördert die Trübe, dagegen ein geschärftes treibt sie fort oder macht sie wenigstens geringer.
"Ihre Bemerkung ist vollkommen richtig, sagte Goethe; durch ein gutes Fernrohr kann man sogar das Blau der fernsten Gebirge verschwinden machen. Ja! das Subject ist bey allen Erscheinungen wichtiger als man denkt. Schon Wieland wußte dieses sehr gut, denn er pflegte gewöhnlich zu sagen: Man könnte die Leute wohl amüsiren, wenn sie nur amü¬ sabel wären. --" Wir lachten über den heiteren Geist dieser Worte.
Wir waren indeß das kleine Thal hinabgefahren, wo die Straße über eine hölzerne mit einem Dach über¬ baute Brücke geht, unter welcher das nach Hetschburg hinabfließende Regenwasser sich ein Bette gebildet hat
Wir waren auf die Hoͤhe gekommen und hatten die freye Ausſicht auf die Huͤgel, hinter denen Berka liegt. Ein wenig links ſahen wir in das Thal, das nach Hetſchburg fuͤhrt und wo auf der andern Seite der Ilm ein Berg vorliegt, der uns ſeine Schattenſeite zukehrte und wegen der vorſchwebenden Duͤnſte des Ilm-Thales meinen Augen blau erſchien. Ich blickte durch mein Glas auf dieſelbige Stelle und das Blau verringerte ſich auffallend. Ich machte Goethen dieſe Bemerkung. Da ſieht man doch, ſagte ich, wie auch bey den rein objectiven Farben das Subject eine große Rolle ſpielt. Ein ſchwaches Auge befoͤrdert die Truͤbe, dagegen ein geſchaͤrftes treibt ſie fort oder macht ſie wenigſtens geringer.
„Ihre Bemerkung iſt vollkommen richtig, ſagte Goethe; durch ein gutes Fernrohr kann man ſogar das Blau der fernſten Gebirge verſchwinden machen. Ja! das Subject iſt bey allen Erſcheinungen wichtiger als man denkt. Schon Wieland wußte dieſes ſehr gut, denn er pflegte gewoͤhnlich zu ſagen: Man koͤnnte die Leute wohl amuͤſiren, wenn ſie nur amuͤ¬ ſabel waͤren. —“ Wir lachten uͤber den heiteren Geiſt dieſer Worte.
Wir waren indeß das kleine Thal hinabgefahren, wo die Straße uͤber eine hoͤlzerne mit einem Dach uͤber¬ baute Bruͤcke geht, unter welcher das nach Hetſchburg hinabfließende Regenwaſſer ſich ein Bette gebildet hat
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Wir waren auf die Hoͤhe gekommen und hatten die
freye Ausſicht auf die Huͤgel, hinter denen Berka liegt.
Ein wenig links ſahen wir in das Thal, das nach
Hetſchburg fuͤhrt und wo auf der andern Seite der Ilm
ein Berg vorliegt, der uns ſeine Schattenſeite zukehrte
und wegen der vorſchwebenden Duͤnſte des Ilm-Thales
meinen Augen blau erſchien. Ich blickte durch mein
Glas auf dieſelbige Stelle und das Blau verringerte
ſich auffallend. Ich machte Goethen dieſe Bemerkung.
Da ſieht man doch, ſagte ich, wie auch bey den rein
objectiven Farben das Subject eine große Rolle ſpielt.
Ein ſchwaches Auge befoͤrdert die Truͤbe, dagegen ein
geſchaͤrftes treibt ſie fort oder macht ſie wenigſtens
geringer.
„Ihre Bemerkung iſt vollkommen richtig, ſagte
Goethe; durch ein gutes Fernrohr kann man ſogar das
Blau der fernſten Gebirge verſchwinden machen. Ja!
das Subject iſt bey allen Erſcheinungen wichtiger als
man denkt. Schon Wieland wußte dieſes ſehr gut,
denn er pflegte gewoͤhnlich zu ſagen: Man koͤnnte
die Leute wohl amuͤſiren, wenn ſie nur amuͤ¬
ſabel waͤren. —“ Wir lachten uͤber den heiteren Geiſt
dieſer Worte.
Wir waren indeß das kleine Thal hinabgefahren,
wo die Straße uͤber eine hoͤlzerne mit einem Dach uͤber¬
baute Bruͤcke geht, unter welcher das nach Hetſchburg
hinabfließende Regenwaſſer ſich ein Bette gebildet hat
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/404>, abgerufen am 22.11.2024.
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