Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.Lauterkeit unserer Seele entsprechen. Des Morgens wer- "Diese in ernster Beschaulichkeit zugebrachten Morgen- "Dann begeben wir uns in den Tempel und arbeiten Lauterkeit unſerer Seele entſprechen. Des Morgens wer- „Dieſe in ernſter Beſchaulichkeit zugebrachten Morgen- „Dann begeben wir uns in den Tempel und arbeiten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0252" n="242"/> Lauterkeit unſerer Seele entſprechen. Des Morgens wer-<lb/> den wir von Chören geweckt, zu denen wir bald unſere<lb/> eigenen Stimmen geſellen, um, gleichſam von den Schwingen<lb/> der Töne getragen, aus dem Schlaf in das wache Leben<lb/> überzugehen. Mit Geſängen begrüßen wir den dem Meere<lb/> entſteigenden Apollon und fragen uns dann, indem wir<lb/> in den Gängen des Gartens ſchweigend luſtwandeln: Was<lb/> hab’ ich geſtern gethan und gedacht? Was werd’ ich heute<lb/> zu vollbringen haben?</p><lb/> <p>„Dieſe in ernſter Beſchaulichkeit zugebrachten Morgen-<lb/> ſtunden ſind, möchte ich ſagen, die würdig angewendete<lb/> Jugendzeit des kommenden Tages!</p><lb/> <p>„Dann begeben wir uns in den Tempel und arbeiten<lb/> dort mit Ernſt und Fleiß im Gebiete aller Wiſſenſchaften,<lb/> lauſchen den hohen Lehren des Meiſters, ſtreben nach<lb/> ſelbſtſtändigen Erfolgen im Bereiche des Geiſtes und helfen<lb/> und fördern einander, wie und wo wir können. Hierauf<lb/> folgen körperliche Uebungen, welche dazu dienen, dem kräf-<lb/> tigen Geiſte einen ebenbürtigen Träger zu verſchaffen und<lb/> die Geſundheit, unſer höchſtes Gut, zu fördern. — Wenn<lb/> dann das Mittagsmahl mit ſeinen ſchlichten aber ſchmack-<lb/> haften Speiſen winkt, ſo würzt der Hunger ſelbſt das<lb/> einfachſte Gericht. Wenig ſtark gemiſchter Wein belebt<lb/> den Geiſt, ohne ihn zu verwirren und zu betäuben. Wie<lb/> unſer ganzes Leben, ſo iſt auch unſer Mahl frei von<lb/> Rauſch, und darum von Entnüchterung. Nach Tiſch be-<lb/> geben wir uns von Neuem in den Garten und beſprechen,<lb/> ſpazieren gehend, das am Vormittag Erlernte. Jedes<lb/> Aufbrauſen, jedes bittere, unziemliche oder überflüſſige<lb/> Wort iſt unterſagt, während der Meiſter anmuthige Scherze<lb/> gern geſtattet. Eine nutzbare Pflanze oder ein unſchuldiges<lb/> Thier zu verletzen, gilt für ſündlich; den Namen der Götter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [242/0252]
Lauterkeit unſerer Seele entſprechen. Des Morgens wer-
den wir von Chören geweckt, zu denen wir bald unſere
eigenen Stimmen geſellen, um, gleichſam von den Schwingen
der Töne getragen, aus dem Schlaf in das wache Leben
überzugehen. Mit Geſängen begrüßen wir den dem Meere
entſteigenden Apollon und fragen uns dann, indem wir
in den Gängen des Gartens ſchweigend luſtwandeln: Was
hab’ ich geſtern gethan und gedacht? Was werd’ ich heute
zu vollbringen haben?
„Dieſe in ernſter Beſchaulichkeit zugebrachten Morgen-
ſtunden ſind, möchte ich ſagen, die würdig angewendete
Jugendzeit des kommenden Tages!
„Dann begeben wir uns in den Tempel und arbeiten
dort mit Ernſt und Fleiß im Gebiete aller Wiſſenſchaften,
lauſchen den hohen Lehren des Meiſters, ſtreben nach
ſelbſtſtändigen Erfolgen im Bereiche des Geiſtes und helfen
und fördern einander, wie und wo wir können. Hierauf
folgen körperliche Uebungen, welche dazu dienen, dem kräf-
tigen Geiſte einen ebenbürtigen Träger zu verſchaffen und
die Geſundheit, unſer höchſtes Gut, zu fördern. — Wenn
dann das Mittagsmahl mit ſeinen ſchlichten aber ſchmack-
haften Speiſen winkt, ſo würzt der Hunger ſelbſt das
einfachſte Gericht. Wenig ſtark gemiſchter Wein belebt
den Geiſt, ohne ihn zu verwirren und zu betäuben. Wie
unſer ganzes Leben, ſo iſt auch unſer Mahl frei von
Rauſch, und darum von Entnüchterung. Nach Tiſch be-
geben wir uns von Neuem in den Garten und beſprechen,
ſpazieren gehend, das am Vormittag Erlernte. Jedes
Aufbrauſen, jedes bittere, unziemliche oder überflüſſige
Wort iſt unterſagt, während der Meiſter anmuthige Scherze
gern geſtattet. Eine nutzbare Pflanze oder ein unſchuldiges
Thier zu verletzen, gilt für ſündlich; den Namen der Götter
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