überwältigte er eine gute Anzahl von Großsprechern und hätte wohl auch mich bezwungen, wenn er nicht schon er- müdet gewesen wäre. Jch versichere euch übrigens, daß ich stärker bin, als er, denn ich vermag schwerere Blöcke zu heben; der Athener gleicht aber einem Aal an Be- hendigkeit und umstrickt seine Gegner mit wunderbaren Griffen. Seine Nacktheit kam ihm auch zu Statten. Eigentlich sollte man, wäre es nicht unschicklich, nur ent- kleidet ringen und sich dazu, wie die Hellenen, die Haut mit Olivenöl salben. -- Jm Speerschleudern übertraf er uns gleichfalls, wogegen der Pfeil des Königs, der, wie bekannt, stolz darauf ist, der beste Schütze in Persien zu sein, weiter flog, als der seine. -- Am meisten lobte er unsere Sitte, daß nach dem Ringkampfe der Geworfene dem Sieger die Hand küssen muß. -- Endlich zeigte er uns eine neue Uebungsart, den Faustkampf. Die An- wendbarkeit desselben wollte er an keinem Freien erproben; darum ließ der König den größten und stärksten von allen Dienern, Bessus, meinen Stallknecht, kommen, der mit seinen riesigen Armen die Hinterbeine eines Pferdes zusammen- drückt, so daß der Gaul zittert und sich nicht zu rühren vermag. Der gewaltige Schlagetodt, welcher Phanes mindestens um eines Hauptes Länge überragte, lachte und zuckte mitleidig die Achseln, als er hörte, daß er mit dem fremden Herrlein einen Faustkampf versuchen sollte. -- Seines Sieges gewiß, stellte er sich dem Athener gegenüber und that einen Schlag nach demselben, der einen Elephanten getödtet haben würde; Phanes aber wich dem- selben aus und schlug in dem gleichen Augenblicke dem Riesen so furchtbar mit der bloßen Faust unter die Augen, daß dem Munde und der Nase desselben ein Blutstrom ent- quoll, und der ungeschlachte Mensch heulend zu Boden
überwältigte er eine gute Anzahl von Großſprechern und hätte wohl auch mich bezwungen, wenn er nicht ſchon er- müdet geweſen wäre. Jch verſichere euch übrigens, daß ich ſtärker bin, als er, denn ich vermag ſchwerere Blöcke zu heben; der Athener gleicht aber einem Aal an Be- hendigkeit und umſtrickt ſeine Gegner mit wunderbaren Griffen. Seine Nacktheit kam ihm auch zu Statten. Eigentlich ſollte man, wäre es nicht unſchicklich, nur ent- kleidet ringen und ſich dazu, wie die Hellenen, die Haut mit Olivenöl ſalben. — Jm Speerſchleudern übertraf er uns gleichfalls, wogegen der Pfeil des Königs, der, wie bekannt, ſtolz darauf iſt, der beſte Schütze in Perſien zu ſein, weiter flog, als der ſeine. — Am meiſten lobte er unſere Sitte, daß nach dem Ringkampfe der Geworfene dem Sieger die Hand küſſen muß. — Endlich zeigte er uns eine neue Uebungsart, den Fauſtkampf. Die An- wendbarkeit deſſelben wollte er an keinem Freien erproben; darum ließ der König den größten und ſtärkſten von allen Dienern, Beſſus, meinen Stallknecht, kommen, der mit ſeinen rieſigen Armen die Hinterbeine eines Pferdes zuſammen- drückt, ſo daß der Gaul zittert und ſich nicht zu rühren vermag. Der gewaltige Schlagetodt, welcher Phanes mindeſtens um eines Hauptes Länge überragte, lachte und zuckte mitleidig die Achſeln, als er hörte, daß er mit dem fremden Herrlein einen Fauſtkampf verſuchen ſollte. — Seines Sieges gewiß, ſtellte er ſich dem Athener gegenüber und that einen Schlag nach demſelben, der einen Elephanten getödtet haben würde; Phanes aber wich dem- ſelben aus und ſchlug in dem gleichen Augenblicke dem Rieſen ſo furchtbar mit der bloßen Fauſt unter die Augen, daß dem Munde und der Naſe deſſelben ein Blutſtrom ent- quoll, und der ungeſchlachte Menſch heulend zu Boden
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überwältigte er eine gute Anzahl von Großſprechern und
hätte wohl auch mich bezwungen, wenn er nicht ſchon er-
müdet geweſen wäre. Jch verſichere euch übrigens, daß
ich ſtärker bin, als er, denn ich vermag ſchwerere Blöcke
zu heben; der Athener gleicht aber einem Aal an Be-
hendigkeit und umſtrickt ſeine Gegner mit wunderbaren
Griffen. Seine Nacktheit kam ihm auch zu Statten.
Eigentlich ſollte man, wäre es nicht unſchicklich, nur ent-
kleidet ringen und ſich dazu, wie die Hellenen, die Haut
mit Olivenöl ſalben. — Jm Speerſchleudern übertraf er
uns gleichfalls, wogegen der Pfeil des Königs, der, wie
bekannt, ſtolz darauf iſt, der beſte Schütze in Perſien zu
ſein, weiter flog, als der ſeine. — Am meiſten lobte er
unſere Sitte, daß nach dem Ringkampfe der Geworfene
dem Sieger die Hand küſſen muß. — Endlich zeigte er
uns eine neue Uebungsart, den Fauſtkampf. Die An-
wendbarkeit deſſelben wollte er an keinem Freien erproben;
darum ließ der König den größten und ſtärkſten von allen
Dienern, Beſſus, meinen Stallknecht, kommen, der mit ſeinen
rieſigen Armen die Hinterbeine eines Pferdes zuſammen-
drückt, ſo daß der Gaul zittert und ſich nicht zu rühren
vermag. Der gewaltige Schlagetodt, welcher Phanes
mindeſtens um eines Hauptes Länge überragte, lachte und
zuckte mitleidig die Achſeln, als er hörte, daß er mit
dem fremden Herrlein einen Fauſtkampf verſuchen ſollte.
— Seines Sieges gewiß, ſtellte er ſich dem Athener
gegenüber und that einen Schlag nach demſelben, der einen
Elephanten getödtet haben würde; Phanes aber wich dem-
ſelben aus und ſchlug in dem gleichen Augenblicke dem Rieſen
ſo furchtbar mit der bloßen Fauſt unter die Augen, daß
dem Munde und der Naſe deſſelben ein Blutſtrom ent-
quoll, und der ungeſchlachte Menſch heulend zu Boden
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/86>, abgerufen am 23.11.2024.
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