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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Meister an ihm herumgetupft, allein das will nicht viel
heißen. Er ist kein Theaterdichter, an die Bühne hat
er nie gedacht, sie war seinem großen Geiste viel zu
enge; ja selbst die ganze sichtbare Welt war ihm zu
enge."

"Er ist gar zu reich und zu gewaltig. Eine pro¬
ductive Natur darf alle Jahr nur ein Stück von ihm
lesen, wenn sie nicht an ihm zu Grunde gehen will.
Ich that wohl, daß ich durch meinen Götz von Ber¬
lichingen und Egmont ihn mir vom Halse schaffte, und
Byron that sehr wohl, daß er vor ihm nicht zu großen
Respect hatte und seine eigenen Wege ging. Wie viel
treffliche Deutsche sind nicht an ihm zu Grunde gegan¬
gen, an ihm und Calderon!"

"Shakspeare, fuhr Goethe fort, giebt uns in sil¬
bernen Schalen goldene Äpfel. Wir bekommen nun
wohl durch das Studium seiner Stücke die silberne
Schale, allein wir haben nur Kartoffeln hineinzuthun,
das ist das Schlimme!"

Ich lachte und freute mich des herrlichen Gleich¬
nisses.

Goethe las mir darauf einen Brief von Zelter über
eine Darstellung des Macbeth in Berlin, wo die Musik
mit dem großen Geiste und Character des Stückes nicht
hatte Schritt halten können und worüber nun Zelter
sich in verschiedenen Andeutungen auslässet. Durch
Goethe's Vorlesen gewann der Brief sein volles Leben

Meiſter an ihm herumgetupft, allein das will nicht viel
heißen. Er iſt kein Theaterdichter, an die Buͤhne hat
er nie gedacht, ſie war ſeinem großen Geiſte viel zu
enge; ja ſelbſt die ganze ſichtbare Welt war ihm zu
enge.“

„Er iſt gar zu reich und zu gewaltig. Eine pro¬
ductive Natur darf alle Jahr nur ein Stuͤck von ihm
leſen, wenn ſie nicht an ihm zu Grunde gehen will.
Ich that wohl, daß ich durch meinen Goͤtz von Ber¬
lichingen und Egmont ihn mir vom Halſe ſchaffte, und
Byron that ſehr wohl, daß er vor ihm nicht zu großen
Reſpect hatte und ſeine eigenen Wege ging. Wie viel
treffliche Deutſche ſind nicht an ihm zu Grunde gegan¬
gen, an ihm und Calderon!“

„Shakſpeare, fuhr Goethe fort, giebt uns in ſil¬
bernen Schalen goldene Äpfel. Wir bekommen nun
wohl durch das Studium ſeiner Stuͤcke die ſilberne
Schale, allein wir haben nur Kartoffeln hineinzuthun,
das iſt das Schlimme!“

Ich lachte und freute mich des herrlichen Gleich¬
niſſes.

Goethe las mir darauf einen Brief von Zelter uͤber
eine Darſtellung des Macbeth in Berlin, wo die Muſik
mit dem großen Geiſte und Character des Stuͤckes nicht
hatte Schritt halten koͤnnen und woruͤber nun Zelter
ſich in verſchiedenen Andeutungen auslaͤſſet. Durch
Goethe's Vorleſen gewann der Brief ſein volles Leben

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[232/0252] Meiſter an ihm herumgetupft, allein das will nicht viel heißen. Er iſt kein Theaterdichter, an die Buͤhne hat er nie gedacht, ſie war ſeinem großen Geiſte viel zu enge; ja ſelbſt die ganze ſichtbare Welt war ihm zu enge.“ „Er iſt gar zu reich und zu gewaltig. Eine pro¬ ductive Natur darf alle Jahr nur ein Stuͤck von ihm leſen, wenn ſie nicht an ihm zu Grunde gehen will. Ich that wohl, daß ich durch meinen Goͤtz von Ber¬ lichingen und Egmont ihn mir vom Halſe ſchaffte, und Byron that ſehr wohl, daß er vor ihm nicht zu großen Reſpect hatte und ſeine eigenen Wege ging. Wie viel treffliche Deutſche ſind nicht an ihm zu Grunde gegan¬ gen, an ihm und Calderon!“ „Shakſpeare, fuhr Goethe fort, giebt uns in ſil¬ bernen Schalen goldene Äpfel. Wir bekommen nun wohl durch das Studium ſeiner Stuͤcke die ſilberne Schale, allein wir haben nur Kartoffeln hineinzuthun, das iſt das Schlimme!“ Ich lachte und freute mich des herrlichen Gleich¬ niſſes. Goethe las mir darauf einen Brief von Zelter uͤber eine Darſtellung des Macbeth in Berlin, wo die Muſik mit dem großen Geiſte und Character des Stuͤckes nicht hatte Schritt halten koͤnnen und woruͤber nun Zelter ſich in verſchiedenen Andeutungen auslaͤſſet. Durch Goethe's Vorleſen gewann der Brief ſein volles Leben

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/252>, abgerufen am 22.11.2024.