nach und nach gesammelt habe und deren wiederholte Betrachtung ihm Unterhaltung gewähre.
Nachdem wir einige Minuten gewartet hatten, trat Goethe zu uns herein und begrüßte uns freundlich. "Ich darf Sie gradezu in deutscher Sprache anreden, wendete er sich an Herrn H., denn ich höre, Sie sind im Deutschen schon recht bewandert." Dieser erwiederte hierauf mit Wenigem freundlich, und Goethe bat uns darauf, Platz zu nehmen.
Die Persönlichkeit des Herrn H. mußte auf Goethe einen guten Eindruck machen, denn seine große Liebens¬ würdigkeit und heitere Milde zeigte sich dem Fremden gegenüber heute in ihrer wahren Schönheit. "Sie ha¬ ben wohl gethan, sagte er, daß Sie, um deutsch zu lernen, zu uns herüber gekommen sind, wo Sie nicht allein die Sprache leicht und schnell gewinnen, sondern auch die Elemente, worauf sie ruhet, unsern Boden, Clima, Lebensart, Sitten, gesellschaftlichen Verkehr, Verfassung und dergleichen mit nach England im Geiste hinüber nehmen."
Das Interesse für die deutsche Sprache, erwiederte Herr H., ist jetzt in England groß und wird täglich allgemeiner, so daß jetzt fast kein junger Engländer von guter Familie ist, der nicht deutsch lernte.
"Wir Deutschen, versetzte Goethe freundlich, haben es jedoch Ihrer Nation in dieser Hinsicht um ein halbes Jahrhundert zuvorgethan. Ich beschäftige mich seit
nach und nach geſammelt habe und deren wiederholte Betrachtung ihm Unterhaltung gewaͤhre.
Nachdem wir einige Minuten gewartet hatten, trat Goethe zu uns herein und begruͤßte uns freundlich. „Ich darf Sie gradezu in deutſcher Sprache anreden, wendete er ſich an Herrn H., denn ich hoͤre, Sie ſind im Deutſchen ſchon recht bewandert.“ Dieſer erwiederte hierauf mit Wenigem freundlich, und Goethe bat uns darauf, Platz zu nehmen.
Die Perſoͤnlichkeit des Herrn H. mußte auf Goethe einen guten Eindruck machen, denn ſeine große Liebens¬ wuͤrdigkeit und heitere Milde zeigte ſich dem Fremden gegenuͤber heute in ihrer wahren Schoͤnheit. „Sie ha¬ ben wohl gethan, ſagte er, daß Sie, um deutſch zu lernen, zu uns heruͤber gekommen ſind, wo Sie nicht allein die Sprache leicht und ſchnell gewinnen, ſondern auch die Elemente, worauf ſie ruhet, unſern Boden, Clima, Lebensart, Sitten, geſellſchaftlichen Verkehr, Verfaſſung und dergleichen mit nach England im Geiſte hinuͤber nehmen.“
Das Intereſſe fuͤr die deutſche Sprache, erwiederte Herr H., iſt jetzt in England groß und wird taͤglich allgemeiner, ſo daß jetzt faſt kein junger Englaͤnder von guter Familie iſt, der nicht deutſch lernte.
„Wir Deutſchen, verſetzte Goethe freundlich, haben es jedoch Ihrer Nation in dieſer Hinſicht um ein halbes Jahrhundert zuvorgethan. Ich beſchaͤftige mich ſeit
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nach und nach geſammelt habe und deren wiederholte
Betrachtung ihm Unterhaltung gewaͤhre.
Nachdem wir einige Minuten gewartet hatten, trat
Goethe zu uns herein und begruͤßte uns freundlich.
„Ich darf Sie gradezu in deutſcher Sprache anreden,
wendete er ſich an Herrn H., denn ich hoͤre, Sie ſind
im Deutſchen ſchon recht bewandert.“ Dieſer erwiederte
hierauf mit Wenigem freundlich, und Goethe bat uns
darauf, Platz zu nehmen.
Die Perſoͤnlichkeit des Herrn H. mußte auf Goethe
einen guten Eindruck machen, denn ſeine große Liebens¬
wuͤrdigkeit und heitere Milde zeigte ſich dem Fremden
gegenuͤber heute in ihrer wahren Schoͤnheit. „Sie ha¬
ben wohl gethan, ſagte er, daß Sie, um deutſch zu
lernen, zu uns heruͤber gekommen ſind, wo Sie nicht
allein die Sprache leicht und ſchnell gewinnen, ſondern
auch die Elemente, worauf ſie ruhet, unſern Boden,
Clima, Lebensart, Sitten, geſellſchaftlichen Verkehr,
Verfaſſung und dergleichen mit nach England im Geiſte
hinuͤber nehmen.“
Das Intereſſe fuͤr die deutſche Sprache, erwiederte
Herr H., iſt jetzt in England groß und wird taͤglich
allgemeiner, ſo daß jetzt faſt kein junger Englaͤnder von
guter Familie iſt, der nicht deutſch lernte.
„Wir Deutſchen, verſetzte Goethe freundlich, haben
es jedoch Ihrer Nation in dieſer Hinſicht um ein halbes
Jahrhundert zuvorgethan. Ich beſchaͤftige mich ſeit
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/200>, abgerufen am 22.11.2024.
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