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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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so war sie wiederum ganz am Orte, insofern es seine
Ausbildung als Dichter galt.

"Die Gegenständlichkeit meiner Poesie, sagte Goethe,
bin ich denn doch jener großen Aufmerksamkeit und Übung
des Auges schuldig geworden; so wie ich auch die daraus
gewonnene Kenntniß hoch anzuschlagen habe."

Hüten aber soll man sich, die Grenzen seiner Aus¬
bildung zu weit zu stecken.

"Die Naturforscher, sagte Goethe, werden am ersten
dazu verführt, weil zur Betrachtung der Natur wirklich
eine sehr harmonische allgemeine Ausbildung erfordert
wird."

Dagegen aber soll sich jeder, sobald es die Kennt¬
nisse betrifft, die zu seinem Fache unerläßlich gehö¬
ren, vor Beschränkung und Einseitigkeit zu bewahren
suchen.

Ein Dichter, der für das Theater schreiben will, soll
Kenntniß der Bühne haben, damit er die Mittel er¬
wäge, die ihm zu Gebote stehen und er überhaupt wisse,
was zu thun und zu lassen sey; so wie es dem Opern-
Componisten nicht an Einsicht der Poesie fehlen darf,
damit er das Schlechte vom Guten unterscheiden könne
und seine Kunst nicht an etwas Unzulänglichem ver¬
schwendet werde.

"Carl Maria von Weber, sagte Goethe, mußte die
Euryanthe nicht componiren; er mußte gleich sehen, daß
dieß ein schlechter Stoff sey, woraus sich nichts machen

ſo war ſie wiederum ganz am Orte, inſofern es ſeine
Ausbildung als Dichter galt.

„Die Gegenſtaͤndlichkeit meiner Poeſie, ſagte Goethe,
bin ich denn doch jener großen Aufmerkſamkeit und Übung
des Auges ſchuldig geworden; ſo wie ich auch die daraus
gewonnene Kenntniß hoch anzuſchlagen habe.“

Huͤten aber ſoll man ſich, die Grenzen ſeiner Aus¬
bildung zu weit zu ſtecken.

„Die Naturforſcher, ſagte Goethe, werden am erſten
dazu verfuͤhrt, weil zur Betrachtung der Natur wirklich
eine ſehr harmoniſche allgemeine Ausbildung erfordert
wird.“

Dagegen aber ſoll ſich jeder, ſobald es die Kennt¬
niſſe betrifft, die zu ſeinem Fache unerlaͤßlich gehoͤ¬
ren, vor Beſchraͤnkung und Einſeitigkeit zu bewahren
ſuchen.

Ein Dichter, der fuͤr das Theater ſchreiben will, ſoll
Kenntniß der Buͤhne haben, damit er die Mittel er¬
waͤge, die ihm zu Gebote ſtehen und er uͤberhaupt wiſſe,
was zu thun und zu laſſen ſey; ſo wie es dem Opern-
Componiſten nicht an Einſicht der Poeſie fehlen darf,
damit er das Schlechte vom Guten unterſcheiden koͤnne
und ſeine Kunſt nicht an etwas Unzulaͤnglichem ver¬
ſchwendet werde.

„Carl Maria von Weber, ſagte Goethe, mußte die
Euryanthe nicht componiren; er mußte gleich ſehen, daß
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[213/0233] ſo war ſie wiederum ganz am Orte, inſofern es ſeine Ausbildung als Dichter galt. „Die Gegenſtaͤndlichkeit meiner Poeſie, ſagte Goethe, bin ich denn doch jener großen Aufmerkſamkeit und Übung des Auges ſchuldig geworden; ſo wie ich auch die daraus gewonnene Kenntniß hoch anzuſchlagen habe.“ Huͤten aber ſoll man ſich, die Grenzen ſeiner Aus¬ bildung zu weit zu ſtecken. „Die Naturforſcher, ſagte Goethe, werden am erſten dazu verfuͤhrt, weil zur Betrachtung der Natur wirklich eine ſehr harmoniſche allgemeine Ausbildung erfordert wird.“ Dagegen aber ſoll ſich jeder, ſobald es die Kennt¬ niſſe betrifft, die zu ſeinem Fache unerlaͤßlich gehoͤ¬ ren, vor Beſchraͤnkung und Einſeitigkeit zu bewahren ſuchen. Ein Dichter, der fuͤr das Theater ſchreiben will, ſoll Kenntniß der Buͤhne haben, damit er die Mittel er¬ waͤge, die ihm zu Gebote ſtehen und er uͤberhaupt wiſſe, was zu thun und zu laſſen ſey; ſo wie es dem Opern- Componiſten nicht an Einſicht der Poeſie fehlen darf, damit er das Schlechte vom Guten unterſcheiden koͤnne und ſeine Kunſt nicht an etwas Unzulaͤnglichem ver¬ ſchwendet werde. „Carl Maria von Weber, ſagte Goethe, mußte die Euryanthe nicht componiren; er mußte gleich ſehen, daß dieß ein ſchlechter Stoff ſey, woraus ſich nichts machen

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/233>, abgerufen am 28.11.2024.