Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.hier dem selt'nen Falle gegenüber, daß sich zwei Menschen "Du magst Recht haben," gab Bartja, die Hand Rhodopis richtete sich hoch empor, legte ihre Rechte "Es gibt eine Sage, ihr Kinder, welche erzählt, daß *) Siehe III. Theil. Anmerkung 62.
hier dem ſelt’nen Falle gegenüber, daß ſich zwei Menſchen „Du magſt Recht haben,“ gab Bartja, die Hand Rhodopis richtete ſich hoch empor, legte ihre Rechte „Es gibt eine Sage, ihr Kinder, welche erzählt, daß *) Siehe III. Theil. Anmerkung 62.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0143" n="133"/> hier dem ſelt’nen Falle gegenüber, daß ſich zwei Menſchen<lb/> über eine Gefahr, in der ſie ſchweben, von Herzen<lb/> freuen!“</p><lb/> <p>„Du magſt Recht haben,“ gab Bartja, die Hand<lb/> ſeiner Geliebten verſtohlen drückend, dem Athener zurück.<lb/> Dann wandte er ſich nochmals an Rhodopis und bat die-<lb/> ſelbe, ihm ohne Säumen ihr Liebſtes, deſſen Werth er<lb/> wohl zu ſchätzen wiſſe, anzuvertrauen.</p><lb/> <p>Rhodopis richtete ſich hoch empor, legte ihre Rechte<lb/> auf Sappho’s, ihre Linke auf Bartja’s Haupt und ſagte:</p><lb/> <p>„Es gibt eine Sage, ihr Kinder, welche erzählt, daß<lb/> im Lande der Roſen ein blauer See bald ſänftlich ebbe,<lb/> bald ſtürmiſch flute, und daß das Waſſer dieſes See’s<lb/> halb ſüß, wie Honig, halb bitter, wie Galle ſchmecke.<lb/> Jhr werdet den Sinn dieſer Sage kennen lernen und<lb/> in dem erhofften Roſenlande eurer Ehe bald ſtille, bald<lb/> bewegte, — bald ſüße, bald bittere Stunden erleben. So<lb/> lange Du ein Kind warſt, Sappho, ſind Deine Tage da-<lb/> hingegangen, ungetrübt, gleich einem Frühlingstage; ſobald<lb/> Du zur liebenden Jungfrau wurdeſt, hat ſich Deine Bruſt<lb/> dem Schmerz geöffnet, der jetzt durch lange Monde der<lb/> Trennung ein wohlbekannter Gaſt in derſelben geworden<lb/> iſt, — ein Gaſt, der bei Dir anklopfen wird, ſo lange<lb/> Du lebſt. Deine Aufgabe, Bartja, wird es ſein, den Zu-<lb/> dringlichen, ſo weit es in Deinen Kräften ſteht, von<lb/> Sappho fern zu halten. — Jch kenne die Menſchen und<lb/> wußte, ehe mich Kröſus Deines Edelſinnes verſichert hatte,<lb/> daß Du meiner Enkelin würdig wäreſt. Darum geſtattete<lb/> ich Dir, mit derſelben den Quittenapfel <note place="foot" n="*)">Siehe <hi rendition="#aq">III.</hi> Theil. Anmerkung 62.</note> zu verzehren, —<lb/> darum übergebe ich Dir ohne Zagen ein Weſen, welches<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [133/0143]
hier dem ſelt’nen Falle gegenüber, daß ſich zwei Menſchen
über eine Gefahr, in der ſie ſchweben, von Herzen
freuen!“
„Du magſt Recht haben,“ gab Bartja, die Hand
ſeiner Geliebten verſtohlen drückend, dem Athener zurück.
Dann wandte er ſich nochmals an Rhodopis und bat die-
ſelbe, ihm ohne Säumen ihr Liebſtes, deſſen Werth er
wohl zu ſchätzen wiſſe, anzuvertrauen.
Rhodopis richtete ſich hoch empor, legte ihre Rechte
auf Sappho’s, ihre Linke auf Bartja’s Haupt und ſagte:
„Es gibt eine Sage, ihr Kinder, welche erzählt, daß
im Lande der Roſen ein blauer See bald ſänftlich ebbe,
bald ſtürmiſch flute, und daß das Waſſer dieſes See’s
halb ſüß, wie Honig, halb bitter, wie Galle ſchmecke.
Jhr werdet den Sinn dieſer Sage kennen lernen und
in dem erhofften Roſenlande eurer Ehe bald ſtille, bald
bewegte, — bald ſüße, bald bittere Stunden erleben. So
lange Du ein Kind warſt, Sappho, ſind Deine Tage da-
hingegangen, ungetrübt, gleich einem Frühlingstage; ſobald
Du zur liebenden Jungfrau wurdeſt, hat ſich Deine Bruſt
dem Schmerz geöffnet, der jetzt durch lange Monde der
Trennung ein wohlbekannter Gaſt in derſelben geworden
iſt, — ein Gaſt, der bei Dir anklopfen wird, ſo lange
Du lebſt. Deine Aufgabe, Bartja, wird es ſein, den Zu-
dringlichen, ſo weit es in Deinen Kräften ſteht, von
Sappho fern zu halten. — Jch kenne die Menſchen und
wußte, ehe mich Kröſus Deines Edelſinnes verſichert hatte,
daß Du meiner Enkelin würdig wäreſt. Darum geſtattete
ich Dir, mit derſelben den Quittenapfel *) zu verzehren, —
darum übergebe ich Dir ohne Zagen ein Weſen, welches
*) Siehe III. Theil. Anmerkung 62.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |