war, nicht, wie gewöhnlich, lügt. Eine von Kolophon kommende Triere brachte nämlich die Nachricht, Dein hoher Bruder, edler Bartja, rüste gegen Amasis."
Am Abend desselben Tages feierten Bartja und Sappho ein Wiedersehen, dessen Glück durch die mit dem Erscheinen des Königssohnes verbundene Ueberraschung so unermeßlich war, daß die Jungfrau in der ersten Stunde keine Worte für ihre Wonne und Dankbarkeit finden konnte. Als sie endlich wieder in jener Akanthus-Laube, welche ihre junge Liebe mit blühenden Zweigen verborgen hatte, allein waren, sank Sappho an das Herz des theuren Wiedergekehrten. Lange sprachen sie kein Wort und sahen weder Mond noch Sterne, die in der lauen Sommernacht ihre stillen, bedeutungsvollen Kreise über ihren Häuptern zogen. Sie hörten nicht das Lied der Nachtigallen, welche, wie damals, ihren geliebten Jtys in flötenden Wechselsängen riefen, sie fühlten nicht den befeuchtenden Thau, den die Nacht auf ihre, wie auf die Häupter der Blumen im Rasen, herniedergoß.
Endlich faßte Bartja beide Hände seiner Braut und schaute sie lange sprachlos an, als wollte er sich das Bild ihrer Züge unauslöschlich einprägen; sie aber blickte schämig zu Boden, als er endlich ausrief:
"Wenn ich von Dir träumte, so schienst Du mir schöner als Alles, was Auramazda erschaffen; jetzt aber find' ich, daß Du selbst meine Träume an Schönheit überbietest!"
Und als sie ihm für diese Worte mit einem leuchten- den Blicke gedankt hatte, -- schlang er nochmals seinen Arm um ihre Hüften, zog sie fester an sich und fragte:
war, nicht, wie gewöhnlich, lügt. Eine von Kolophon kommende Triere brachte nämlich die Nachricht, Dein hoher Bruder, edler Bartja, rüſte gegen Amaſis.“
Am Abend deſſelben Tages feierten Bartja und Sappho ein Wiederſehen, deſſen Glück durch die mit dem Erſcheinen des Königsſohnes verbundene Ueberraſchung ſo unermeßlich war, daß die Jungfrau in der erſten Stunde keine Worte für ihre Wonne und Dankbarkeit finden konnte. Als ſie endlich wieder in jener Akanthus-Laube, welche ihre junge Liebe mit blühenden Zweigen verborgen hatte, allein waren, ſank Sappho an das Herz des theuren Wiedergekehrten. Lange ſprachen ſie kein Wort und ſahen weder Mond noch Sterne, die in der lauen Sommernacht ihre ſtillen, bedeutungsvollen Kreiſe über ihren Häuptern zogen. Sie hörten nicht das Lied der Nachtigallen, welche, wie damals, ihren geliebten Jtys in flötenden Wechſelſängen riefen, ſie fühlten nicht den befeuchtenden Thau, den die Nacht auf ihre, wie auf die Häupter der Blumen im Raſen, herniedergoß.
Endlich faßte Bartja beide Hände ſeiner Braut und ſchaute ſie lange ſprachlos an, als wollte er ſich das Bild ihrer Züge unauslöſchlich einprägen; ſie aber blickte ſchämig zu Boden, als er endlich ausrief:
„Wenn ich von Dir träumte, ſo ſchienſt Du mir ſchöner als Alles, was Auramazda erſchaffen; jetzt aber find’ ich, daß Du ſelbſt meine Träume an Schönheit überbieteſt!“
Und als ſie ihm für dieſe Worte mit einem leuchten- den Blicke gedankt hatte, — ſchlang er nochmals ſeinen Arm um ihre Hüften, zog ſie feſter an ſich und fragte:
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war, nicht, wie gewöhnlich, lügt. Eine von Kolophon
kommende Triere brachte nämlich die Nachricht, Dein hoher
Bruder, edler Bartja, rüſte gegen Amaſis.“
Am Abend deſſelben Tages feierten Bartja und
Sappho ein Wiederſehen, deſſen Glück durch die mit dem
Erſcheinen des Königsſohnes verbundene Ueberraſchung ſo
unermeßlich war, daß die Jungfrau in der erſten Stunde
keine Worte für ihre Wonne und Dankbarkeit finden
konnte. Als ſie endlich wieder in jener Akanthus-Laube,
welche ihre junge Liebe mit blühenden Zweigen verborgen
hatte, allein waren, ſank Sappho an das Herz des theuren
Wiedergekehrten. Lange ſprachen ſie kein Wort und ſahen
weder Mond noch Sterne, die in der lauen Sommernacht
ihre ſtillen, bedeutungsvollen Kreiſe über ihren Häuptern
zogen. Sie hörten nicht das Lied der Nachtigallen,
welche, wie damals, ihren geliebten Jtys in flötenden
Wechſelſängen riefen, ſie fühlten nicht den befeuchtenden
Thau, den die Nacht auf ihre, wie auf die Häupter der
Blumen im Raſen, herniedergoß.
Endlich faßte Bartja beide Hände ſeiner Braut und
ſchaute ſie lange ſprachlos an, als wollte er ſich das Bild
ihrer Züge unauslöſchlich einprägen; ſie aber blickte ſchämig
zu Boden, als er endlich ausrief:
„Wenn ich von Dir träumte, ſo ſchienſt Du mir
ſchöner als Alles, was Auramazda erſchaffen; jetzt aber
find’ ich, daß Du ſelbſt meine Träume an Schönheit
überbieteſt!“
Und als ſie ihm für dieſe Worte mit einem leuchten-
den Blicke gedankt hatte, — ſchlang er nochmals ſeinen
Arm um ihre Hüften, zog ſie feſter an ſich und fragte:
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/101>, abgerufen am 20.07.2024.
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