Ich ging diesen Abend um 6 Uhr zu Goethe, den ich alleine fand und mit dem ich einige schöne Stunden verlebte.
"Mein Gemüth, sagte er, war diese Zeit her durch Vieles belästiget; es war mir von allen Seiten her so viel Gutes geschehen, daß ich vor lauter Danksagungen nicht zum eigentlichen Leben kommen konnte. Die Pri¬ vilegien wegen des Verlags meiner Werke gingen nach und nach von den Höfen ein, und weil die Verhältnisse bey jedem anders waren, so verlangte auch jeder Fall eine eigene Erwiederung. Nun kamen die Anträge un¬ zähliger Buchhändler, die auch bedacht, behandelt und beantwortet seyn wollten. Dann, mein Jubiläum brachte mir so tausendfältiges Gute, daß ich mit den Dank¬ sagungsbriefen noch jetzt nicht fertig bin. Man will doch nicht hohl und allgemein seyn, sondern Jedem doch gerne etwas Schickliches und Gehöriges sagen. Jetzt aber werde ich nach und nach frey und ich fühle mich wieder zu Unterhaltungen aufgelegt."
"Ich habe in diesen Tagen eine Bemerkung gemacht, die ich Ihnen doch mittheilen will."
"Alles, was wir thun, hat eine Folge. Aber das Kluge und Rechte bringt nicht immer etwas Günstiges, und das Verkehrte nicht immer etwas Ungünstiges her¬ vor, vielmehr wirkt es oftmals ganz im Gegentheil."
Sonntag den 25. December 1825.
Ich ging dieſen Abend um 6 Uhr zu Goethe, den ich alleine fand und mit dem ich einige ſchoͤne Stunden verlebte.
„Mein Gemuͤth, ſagte er, war dieſe Zeit her durch Vieles belaͤſtiget; es war mir von allen Seiten her ſo viel Gutes geſchehen, daß ich vor lauter Dankſagungen nicht zum eigentlichen Leben kommen konnte. Die Pri¬ vilegien wegen des Verlags meiner Werke gingen nach und nach von den Hoͤfen ein, und weil die Verhaͤltniſſe bey jedem anders waren, ſo verlangte auch jeder Fall eine eigene Erwiederung. Nun kamen die Antraͤge un¬ zaͤhliger Buchhaͤndler, die auch bedacht, behandelt und beantwortet ſeyn wollten. Dann, mein Jubilaͤum brachte mir ſo tauſendfaͤltiges Gute, daß ich mit den Dank¬ ſagungsbriefen noch jetzt nicht fertig bin. Man will doch nicht hohl und allgemein ſeyn, ſondern Jedem doch gerne etwas Schickliches und Gehoͤriges ſagen. Jetzt aber werde ich nach und nach frey und ich fuͤhle mich wieder zu Unterhaltungen aufgelegt.“
„Ich habe in dieſen Tagen eine Bemerkung gemacht, die ich Ihnen doch mittheilen will.“
„Alles, was wir thun, hat eine Folge. Aber das Kluge und Rechte bringt nicht immer etwas Guͤnſtiges, und das Verkehrte nicht immer etwas Unguͤnſtiges her¬ vor, vielmehr wirkt es oftmals ganz im Gegentheil.“
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Sonntag den 25. December 1825.
Ich ging dieſen Abend um 6 Uhr zu Goethe, den
ich alleine fand und mit dem ich einige ſchoͤne Stunden
verlebte.
„Mein Gemuͤth, ſagte er, war dieſe Zeit her durch
Vieles belaͤſtiget; es war mir von allen Seiten her ſo
viel Gutes geſchehen, daß ich vor lauter Dankſagungen
nicht zum eigentlichen Leben kommen konnte. Die Pri¬
vilegien wegen des Verlags meiner Werke gingen nach
und nach von den Hoͤfen ein, und weil die Verhaͤltniſſe
bey jedem anders waren, ſo verlangte auch jeder Fall
eine eigene Erwiederung. Nun kamen die Antraͤge un¬
zaͤhliger Buchhaͤndler, die auch bedacht, behandelt und
beantwortet ſeyn wollten. Dann, mein Jubilaͤum brachte
mir ſo tauſendfaͤltiges Gute, daß ich mit den Dank¬
ſagungsbriefen noch jetzt nicht fertig bin. Man will
doch nicht hohl und allgemein ſeyn, ſondern Jedem doch
gerne etwas Schickliches und Gehoͤriges ſagen. Jetzt
aber werde ich nach und nach frey und ich fuͤhle mich
wieder zu Unterhaltungen aufgelegt.“
„Ich habe in dieſen Tagen eine Bemerkung gemacht,
die ich Ihnen doch mittheilen will.“
„Alles, was wir thun, hat eine Folge. Aber das
Kluge und Rechte bringt nicht immer etwas Guͤnſtiges,
und das Verkehrte nicht immer etwas Unguͤnſtiges her¬
vor, vielmehr wirkt es oftmals ganz im Gegentheil.“
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/248>, abgerufen am 22.11.2024.
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