Ich lobte Ifflands Hagestolzen, die mir von der Bühne herunter sehr wohl gefallen hatten. "Es ist ohne Frage Ifflands bestes Stück, sagte Goethe; es ist das einzige, wo er aus der Prosa ins Ideelle geht."
Er erzählte mir darauf von einem Stück, welches er mit Schiller als Fortsetzung der Hagestolzen gemacht, aber nicht geschrieben, sondern bloß gesprächsweise ge¬ macht. Goethe entwickelte mir die Handlung Scene für Scene; es war sehr artig und heiter und ich hatte da¬ ran große Freude.
Goethe sprach darauf über einige neue Schauspiele von Platen. "Man sieht, sagte er, an diesen Stük¬ ken die Einwirkung Calderons. Sie sind durchaus geist¬ reich und in gewisser Hinsicht vollendet, allein es fehlt ihnen ein specifisches Gewicht, eine gewisse Schwere des Gehalts. Sie sind nicht der Art, um im Gemüth des Lesers ein tiefes und nachwirkendes Interesse zu erregen, vielmehr berühren sie die Saiten unseres In¬ nern nur leicht und vorübereilend. Sie gleichen dem Kork, der, auf dem Wasser schwimmend, keinen Ein¬ druck macht, sondern von der Oberfläche sehr leicht ge¬ tragen wird."
"Der Deutsche verlangt einen gewissen Ernst, eine gewisse Größe der Gesinnung, eine gewisse Fülle des Innern, weßhalb denn auch Schiller von allen so hoch gehalten wird. Ich zweifle nun keineswegs an Platens sehr tüchtigem Character, allein das kommt, wahrschein¬
Ich lobte Ifflands Hageſtolzen, die mir von der Buͤhne herunter ſehr wohl gefallen hatten. „Es iſt ohne Frage Ifflands beſtes Stuͤck, ſagte Goethe; es iſt das einzige, wo er aus der Proſa ins Ideelle geht.“
Er erzaͤhlte mir darauf von einem Stuͤck, welches er mit Schiller als Fortſetzung der Hageſtolzen gemacht, aber nicht geſchrieben, ſondern bloß geſpraͤchsweiſe ge¬ macht. Goethe entwickelte mir die Handlung Scene fuͤr Scene; es war ſehr artig und heiter und ich hatte da¬ ran große Freude.
Goethe ſprach darauf uͤber einige neue Schauſpiele von Platen. „Man ſieht, ſagte er, an dieſen Stuͤk¬ ken die Einwirkung Calderons. Sie ſind durchaus geiſt¬ reich und in gewiſſer Hinſicht vollendet, allein es fehlt ihnen ein ſpecifiſches Gewicht, eine gewiſſe Schwere des Gehalts. Sie ſind nicht der Art, um im Gemuͤth des Leſers ein tiefes und nachwirkendes Intereſſe zu erregen, vielmehr beruͤhren ſie die Saiten unſeres In¬ nern nur leicht und voruͤbereilend. Sie gleichen dem Kork, der, auf dem Waſſer ſchwimmend, keinen Ein¬ druck macht, ſondern von der Oberflaͤche ſehr leicht ge¬ tragen wird.“
„Der Deutſche verlangt einen gewiſſen Ernſt, eine gewiſſe Groͤße der Geſinnung, eine gewiſſe Fuͤlle des Innern, weßhalb denn auch Schiller von allen ſo hoch gehalten wird. Ich zweifle nun keineswegs an Platens ſehr tuͤchtigem Character, allein das kommt, wahrſchein¬
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Ich lobte Ifflands Hageſtolzen, die mir von der
Buͤhne herunter ſehr wohl gefallen hatten. „Es iſt
ohne Frage Ifflands beſtes Stuͤck, ſagte Goethe; es iſt
das einzige, wo er aus der Proſa ins Ideelle geht.“
Er erzaͤhlte mir darauf von einem Stuͤck, welches
er mit Schiller als Fortſetzung der Hageſtolzen gemacht,
aber nicht geſchrieben, ſondern bloß geſpraͤchsweiſe ge¬
macht. Goethe entwickelte mir die Handlung Scene fuͤr
Scene; es war ſehr artig und heiter und ich hatte da¬
ran große Freude.
Goethe ſprach darauf uͤber einige neue Schauſpiele
von Platen. „Man ſieht, ſagte er, an dieſen Stuͤk¬
ken die Einwirkung Calderons. Sie ſind durchaus geiſt¬
reich und in gewiſſer Hinſicht vollendet, allein es fehlt
ihnen ein ſpecifiſches Gewicht, eine gewiſſe Schwere
des Gehalts. Sie ſind nicht der Art, um im Gemuͤth
des Leſers ein tiefes und nachwirkendes Intereſſe zu
erregen, vielmehr beruͤhren ſie die Saiten unſeres In¬
nern nur leicht und voruͤbereilend. Sie gleichen dem
Kork, der, auf dem Waſſer ſchwimmend, keinen Ein¬
druck macht, ſondern von der Oberflaͤche ſehr leicht ge¬
tragen wird.“
„Der Deutſche verlangt einen gewiſſen Ernſt, eine
gewiſſe Groͤße der Geſinnung, eine gewiſſe Fuͤlle des
Innern, weßhalb denn auch Schiller von allen ſo hoch
gehalten wird. Ich zweifle nun keineswegs an Platens
ſehr tuͤchtigem Character, allein das kommt, wahrſchein¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/161>, abgerufen am 27.11.2024.
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