Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.er zeichnet durch kräftige Schattirung so herauszuhe¬ "Und ferner sagt Lenardo da Vinci: Wenn euer "Und jetzt, sagte Goethe, verstehen unsere jungen "Unsern jungen Malern, fuhr Goethe fort, fehlt Und doch, versetzte ich, sollte man glauben, daß die "Mehr Wollen, sagte Goethe, haben sie aufgeregt Ich sagte, daß ich dieser Tage in seiner Italienischen er zeichnet durch kraͤftige Schattirung ſo herauszuhe¬ „Und ferner ſagt Lenardo da Vinci: Wenn euer „Und jetzt, ſagte Goethe, verſtehen unſere jungen „Unſern jungen Malern, fuhr Goethe fort, fehlt Und doch, verſetzte ich, ſollte man glauben, daß die „Mehr Wollen, ſagte Goethe, haben ſie aufgeregt Ich ſagte, daß ich dieſer Tage in ſeiner Italieniſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0282" n="262"/> er zeichnet durch kraͤftige Schattirung ſo herauszuhe¬<lb/> ben, daß man es mit Haͤnden greifen moͤchte, ſo hat<lb/> er kein Talent.“</p><lb/> <p>„Und ferner ſagt Lenardo da Vinci: Wenn euer<lb/> Sohn Perſpective und Anatomie voͤllig inne hat, ſo<lb/> thut ihn zu einem guten Meiſter.“</p><lb/> <p>„Und jetzt, ſagte Goethe, verſtehen unſere jungen<lb/> Kuͤnſtler beydes kaum, wenn ſie ihre Meiſter verlaſſen.<lb/> So ſehr haben ſich die Zeiten geaͤndert.“</p><lb/> <p>„Unſern jungen Malern, fuhr Goethe fort, fehlt<lb/> es an Gemuͤth und Geiſt; ihre Erfindungen ſagen nichts<lb/> und wirken nichts; ſie malen Schwerdter, die nicht hauen<lb/> und Pfeile, die nicht treffen, und es dringt ſich mir oft<lb/> auf, als waͤre aller Geiſt aus der Welt verſchwunden.“</p><lb/> <p>Und doch, verſetzte ich, ſollte man glauben, daß die<lb/> großen kriegeriſchen Ereigniſſe der letzten Jahre den<lb/> Geiſt aufgeregt haͤtten.</p><lb/> <p>„Mehr Wollen, ſagte Goethe, haben ſie aufgeregt<lb/> als Geiſt, und mehr politiſchen Geiſt als kuͤnſtleriſchen,<lb/> und alle Naivetaͤt und Sinnlichkeit iſt dagegen gaͤnzlich<lb/> verloren gegangen. Wie will aber ein Maler ohne dieſe<lb/> beyden großen Erforderniſſe etwas machen, woran man<lb/> Freude haben koͤnnte.“</p><lb/> <p>Ich ſagte, daß ich dieſer Tage in ſeiner Italieniſchen<lb/> Reiſe von einem Bilde Correggio's geleſen, welches eine<lb/> Entwoͤhnung darſtellt, wo das Kind Chriſtus auf dem<lb/> Schooße der Maria zwiſchen der Mutterbruſt und einer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [262/0282]
er zeichnet durch kraͤftige Schattirung ſo herauszuhe¬
ben, daß man es mit Haͤnden greifen moͤchte, ſo hat
er kein Talent.“
„Und ferner ſagt Lenardo da Vinci: Wenn euer
Sohn Perſpective und Anatomie voͤllig inne hat, ſo
thut ihn zu einem guten Meiſter.“
„Und jetzt, ſagte Goethe, verſtehen unſere jungen
Kuͤnſtler beydes kaum, wenn ſie ihre Meiſter verlaſſen.
So ſehr haben ſich die Zeiten geaͤndert.“
„Unſern jungen Malern, fuhr Goethe fort, fehlt
es an Gemuͤth und Geiſt; ihre Erfindungen ſagen nichts
und wirken nichts; ſie malen Schwerdter, die nicht hauen
und Pfeile, die nicht treffen, und es dringt ſich mir oft
auf, als waͤre aller Geiſt aus der Welt verſchwunden.“
Und doch, verſetzte ich, ſollte man glauben, daß die
großen kriegeriſchen Ereigniſſe der letzten Jahre den
Geiſt aufgeregt haͤtten.
„Mehr Wollen, ſagte Goethe, haben ſie aufgeregt
als Geiſt, und mehr politiſchen Geiſt als kuͤnſtleriſchen,
und alle Naivetaͤt und Sinnlichkeit iſt dagegen gaͤnzlich
verloren gegangen. Wie will aber ein Maler ohne dieſe
beyden großen Erforderniſſe etwas machen, woran man
Freude haben koͤnnte.“
Ich ſagte, daß ich dieſer Tage in ſeiner Italieniſchen
Reiſe von einem Bilde Correggio's geleſen, welches eine
Entwoͤhnung darſtellt, wo das Kind Chriſtus auf dem
Schooße der Maria zwiſchen der Mutterbruſt und einer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |