setzen, leite ich aus dieser Quelle her. Alle solche Stel¬ len, von denen sie sagen, daß sie nicht just sind, möchte ich pathologische Stellen nennen, indem er sie nämlich an solchen Tagen geschrieben hat, wo es ihm an Kräf¬ ten fehlte, um die rechten und wahren Motive zu fin¬ den. Ich habe vor dem categorischen Imperativ allen Respect, ich weiß, wie viel Gutes aus ihm hervorge¬ hen kann, allein man muß es damit nicht zu weit trei¬ ben, denn sonst führet diese Idee der ideellen Freyheit sicher zu nichts Gutem."
Unter diesen interessanten Äußerungen und ähnlichen Gesprächen über Lord Byron und berühmte deutsche Literatoren, von denen Schiller gesagt, daß Kotzebue ihm lieber, weil er doch etwas hervorbringe, waren die Abendstunden schnell vorübergegangen, und Goethe gab mir die Novelle mit, um sie für mich zu Hause noch¬ mals in der Stille zu betrachten.
Sonntag Abend den 21. Januar 1827.
Ich ging diesen Abend halb achte zu Goethe und blieb ein Stündchen bey ihm. Er zeigte mir einen Band neuer französischer Gedichte der Demoiselle Gay, und sprach darüber mit großem Lobe. "Die Franzosen, sagte er, machen sich heraus und es ist der Mühe werth, daß man sich nach ihnen umsieht. Ich bin mit Fleiß
ſetzen, leite ich aus dieſer Quelle her. Alle ſolche Stel¬ len, von denen ſie ſagen, daß ſie nicht juſt ſind, moͤchte ich pathologiſche Stellen nennen, indem er ſie naͤmlich an ſolchen Tagen geſchrieben hat, wo es ihm an Kraͤf¬ ten fehlte, um die rechten und wahren Motive zu fin¬ den. Ich habe vor dem categoriſchen Imperativ allen Reſpect, ich weiß, wie viel Gutes aus ihm hervorge¬ hen kann, allein man muß es damit nicht zu weit trei¬ ben, denn ſonſt fuͤhret dieſe Idee der ideellen Freyheit ſicher zu nichts Gutem.“
Unter dieſen intereſſanten Äußerungen und aͤhnlichen Geſpraͤchen uͤber Lord Byron und beruͤhmte deutſche Literatoren, von denen Schiller geſagt, daß Kotzebue ihm lieber, weil er doch etwas hervorbringe, waren die Abendſtunden ſchnell voruͤbergegangen, und Goethe gab mir die Novelle mit, um ſie fuͤr mich zu Hauſe noch¬ mals in der Stille zu betrachten.
Sonntag Abend den 21. Januar 1827.
Ich ging dieſen Abend halb achte zu Goethe und blieb ein Stuͤndchen bey ihm. Er zeigte mir einen Band neuer franzoͤſiſcher Gedichte der Demoiſelle Gay, und ſprach daruͤber mit großem Lobe. „Die Franzoſen, ſagte er, machen ſich heraus und es iſt der Muͤhe werth, daß man ſich nach ihnen umſieht. Ich bin mit Fleiß
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ſetzen, leite ich aus dieſer Quelle her. Alle ſolche Stel¬
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ich pathologiſche Stellen nennen, indem er ſie naͤmlich
an ſolchen Tagen geſchrieben hat, wo es ihm an Kraͤf¬
ten fehlte, um die rechten und wahren Motive zu fin¬
den. Ich habe vor dem categoriſchen Imperativ allen
Reſpect, ich weiß, wie viel Gutes aus ihm hervorge¬
hen kann, allein man muß es damit nicht zu weit trei¬
ben, denn ſonſt fuͤhret dieſe Idee der ideellen Freyheit
ſicher zu nichts Gutem.“
Unter dieſen intereſſanten Äußerungen und aͤhnlichen
Geſpraͤchen uͤber Lord Byron und beruͤhmte deutſche
Literatoren, von denen Schiller geſagt, daß Kotzebue
ihm lieber, weil er doch etwas hervorbringe, waren die
Abendſtunden ſchnell voruͤbergegangen, und Goethe gab
mir die Novelle mit, um ſie fuͤr mich zu Hauſe noch¬
mals in der Stille zu betrachten.
Sonntag Abend den 21. Januar 1827.
Ich ging dieſen Abend halb achte zu Goethe und
blieb ein Stuͤndchen bey ihm. Er zeigte mir einen
Band neuer franzoͤſiſcher Gedichte der Demoiſelle Gay,
und ſprach daruͤber mit großem Lobe. „Die Franzoſen,
ſagte er, machen ſich heraus und es iſt der Muͤhe werth,
daß man ſich nach ihnen umſieht. Ich bin mit Fleiß
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/329>, abgerufen am 22.12.2024.
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