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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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fünfzig Jahren mit der englischen Sprache und Lite¬
ratur, so daß ich Ihre Schriftsteller und das Leben
und die Einrichtung Ihres Landes sehr gut kenne.
Käme ich nach England hinüber, ich würde kein Frem¬
der seyn."

"Aber, wie gesagt, Ihre jungen Landsleute thun
wohl, daß sie jetzt zu uns kommen und auch unsere
Sprache lernen. Denn nicht allein, daß unsere eigene
Literatur es an sich verdient, sondern es ist auch nicht
zu läugnen, daß, wenn einer jetzt das Deutsche gut ver¬
steht, er viele andere Sprachen entbehren kann. Von
der französischen rede ich nicht, sie ist die Sprache des
Umgangs und ganz besonders auf Reisen unentbehrlich,
weil sie jeder versteht und man sich in allen Ländern
mit ihr, statt eines guten Dolmetschers aushelfen kann.
Was aber das Griechische, Lateinische, Italienische und Spa¬
nische betrifft, so können wir die vorzüglichsten Werke
dieser Nationen in so guten deutschen Übersetzungen lesen,
daß wir, ohne ganz besondere Zwecke nicht Ursache ha¬
ben, auf die mühsame Erlernung jener Sprachen viele
Zeit zu verwenden. Es liegt in der deutschen Natur,
alles Ausländische in seiner Art zu würdigen und sich
fremder Eigenthümlichkeit zu bequemen. Dieses, und
die große Fügsamkeit unserer Sprache macht denn die
deutschen Übersetzungen durchaus treu und vollkommen."

"Und dann ist wohl nicht zu läugnen, daß man
im Allgemeinen mit einer guten Übersetzung sehr weit

fuͤnfzig Jahren mit der engliſchen Sprache und Lite¬
ratur, ſo daß ich Ihre Schriftſteller und das Leben
und die Einrichtung Ihres Landes ſehr gut kenne.
Kaͤme ich nach England hinuͤber, ich wuͤrde kein Frem¬
der ſeyn.“

„Aber, wie geſagt, Ihre jungen Landsleute thun
wohl, daß ſie jetzt zu uns kommen und auch unſere
Sprache lernen. Denn nicht allein, daß unſere eigene
Literatur es an ſich verdient, ſondern es iſt auch nicht
zu laͤugnen, daß, wenn einer jetzt das Deutſche gut ver¬
ſteht, er viele andere Sprachen entbehren kann. Von
der franzoͤſiſchen rede ich nicht, ſie iſt die Sprache des
Umgangs und ganz beſonders auf Reiſen unentbehrlich,
weil ſie jeder verſteht und man ſich in allen Laͤndern
mit ihr, ſtatt eines guten Dolmetſchers aushelfen kann.
Was aber das Griechiſche, Lateiniſche, Italieniſche und Spa¬
niſche betrifft, ſo koͤnnen wir die vorzuͤglichſten Werke
dieſer Nationen in ſo guten deutſchen Überſetzungen leſen,
daß wir, ohne ganz beſondere Zwecke nicht Urſache ha¬
ben, auf die muͤhſame Erlernung jener Sprachen viele
Zeit zu verwenden. Es liegt in der deutſchen Natur,
alles Auslaͤndiſche in ſeiner Art zu wuͤrdigen und ſich
fremder Eigenthuͤmlichkeit zu bequemen. Dieſes, und
die große Fuͤgſamkeit unſerer Sprache macht denn die
deutſchen Überſetzungen durchaus treu und vollkommen.“

„Und dann iſt wohl nicht zu laͤugnen, daß man
im Allgemeinen mit einer guten Überſetzung ſehr weit

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[181/0201] fuͤnfzig Jahren mit der engliſchen Sprache und Lite¬ ratur, ſo daß ich Ihre Schriftſteller und das Leben und die Einrichtung Ihres Landes ſehr gut kenne. Kaͤme ich nach England hinuͤber, ich wuͤrde kein Frem¬ der ſeyn.“ „Aber, wie geſagt, Ihre jungen Landsleute thun wohl, daß ſie jetzt zu uns kommen und auch unſere Sprache lernen. Denn nicht allein, daß unſere eigene Literatur es an ſich verdient, ſondern es iſt auch nicht zu laͤugnen, daß, wenn einer jetzt das Deutſche gut ver¬ ſteht, er viele andere Sprachen entbehren kann. Von der franzoͤſiſchen rede ich nicht, ſie iſt die Sprache des Umgangs und ganz beſonders auf Reiſen unentbehrlich, weil ſie jeder verſteht und man ſich in allen Laͤndern mit ihr, ſtatt eines guten Dolmetſchers aushelfen kann. Was aber das Griechiſche, Lateiniſche, Italieniſche und Spa¬ niſche betrifft, ſo koͤnnen wir die vorzuͤglichſten Werke dieſer Nationen in ſo guten deutſchen Überſetzungen leſen, daß wir, ohne ganz beſondere Zwecke nicht Urſache ha¬ ben, auf die muͤhſame Erlernung jener Sprachen viele Zeit zu verwenden. Es liegt in der deutſchen Natur, alles Auslaͤndiſche in ſeiner Art zu wuͤrdigen und ſich fremder Eigenthuͤmlichkeit zu bequemen. Dieſes, und die große Fuͤgſamkeit unſerer Sprache macht denn die deutſchen Überſetzungen durchaus treu und vollkommen.“ „Und dann iſt wohl nicht zu laͤugnen, daß man im Allgemeinen mit einer guten Überſetzung ſehr weit

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/201>, abgerufen am 22.11.2024.