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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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denselben schon für gerettet. Jn seinem Herzen wohnte,
trotz der ihn bedrohenden Gefahren, eine wunderbare Zu-
friedenheit, er wußte selbst nicht, warum.

Jndessen war die kranke Königstochter heimgekehrt,
hatte sich des festlichen Schmuckes, der sie beengte, ent-
kleiden und mit ihrem Ruhebette auf einen Altan des
Schlosses tragen lassen, woselbst sie während der heißen
Sommertage, von Blattpflanzen 76) und einem zeltartigen
Tuche überschattet, am liebsten verweilte.

Sie konnte von dort aus den großen, mit Bäumen
bepflanzten Vorhof des Schlosses überschauen, welcher heut'
von Priestern und Höflingen, sowie von Befehlshabern des
Heeres und der Nomen wimmelte. Aengstliche Spannung
malte sich in allen Gesichtern, denn die Todesstunde des
Amasis rückte immer näher heran.

Tachot vernahm mit fieberhaft gespanntem Gehör,
ohne selbst bemerkt zu werden, Vieles von dem, was unter
ihr gesprochen und verhandelt wurde.

Jetzt, wo man den Verlust des Königs zu befürchten
hatte, waren Alle, selbst die Priester, seines Lobes voll.
Da hörte man die Weisheit seiner neuen Schöpfungen,
die Umsicht seiner Regierung, die Unermüdlichkeit seines
Fleißes, die Mäßigung, welche er stets gezeigt hatte, und
die Schärfe seines Witzes preisen. "Wie hat sich der
Wohlstand Aegyptens unter seinem Scepter gehoben!" sagte
ein Nomarch. "Welchen Ruhm brachte er unsern Waffen
durch die Eroberung von Kypros und den Krieg mit den
Libyern!" rief ein Kriegsoberster. "Wie glänzend schmückte
er unsre Tempel, wie hoch wußte er die Göttin von Sais
zu ehren!" fügte ein Sänger der Neith hinzu. "Wie
herablassend und gnädig er war!" murmelte ein Höfling.
"Wie geschickt wußte er Frieden mit den mächtigsten

denſelben ſchon für gerettet. Jn ſeinem Herzen wohnte,
trotz der ihn bedrohenden Gefahren, eine wunderbare Zu-
friedenheit, er wußte ſelbſt nicht, warum.

Jndeſſen war die kranke Königstochter heimgekehrt,
hatte ſich des feſtlichen Schmuckes, der ſie beengte, ent-
kleiden und mit ihrem Ruhebette auf einen Altan des
Schloſſes tragen laſſen, woſelbſt ſie während der heißen
Sommertage, von Blattpflanzen 76) und einem zeltartigen
Tuche überſchattet, am liebſten verweilte.

Sie konnte von dort aus den großen, mit Bäumen
bepflanzten Vorhof des Schloſſes überſchauen, welcher heut’
von Prieſtern und Höflingen, ſowie von Befehlshabern des
Heeres und der Nomen wimmelte. Aengſtliche Spannung
malte ſich in allen Geſichtern, denn die Todesſtunde des
Amaſis rückte immer näher heran.

Tachot vernahm mit fieberhaft geſpanntem Gehör,
ohne ſelbſt bemerkt zu werden, Vieles von dem, was unter
ihr geſprochen und verhandelt wurde.

Jetzt, wo man den Verluſt des Königs zu befürchten
hatte, waren Alle, ſelbſt die Prieſter, ſeines Lobes voll.
Da hörte man die Weisheit ſeiner neuen Schöpfungen,
die Umſicht ſeiner Regierung, die Unermüdlichkeit ſeines
Fleißes, die Mäßigung, welche er ſtets gezeigt hatte, und
die Schärfe ſeines Witzes preiſen. „Wie hat ſich der
Wohlſtand Aegyptens unter ſeinem Scepter gehoben!“ ſagte
ein Nomarch. „Welchen Ruhm brachte er unſern Waffen
durch die Eroberung von Kypros und den Krieg mit den
Libyern!“ rief ein Kriegsoberſter. „Wie glänzend ſchmückte
er unſre Tempel, wie hoch wußte er die Göttin von Sais
zu ehren!“ fügte ein Sänger der Neith hinzu. „Wie
herablaſſend und gnädig er war!“ murmelte ein Höfling.
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[116/0126] denſelben ſchon für gerettet. Jn ſeinem Herzen wohnte, trotz der ihn bedrohenden Gefahren, eine wunderbare Zu- friedenheit, er wußte ſelbſt nicht, warum. Jndeſſen war die kranke Königstochter heimgekehrt, hatte ſich des feſtlichen Schmuckes, der ſie beengte, ent- kleiden und mit ihrem Ruhebette auf einen Altan des Schloſſes tragen laſſen, woſelbſt ſie während der heißen Sommertage, von Blattpflanzen 76) und einem zeltartigen Tuche überſchattet, am liebſten verweilte. Sie konnte von dort aus den großen, mit Bäumen bepflanzten Vorhof des Schloſſes überſchauen, welcher heut’ von Prieſtern und Höflingen, ſowie von Befehlshabern des Heeres und der Nomen wimmelte. Aengſtliche Spannung malte ſich in allen Geſichtern, denn die Todesſtunde des Amaſis rückte immer näher heran. Tachot vernahm mit fieberhaft geſpanntem Gehör, ohne ſelbſt bemerkt zu werden, Vieles von dem, was unter ihr geſprochen und verhandelt wurde. Jetzt, wo man den Verluſt des Königs zu befürchten hatte, waren Alle, ſelbſt die Prieſter, ſeines Lobes voll. Da hörte man die Weisheit ſeiner neuen Schöpfungen, die Umſicht ſeiner Regierung, die Unermüdlichkeit ſeines Fleißes, die Mäßigung, welche er ſtets gezeigt hatte, und die Schärfe ſeines Witzes preiſen. „Wie hat ſich der Wohlſtand Aegyptens unter ſeinem Scepter gehoben!“ ſagte ein Nomarch. „Welchen Ruhm brachte er unſern Waffen durch die Eroberung von Kypros und den Krieg mit den Libyern!“ rief ein Kriegsoberſter. „Wie glänzend ſchmückte er unſre Tempel, wie hoch wußte er die Göttin von Sais zu ehren!“ fügte ein Sänger der Neith hinzu. „Wie herablaſſend und gnädig er war!“ murmelte ein Höfling. „Wie geſchickt wußte er Frieden mit den mächtigſten

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/126>, abgerufen am 26.11.2024.