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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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die Aegypterin soll, wohl bewacht, auf den hängenden
Gärten bleiben!"

Der Athener verneigte sich ehrerbietig, als wenn er
sagen wollte: "Nur Dir steht es zu, an dieser Stelle zu
befehlen."

Der König betrachtete ihn mit Wohlgefallen und setzte
sich wiederum auf den purpurnen Diwan. -- Sinnend
stützte er seine Stirn mit der Hand und schaute zu Boden.
Das Bild der einst so innig Geliebten trat, nicht zu bannen,
immer greifbarer vor seine Seele, und der Gedanke, daß
diese Züge nicht zu täuschen vermöchten, daß Nitetis den-
noch unschuldig sein könnte, faßte immer festeren Fuß in
seinem der Hoffnung neu geöffneten Herzen. Wenn Bartja
freigesprochen werden konnte, dann war auch jeder andre
Jrrthum denkbar; -- dann wollte er selbst auf die hängen-
den Gärten gehn, ihre Hand ergreifen und ihre Verthei-
digung anhören. Hat die Liebe einen reifen Mann erfaßt
und durchdrungen, so schlingt sie sich, wie die Blutadern,
durch sein ganzes Wesen, und kann nur mit seinem Leben
vernichtet werden.

Als Krösus in das Zimmer trat, erwachte Kambyses
aus seinen Träumen, hob den Greis, der sich ihm zu
Füßen geworfen hatte, freundlich auf und sagte: "Du hast
Dich an mir vergangen; ich aber will Gnade üben, weil
ich der letzten Worte meines sterbenden Vaters gedenke,
der mir befahl, Dich als Rathgeber und Freund hoch zu
halten. Nimm Dein Leben aus meiner Hand zurück und
vergiß meinen Zorn, wie ich Deine Unehrerbietigkeit ver-
gessen will. Laß Dir jetzt von jenem Manne, der Dich
zu kennen behauptet, mittheilen, was er vermuthet. Es
verlangt mich darnach, auch Deine Ansicht zu hören."

Krösus wandte sich, tief bewegt, dem Athener zu und

die Aegypterin ſoll, wohl bewacht, auf den hängenden
Gärten bleiben!“

Der Athener verneigte ſich ehrerbietig, als wenn er
ſagen wollte: „Nur Dir ſteht es zu, an dieſer Stelle zu
befehlen.“

Der König betrachtete ihn mit Wohlgefallen und ſetzte
ſich wiederum auf den purpurnen Diwan. — Sinnend
ſtützte er ſeine Stirn mit der Hand und ſchaute zu Boden.
Das Bild der einſt ſo innig Geliebten trat, nicht zu bannen,
immer greifbarer vor ſeine Seele, und der Gedanke, daß
dieſe Züge nicht zu täuſchen vermöchten, daß Nitetis den-
noch unſchuldig ſein könnte, faßte immer feſteren Fuß in
ſeinem der Hoffnung neu geöffneten Herzen. Wenn Bartja
freigeſprochen werden konnte, dann war auch jeder andre
Jrrthum denkbar; — dann wollte er ſelbſt auf die hängen-
den Gärten gehn, ihre Hand ergreifen und ihre Verthei-
digung anhören. Hat die Liebe einen reifen Mann erfaßt
und durchdrungen, ſo ſchlingt ſie ſich, wie die Blutadern,
durch ſein ganzes Weſen, und kann nur mit ſeinem Leben
vernichtet werden.

Als Kröſus in das Zimmer trat, erwachte Kambyſes
aus ſeinen Träumen, hob den Greis, der ſich ihm zu
Füßen geworfen hatte, freundlich auf und ſagte: „Du haſt
Dich an mir vergangen; ich aber will Gnade üben, weil
ich der letzten Worte meines ſterbenden Vaters gedenke,
der mir befahl, Dich als Rathgeber und Freund hoch zu
halten. Nimm Dein Leben aus meiner Hand zurück und
vergiß meinen Zorn, wie ich Deine Unehrerbietigkeit ver-
geſſen will. Laß Dir jetzt von jenem Manne, der Dich
zu kennen behauptet, mittheilen, was er vermuthet. Es
verlangt mich darnach, auch Deine Anſicht zu hören.“

Kröſus wandte ſich, tief bewegt, dem Athener zu und

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[220/0222] die Aegypterin ſoll, wohl bewacht, auf den hängenden Gärten bleiben!“ Der Athener verneigte ſich ehrerbietig, als wenn er ſagen wollte: „Nur Dir ſteht es zu, an dieſer Stelle zu befehlen.“ Der König betrachtete ihn mit Wohlgefallen und ſetzte ſich wiederum auf den purpurnen Diwan. — Sinnend ſtützte er ſeine Stirn mit der Hand und ſchaute zu Boden. Das Bild der einſt ſo innig Geliebten trat, nicht zu bannen, immer greifbarer vor ſeine Seele, und der Gedanke, daß dieſe Züge nicht zu täuſchen vermöchten, daß Nitetis den- noch unſchuldig ſein könnte, faßte immer feſteren Fuß in ſeinem der Hoffnung neu geöffneten Herzen. Wenn Bartja freigeſprochen werden konnte, dann war auch jeder andre Jrrthum denkbar; — dann wollte er ſelbſt auf die hängen- den Gärten gehn, ihre Hand ergreifen und ihre Verthei- digung anhören. Hat die Liebe einen reifen Mann erfaßt und durchdrungen, ſo ſchlingt ſie ſich, wie die Blutadern, durch ſein ganzes Weſen, und kann nur mit ſeinem Leben vernichtet werden. Als Kröſus in das Zimmer trat, erwachte Kambyſes aus ſeinen Träumen, hob den Greis, der ſich ihm zu Füßen geworfen hatte, freundlich auf und ſagte: „Du haſt Dich an mir vergangen; ich aber will Gnade üben, weil ich der letzten Worte meines ſterbenden Vaters gedenke, der mir befahl, Dich als Rathgeber und Freund hoch zu halten. Nimm Dein Leben aus meiner Hand zurück und vergiß meinen Zorn, wie ich Deine Unehrerbietigkeit ver- geſſen will. Laß Dir jetzt von jenem Manne, der Dich zu kennen behauptet, mittheilen, was er vermuthet. Es verlangt mich darnach, auch Deine Anſicht zu hören.“ Kröſus wandte ſich, tief bewegt, dem Athener zu und

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/222>, abgerufen am 04.12.2024.