Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.gekommen, und das Kinderorakel im Vorhof des Tempels Ladike kniete vor dem Lager ihrer Tochter nieder und Eine Stunde später stand sie an einem andern Lager, Die Züge des Königs waren entstellt von schweren Als Ladike in das Zimmer trat, öffnete er seine "Warum bringst Du Tachot nicht zu mir?" fragte "Sie ist zu krank und leidend, als daß --" "Sie ist todt! Jhr ist wohl, denn der Tod ist keine *) Altägyptisches Saiteninstrument.
gekommen, und das Kinderorakel im Vorhof des Tempels Ladike kniete vor dem Lager ihrer Tochter nieder und Eine Stunde ſpäter ſtand ſie an einem andern Lager, Die Züge des Königs waren entſtellt von ſchweren Als Ladike in das Zimmer trat, öffnete er ſeine „Warum bringſt Du Tachot nicht zu mir?“ fragte „Sie iſt zu krank und leidend, als daß —“ „Sie iſt todt! Jhr iſt wohl, denn der Tod iſt keine *) Altägyptiſches Saiteninſtrument.
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gekommen, und das Kinderorakel im Vorhof des Tempels
hat mich doch nicht betrogen! Jetzt fühl’ ich auch gar
nichts mehr von meiner Krankheit, und mir hat geträumt,
ich läge in einem blühenden Mohnfelde, ſo roth wie das
friſche Blut der jungen Opferlämmer, und Bartja ſäße an
meiner Seite, und Nitetis kniete neben uns und ſpielte
wunderbare Lieder auf einer Nabla *) von Elfenbein.
Und auch in der Luft hat es geklungen, daß mir um’s
Herz wurde, als küſſe mich Horus, der liebe kleine Gott
des Morgens und des Lenzes. Ja, ich ſage Dir, Mutter,
daß er bald kommen wird, und wenn ich geſund bin,
dann — dann — o weh! — Mutter, ich ſterbe!“
Ladike kniete vor dem Lager ihrer Tochter nieder und
drückte heiße Küſſe auf die gebrochenen Augen der Jungfrau.
Eine Stunde ſpäter ſtand ſie an einem andern Lager,
dem Sterbebette ihres Mannes.
Die Züge des Königs waren entſtellt von ſchweren
Leiden; kalter Schweiß bedeckte ſeine Stirn’, und ſeine
Hände klammerten ſich an die goldnen Löwen 78), welche
die Seitenlehnen des tiefen Krankenſtuhls, in dem er ruhte,
bildeten.
Als Ladike in das Zimmer trat, öffnete er ſeine
Augen, die noch immer, trotz ihrer einſtigen Blindheit,
ſcharf und geiſtſprühend glänzten.
„Warum bringſt Du Tachot nicht zu mir?“ fragte
er mit trockner Stimme.
„Sie iſt zu krank und leidend, als daß —“
„Sie iſt todt! Jhr iſt wohl, denn der Tod iſt keine
Strafe, ſondern das letzte Ziel des Lebens, — das einzige
Ziel, das wir ohne Mühe, aber, die Götter wiſſen es,
*) Altägyptiſches Saiteninſtrument.
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