Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

mokedes *) und bittet ihn mit ungeheuren Versprechungen,
sofort nach Sardes zu kommen. Samische Seeräuber,
welche die ganze jonische Küste unsicher machen, fangen
den Boten auf und überbringen den Brief des Oroetes
ihrem Herrn Polykrates. Dieser öffnet denselben und
schickt den Abgesandten hieher zurück mit der Botschaft,
Demokedes stehe in seinem Solde. Wenn Oroetes 42)
die Dienste desselben begehre, so möge er sich an ihn, den
Polykrates selbst, wenden. Unser edler Freund demüthigte
sich um meinetwillen und willfahrte dem Samier, indem
er ihn seinen Arzt nach Sardes zu senden ersuchte."

"Und Polykrates?" fragte Prexaspes.

"Der hochmüthige Jnselfürst sandte sofort den Heil-
künstler, welcher mich, wie ihr seht, wieder hergestellt
und Sardes erst vor wenigen Tagen reich beschenkt ver-
lassen hat."

"Uebrigens," fiel Zopyros dem Königssohn in die
Rede, "kann ich wohl begreifen, warum der Samier
seinen Leibarzt nicht gern von sich läßt. Jch sage Dir,
Darius, solchen Mann gibt es nicht zweimal! Schön ist
er, wie Minutscher, klug wie Piran Wisa, stark wie
Rustem 43) und hülfreich wie das heilige Soma **). Du
hättest nur sehen sollen, wie er metallne Scheiben, die er
Diskos nannte, zu schleudern verstand. Jch bin kein
Schwächling; aber er warf mich nach kurzem Ringen zu
Boden, und Geschichten konnte er Dir erzählen, Geschich-
ten, daß einem bei'm Zuhören das Herz im Leibe tanzte."

"Wir haben einen ähnlichen Menschen kennen ge-
lernt," sagte Darius, die Begeisterung seines Freundes

*) S. I. Theil. Anmerk. 80.
**) S. II. Theil. Anmerk. 48.

mokedes *) und bittet ihn mit ungeheuren Verſprechungen,
ſofort nach Sardes zu kommen. Samiſche Seeräuber,
welche die ganze joniſche Küſte unſicher machen, fangen
den Boten auf und überbringen den Brief des Oroetes
ihrem Herrn Polykrates. Dieſer öffnet denſelben und
ſchickt den Abgeſandten hieher zurück mit der Botſchaft,
Demokedes ſtehe in ſeinem Solde. Wenn Oroetes 42)
die Dienſte deſſelben begehre, ſo möge er ſich an ihn, den
Polykrates ſelbſt, wenden. Unſer edler Freund demüthigte
ſich um meinetwillen und willfahrte dem Samier, indem
er ihn ſeinen Arzt nach Sardes zu ſenden erſuchte.“

„Und Polykrates?“ fragte Prexaspes.

„Der hochmüthige Jnſelfürſt ſandte ſofort den Heil-
künſtler, welcher mich, wie ihr ſeht, wieder hergeſtellt
und Sardes erſt vor wenigen Tagen reich beſchenkt ver-
laſſen hat.“

„Uebrigens,“ fiel Zopyros dem Königsſohn in die
Rede, „kann ich wohl begreifen, warum der Samier
ſeinen Leibarzt nicht gern von ſich läßt. Jch ſage Dir,
Darius, ſolchen Mann gibt es nicht zweimal! Schön iſt
er, wie Minutſcher, klug wie Piran Wiſa, ſtark wie
Ruſtem 43) und hülfreich wie das heilige Soma **). Du
hätteſt nur ſehen ſollen, wie er metallne Scheiben, die er
Diskos nannte, zu ſchleudern verſtand. Jch bin kein
Schwächling; aber er warf mich nach kurzem Ringen zu
Boden, und Geſchichten konnte er Dir erzählen, Geſchich-
ten, daß einem bei’m Zuhören das Herz im Leibe tanzte.“

„Wir haben einen ähnlichen Menſchen kennen ge-
lernt,“ ſagte Darius, die Begeiſterung ſeines Freundes

*) S. I. Theil. Anmerk. 80.
**) S. II. Theil. Anmerk. 48.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="68"/>
mokedes <note place="foot" n="*)">S. <hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. Anmerk. 80.</note> und bittet ihn mit ungeheuren Ver&#x017F;prechungen,<lb/>
&#x017F;ofort nach Sardes zu kommen. Sami&#x017F;che Seeräuber,<lb/>
welche die ganze joni&#x017F;che Kü&#x017F;te un&#x017F;icher machen, fangen<lb/>
den Boten auf und überbringen den Brief des Oroetes<lb/>
ihrem Herrn Polykrates. Die&#x017F;er öffnet den&#x017F;elben und<lb/>
&#x017F;chickt den Abge&#x017F;andten hieher zurück mit der Bot&#x017F;chaft,<lb/>
Demokedes &#x017F;tehe in &#x017F;einem Solde. Wenn Oroetes <hi rendition="#sup">42</hi>)<lb/>
die Dien&#x017F;te de&#x017F;&#x017F;elben begehre, &#x017F;o möge er &#x017F;ich an ihn, den<lb/>
Polykrates &#x017F;elb&#x017F;t, wenden. Un&#x017F;er edler Freund demüthigte<lb/>
&#x017F;ich um meinetwillen und willfahrte dem Samier, indem<lb/>
er ihn &#x017F;einen Arzt nach Sardes zu &#x017F;enden er&#x017F;uchte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und Polykrates?&#x201C; fragte Prexaspes.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der hochmüthige Jn&#x017F;elfür&#x017F;t &#x017F;andte &#x017F;ofort den Heil-<lb/>
kün&#x017F;tler, welcher mich, wie ihr &#x017F;eht, wieder herge&#x017F;tellt<lb/>
und Sardes er&#x017F;t vor wenigen Tagen reich be&#x017F;chenkt ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en hat.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Uebrigens,&#x201C; fiel Zopyros dem Königs&#x017F;ohn in die<lb/>
Rede, &#x201E;kann ich wohl begreifen, warum der Samier<lb/>
&#x017F;einen Leibarzt nicht gern von &#x017F;ich läßt. Jch &#x017F;age Dir,<lb/>
Darius, &#x017F;olchen Mann gibt es nicht zweimal! Schön i&#x017F;t<lb/>
er, wie Minut&#x017F;cher, klug wie Piran Wi&#x017F;a, &#x017F;tark wie<lb/>
Ru&#x017F;tem <hi rendition="#sup">43</hi>) und hülfreich wie das heilige Soma <note place="foot" n="**)">S. <hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. Anmerk. 48.</note>. Du<lb/>
hätte&#x017F;t nur &#x017F;ehen &#x017F;ollen, wie er metallne Scheiben, die er<lb/>
Diskos nannte, zu &#x017F;chleudern ver&#x017F;tand. Jch bin kein<lb/>
Schwächling; aber er warf mich nach kurzem Ringen zu<lb/>
Boden, und Ge&#x017F;chichten konnte er Dir erzählen, Ge&#x017F;chich-<lb/>
ten, daß einem bei&#x2019;m Zuhören das Herz im Leibe tanzte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir haben einen ähnlichen Men&#x017F;chen kennen ge-<lb/>
lernt,&#x201C; &#x017F;agte Darius, die Begei&#x017F;terung &#x017F;eines Freundes<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0078] mokedes *) und bittet ihn mit ungeheuren Verſprechungen, ſofort nach Sardes zu kommen. Samiſche Seeräuber, welche die ganze joniſche Küſte unſicher machen, fangen den Boten auf und überbringen den Brief des Oroetes ihrem Herrn Polykrates. Dieſer öffnet denſelben und ſchickt den Abgeſandten hieher zurück mit der Botſchaft, Demokedes ſtehe in ſeinem Solde. Wenn Oroetes 42) die Dienſte deſſelben begehre, ſo möge er ſich an ihn, den Polykrates ſelbſt, wenden. Unſer edler Freund demüthigte ſich um meinetwillen und willfahrte dem Samier, indem er ihn ſeinen Arzt nach Sardes zu ſenden erſuchte.“ „Und Polykrates?“ fragte Prexaspes. „Der hochmüthige Jnſelfürſt ſandte ſofort den Heil- künſtler, welcher mich, wie ihr ſeht, wieder hergeſtellt und Sardes erſt vor wenigen Tagen reich beſchenkt ver- laſſen hat.“ „Uebrigens,“ fiel Zopyros dem Königsſohn in die Rede, „kann ich wohl begreifen, warum der Samier ſeinen Leibarzt nicht gern von ſich läßt. Jch ſage Dir, Darius, ſolchen Mann gibt es nicht zweimal! Schön iſt er, wie Minutſcher, klug wie Piran Wiſa, ſtark wie Ruſtem 43) und hülfreich wie das heilige Soma **). Du hätteſt nur ſehen ſollen, wie er metallne Scheiben, die er Diskos nannte, zu ſchleudern verſtand. Jch bin kein Schwächling; aber er warf mich nach kurzem Ringen zu Boden, und Geſchichten konnte er Dir erzählen, Geſchich- ten, daß einem bei’m Zuhören das Herz im Leibe tanzte.“ „Wir haben einen ähnlichen Menſchen kennen ge- lernt,“ ſagte Darius, die Begeiſterung ſeines Freundes *) S. I. Theil. Anmerk. 80. **) S. II. Theil. Anmerk. 48.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/78
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/78>, abgerufen am 27.11.2024.