den sich auf die verschiedenste Weise kund giebt. Alles ist Leidenschaft und Bewegung und nur Mephistopheles bleibt in der gewohnten heiteren Ruhe. Das wilde Fluchen und Schreien und das gezuckte Messer des ihm zunächst Stehenden sind ihm nichts. Er hat sich auf eine Tischecke gesetzt und baumelt mit den Beinen; sein aufgehobener Finger ist genug, um Flamme und Leidenschaft zu dämpfen.
Jemehr man dieses treffliche Bild betrachtete, desto¬ mehr fand man den großen Verstand des Künstlers, der keine Figur der andern gleich machte und in jeder eine andere Stufe der Handlung darstellte.
"Herr Delacroir, sagte Goethe, ist ein großes Ta¬ lent, das gerade am Faust die rechte Nahrung gefunden hat. Die Franzosen tadeln an ihm seine Wildheit, al¬ lein hier kommt sie ihm recht zu Statten. Er wird, wie man hofft, den ganzen Faust durchführen, und ich freue mich besonders auf die Hexenküche und die Brocken¬ scenen. Man sieht ihm an, daß er das Leben recht durchgemacht hat, wozu ihm denn eine Stadt wie Pa¬ ris die beste Gelegenheit geboten."
Ich machte bemerklich, daß solche Bilder zum bes¬ seren Verstehen des Gedichts sehr viel beytrügen. "Das ist keine Frage, sagte Goethe, denn die vollkommnere Einbildungskraft eines solchen Künstlers zwingt uns, die Situationen so gut zu denken, wie er sie selber gedacht hat. Und wenn ich nun gestehen muß, daß
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den ſich auf die verſchiedenſte Weiſe kund giebt. Alles iſt Leidenſchaft und Bewegung und nur Mephiſtopheles bleibt in der gewohnten heiteren Ruhe. Das wilde Fluchen und Schreien und das gezuckte Meſſer des ihm zunaͤchſt Stehenden ſind ihm nichts. Er hat ſich auf eine Tiſchecke geſetzt und baumelt mit den Beinen; ſein aufgehobener Finger iſt genug, um Flamme und Leidenſchaft zu daͤmpfen.
Jemehr man dieſes treffliche Bild betrachtete, deſto¬ mehr fand man den großen Verſtand des Kuͤnſtlers, der keine Figur der andern gleich machte und in jeder eine andere Stufe der Handlung darſtellte.
„Herr Delacroir, ſagte Goethe, iſt ein großes Ta¬ lent, das gerade am Fauſt die rechte Nahrung gefunden hat. Die Franzoſen tadeln an ihm ſeine Wildheit, al¬ lein hier kommt ſie ihm recht zu Statten. Er wird, wie man hofft, den ganzen Fauſt durchfuͤhren, und ich freue mich beſonders auf die Hexenkuͤche und die Brocken¬ ſcenen. Man ſieht ihm an, daß er das Leben recht durchgemacht hat, wozu ihm denn eine Stadt wie Pa¬ ris die beſte Gelegenheit geboten.“
Ich machte bemerklich, daß ſolche Bilder zum beſ¬ ſeren Verſtehen des Gedichts ſehr viel beytruͤgen. „Das iſt keine Frage, ſagte Goethe, denn die vollkommnere Einbildungskraft eines ſolchen Kuͤnſtlers zwingt uns, die Situationen ſo gut zu denken, wie er ſie ſelber gedacht hat. Und wenn ich nun geſtehen muß, daß
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den ſich auf die verſchiedenſte Weiſe kund giebt. Alles
iſt Leidenſchaft und Bewegung und nur Mephiſtopheles
bleibt in der gewohnten heiteren Ruhe. Das wilde
Fluchen und Schreien und das gezuckte Meſſer des
ihm zunaͤchſt Stehenden ſind ihm nichts. Er hat ſich
auf eine Tiſchecke geſetzt und baumelt mit den Beinen;
ſein aufgehobener Finger iſt genug, um Flamme und
Leidenſchaft zu daͤmpfen.
Jemehr man dieſes treffliche Bild betrachtete, deſto¬
mehr fand man den großen Verſtand des Kuͤnſtlers,
der keine Figur der andern gleich machte und in jeder
eine andere Stufe der Handlung darſtellte.
„Herr Delacroir, ſagte Goethe, iſt ein großes Ta¬
lent, das gerade am Fauſt die rechte Nahrung gefunden
hat. Die Franzoſen tadeln an ihm ſeine Wildheit, al¬
lein hier kommt ſie ihm recht zu Statten. Er wird,
wie man hofft, den ganzen Fauſt durchfuͤhren, und ich
freue mich beſonders auf die Hexenkuͤche und die Brocken¬
ſcenen. Man ſieht ihm an, daß er das Leben recht
durchgemacht hat, wozu ihm denn eine Stadt wie Pa¬
ris die beſte Gelegenheit geboten.“
Ich machte bemerklich, daß ſolche Bilder zum beſ¬
ſeren Verſtehen des Gedichts ſehr viel beytruͤgen. „Das
iſt keine Frage, ſagte Goethe, denn die vollkommnere
Einbildungskraft eines ſolchen Kuͤnſtlers zwingt uns,
die Situationen ſo gut zu denken, wie er ſie ſelber
gedacht hat. Und wenn ich nun geſtehen muß, daß
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/279>, abgerufen am 24.11.2024.
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