in leichter Gefangenschaft zu Sais gelebt *), als sich seine Gattin, welche drei Kinder geboren und ebensoviele begraben hatte, zum andern Male schwanger fühlte. Hophra war glücklich und wollte, um sich für diese Gnade zu be- danken, in dem Tempel der Pacht **), einer ägyptischen Göttin, der man den Kindersegen zuschreibt, Opfer bringen, als ein früherer Großer seines Hofes, Namens Patar- bemis 27), den er im Zorn ungerechter Weise schmählich verstümmelt hatte, ihn mit einer Schaar von Sklaven überfiel und niedermetzelte. Amasis ließ die klagende Wittwe sofort in seinen Palast bringen und derselben ein Gemach neben dem Zimmer seiner Gattin Ladike anweisen, welche gleich ihr einer baldigen Niederkunft entgegensah. Die Wittwe des Hophra schenkte dort einem Mädchen das Leben, gab aber selbst in der schweren Stunde den Geist auf. Ladike genas zwei Tage später gleichfalls eines Kindes. -- Aber da sind wir im Schloßhofe. Wenn Du mir gestattest, so werde ich Dir den Bericht des Geburts- helfers, welcher den Betrug vermittelte, vorlesen lassen. Verschiedene Aufzeichnungen desselben sind durch eine wun- derbare Fügung, von der ich Dir später erzählen werde, in meine Hände gekommen. Onuphis, ein früherer Ober- priester von Heliopolis in Aegypten, lebt hier zu Babylon und kennt alle Schreibarten 28) seines Volkes. Nebenchari, der Augenarzt, wird sich, wie natürlich, weigern, einen Betrug, der seinem Vaterlande sichres Verderben bringen muß, aufdecken zu helfen."
"Jch erwarte Dich in einer Stunde mit jenem Manne. Krösus, Nebenchari und alle Achämeniden, welche in Aegyp-
*) Siehe die Vorrede.
**) Siehe I. Theil Anmerk. 53.
in leichter Gefangenſchaft zu Sais gelebt *), als ſich ſeine Gattin, welche drei Kinder geboren und ebenſoviele begraben hatte, zum andern Male ſchwanger fühlte. Hophra war glücklich und wollte, um ſich für dieſe Gnade zu be- danken, in dem Tempel der Pacht **), einer ägyptiſchen Göttin, der man den Kinderſegen zuſchreibt, Opfer bringen, als ein früherer Großer ſeines Hofes, Namens Patar- bemis 27), den er im Zorn ungerechter Weiſe ſchmählich verſtümmelt hatte, ihn mit einer Schaar von Sklaven überfiel und niedermetzelte. Amaſis ließ die klagende Wittwe ſofort in ſeinen Palaſt bringen und derſelben ein Gemach neben dem Zimmer ſeiner Gattin Ladike anweiſen, welche gleich ihr einer baldigen Niederkunft entgegenſah. Die Wittwe des Hophra ſchenkte dort einem Mädchen das Leben, gab aber ſelbſt in der ſchweren Stunde den Geiſt auf. Ladike genas zwei Tage ſpäter gleichfalls eines Kindes. — Aber da ſind wir im Schloßhofe. Wenn Du mir geſtatteſt, ſo werde ich Dir den Bericht des Geburts- helfers, welcher den Betrug vermittelte, vorleſen laſſen. Verſchiedene Aufzeichnungen deſſelben ſind durch eine wun- derbare Fügung, von der ich Dir ſpäter erzählen werde, in meine Hände gekommen. Onuphis, ein früherer Ober- prieſter von Heliopolis in Aegypten, lebt hier zu Babylon und kennt alle Schreibarten 28) ſeines Volkes. Nebenchari, der Augenarzt, wird ſich, wie natürlich, weigern, einen Betrug, der ſeinem Vaterlande ſichres Verderben bringen muß, aufdecken zu helfen.“
„Jch erwarte Dich in einer Stunde mit jenem Manne. Kröſus, Nebenchari und alle Achämeniden, welche in Aegyp-
*) Siehe die Vorrede.
**) Siehe I. Theil Anmerk. 53.
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in leichter Gefangenſchaft zu Sais gelebt *), als ſich
ſeine Gattin, welche drei Kinder geboren und ebenſoviele
begraben hatte, zum andern Male ſchwanger fühlte. Hophra
war glücklich und wollte, um ſich für dieſe Gnade zu be-
danken, in dem Tempel der Pacht **), einer ägyptiſchen
Göttin, der man den Kinderſegen zuſchreibt, Opfer bringen,
als ein früherer Großer ſeines Hofes, Namens Patar-
bemis 27), den er im Zorn ungerechter Weiſe ſchmählich
verſtümmelt hatte, ihn mit einer Schaar von Sklaven
überfiel und niedermetzelte. Amaſis ließ die klagende Wittwe
ſofort in ſeinen Palaſt bringen und derſelben ein Gemach
neben dem Zimmer ſeiner Gattin Ladike anweiſen, welche
gleich ihr einer baldigen Niederkunft entgegenſah. Die
Wittwe des Hophra ſchenkte dort einem Mädchen das
Leben, gab aber ſelbſt in der ſchweren Stunde den Geiſt
auf. Ladike genas zwei Tage ſpäter gleichfalls eines
Kindes. — Aber da ſind wir im Schloßhofe. Wenn Du
mir geſtatteſt, ſo werde ich Dir den Bericht des Geburts-
helfers, welcher den Betrug vermittelte, vorleſen laſſen.
Verſchiedene Aufzeichnungen deſſelben ſind durch eine wun-
derbare Fügung, von der ich Dir ſpäter erzählen werde,
in meine Hände gekommen. Onuphis, ein früherer Ober-
prieſter von Heliopolis in Aegypten, lebt hier zu Babylon
und kennt alle Schreibarten 28) ſeines Volkes. Nebenchari,
der Augenarzt, wird ſich, wie natürlich, weigern, einen
Betrug, der ſeinem Vaterlande ſichres Verderben bringen
muß, aufdecken zu helfen.“
„Jch erwarte Dich in einer Stunde mit jenem Manne.
Kröſus, Nebenchari und alle Achämeniden, welche in Aegyp-
*) Siehe die Vorrede.
**) Siehe I. Theil Anmerk. 53.
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/56>, abgerufen am 17.02.2025.
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