bare ist nicht der Mühe werth. Und wo sind denn die Zuhörer, denen man mit einigem Behagen erzählen möchte?"
"Wenn ich auf mein früheres und mittleres Leben zurückblicke und nun in meinem Alter bedenke, wie Wenige noch von denen übrig sind, die mit mir jung waren, so fällt mir immer der Sommeraufenthalt in einem Bade ein. So wie man ankommt, schließt man Bekanntschaften und Freundschaften mit solchen, die schon eine Zeitlang dort waren und die in den nächsten Wochen wieder abgehen. Der Verlust ist schmerzlich. Nun hält man sich an die zweyte Generation, mit der man eine gute Weile fortlebt und sich auf das Innigste verbindet. Aber auch diese geht und läßt uns einsam mit der dritten, die nahe vor unserer Abreise ankommt und mit der man auch gar nichts zu thun hat."
"Man hat mich immer als einen vom Glück beson¬ ders Begünstigten gepriesen; auch will ich mich nicht beklagen und den Gang meines Lebens nicht schelten. Allein im Grunde ist es nichts als Mühe und Arbeit gewesen, und ich kann wohl sagen, daß ich in meinen fünf und siebzig Jahren keine vier Wochen eigentliches Behagen gehabt. Es war das ewige Wälzen eines Steines, der immer von neuem gehoben seyn wollte. Meine Annalen werden es deutlich machen, was hiemit gesagt ist. Der Ansprüche an meine Thätigkeit, sowohl von Außen als Innen, waren zu viele."
bare iſt nicht der Muͤhe werth. Und wo ſind denn die Zuhoͤrer, denen man mit einigem Behagen erzaͤhlen moͤchte?“
„Wenn ich auf mein fruͤheres und mittleres Leben zuruͤckblicke und nun in meinem Alter bedenke, wie Wenige noch von denen uͤbrig ſind, die mit mir jung waren, ſo faͤllt mir immer der Sommeraufenthalt in einem Bade ein. So wie man ankommt, ſchließt man Bekanntſchaften und Freundſchaften mit ſolchen, die ſchon eine Zeitlang dort waren und die in den naͤchſten Wochen wieder abgehen. Der Verluſt iſt ſchmerzlich. Nun haͤlt man ſich an die zweyte Generation, mit der man eine gute Weile fortlebt und ſich auf das Innigſte verbindet. Aber auch dieſe geht und laͤßt uns einſam mit der dritten, die nahe vor unſerer Abreiſe ankommt und mit der man auch gar nichts zu thun hat.“
„Man hat mich immer als einen vom Gluͤck beſon¬ ders Beguͤnſtigten geprieſen; auch will ich mich nicht beklagen und den Gang meines Lebens nicht ſchelten. Allein im Grunde iſt es nichts als Muͤhe und Arbeit geweſen, und ich kann wohl ſagen, daß ich in meinen fuͤnf und ſiebzig Jahren keine vier Wochen eigentliches Behagen gehabt. Es war das ewige Waͤlzen eines Steines, der immer von neuem gehoben ſeyn wollte. Meine Annalen werden es deutlich machen, was hiemit geſagt iſt. Der Anſpruͤche an meine Thaͤtigkeit, ſowohl von Außen als Innen, waren zu viele.“
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bare iſt nicht der Muͤhe werth. Und wo ſind denn die
Zuhoͤrer, denen man mit einigem Behagen erzaͤhlen
moͤchte?“
„Wenn ich auf mein fruͤheres und mittleres Leben
zuruͤckblicke und nun in meinem Alter bedenke, wie
Wenige noch von denen uͤbrig ſind, die mit mir jung
waren, ſo faͤllt mir immer der Sommeraufenthalt in
einem Bade ein. So wie man ankommt, ſchließt man
Bekanntſchaften und Freundſchaften mit ſolchen, die
ſchon eine Zeitlang dort waren und die in den naͤchſten
Wochen wieder abgehen. Der Verluſt iſt ſchmerzlich.
Nun haͤlt man ſich an die zweyte Generation, mit der
man eine gute Weile fortlebt und ſich auf das Innigſte
verbindet. Aber auch dieſe geht und laͤßt uns einſam
mit der dritten, die nahe vor unſerer Abreiſe ankommt
und mit der man auch gar nichts zu thun hat.“
„Man hat mich immer als einen vom Gluͤck beſon¬
ders Beguͤnſtigten geprieſen; auch will ich mich nicht
beklagen und den Gang meines Lebens nicht ſchelten.
Allein im Grunde iſt es nichts als Muͤhe und Arbeit
geweſen, und ich kann wohl ſagen, daß ich in meinen
fuͤnf und ſiebzig Jahren keine vier Wochen eigentliches
Behagen gehabt. Es war das ewige Waͤlzen eines
Steines, der immer von neuem gehoben ſeyn wollte.
Meine Annalen werden es deutlich machen, was hiemit
geſagt iſt. Der Anſpruͤche an meine Thaͤtigkeit, ſowohl
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/126>, abgerufen am 27.11.2024.
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