uns zum Schmause und läßt uns, Geheimnisse auskramend, ohne Wirth dasitzen!"
"Wir kommen, wir kommen!" rief dieser als Ant- wort zurück. Dann ergriff er die Hand des Darius, drückte dieselbe und sagte: "Deine Liebe zu Atossa macht mich unendlich glücklich. Jch bleibe bis übermorgen hier, wenn mich auch die Sterne mit allen Gefahren der Welt bedrohen! Morgen ergründe ich Atossas Herz und erst, wenn Alles im rechten Geleise ist, ziehe ich fort, um mei- nem geflügelten Darius zu überlassen, sein Ziel mit eig- nen Kräften zu erreichen."
Mit diesen Worten ging Bartja der Laube zu, wäh- rend sein Freund von Neuem gen Himmel schaute. Je länger er in die Sterne sah, desto finstrer wurde sein Antlitz. Als der Tistarstern unterging, murmelte er: "Armer Bartja!" Die Freunde riefen ihm, und er wollte soeben zu denselben zurückkehren, als er eines neuen Sternes an- sichtig wurde, dessen Stellung er mit Aufmerksamkeit mu- sterte. Der Ernst seiner Züge verwandelte sich in ein triumphirendes Lächeln, seine hohe Gestalt schien zu wach- sen, seine Hand preßte sich auf sein Herz, und mit den leise geflüsterten Worten: "Geflügelter Darius, brauche Deine Schwingen; Dein Stern wird Dir zur Seite stehen!" begab er sich zu den harrenden Freunden.
Kurze Zeit darauf näherte sich Krösus der Laube. Die Jünglinge sprangen von ihren Sitzen, um den Greis zu bewillkommen, welcher, wie vom Blitze getroffen, stehen blieb, als er Bartja's vom hellen Mondlicht beschienenes Antlitz erkannte.
"Was ist Dir begegnet, Vater?" fragte Gyges, in- dem er die Hand des Krösus voller Besorgniß ergriff.
"Nichts, nichts," stammelte dieser kaum hörbar,
uns zum Schmauſe und läßt uns, Geheimniſſe auskramend, ohne Wirth daſitzen!“
„Wir kommen, wir kommen!“ rief dieſer als Ant- wort zurück. Dann ergriff er die Hand des Darius, drückte dieſelbe und ſagte: „Deine Liebe zu Atoſſa macht mich unendlich glücklich. Jch bleibe bis übermorgen hier, wenn mich auch die Sterne mit allen Gefahren der Welt bedrohen! Morgen ergründe ich Atoſſas Herz und erſt, wenn Alles im rechten Geleiſe iſt, ziehe ich fort, um mei- nem geflügelten Darius zu überlaſſen, ſein Ziel mit eig- nen Kräften zu erreichen.“
Mit dieſen Worten ging Bartja der Laube zu, wäh- rend ſein Freund von Neuem gen Himmel ſchaute. Je länger er in die Sterne ſah, deſto finſtrer wurde ſein Antlitz. Als der Tiſtarſtern unterging, murmelte er: „Armer Bartja!“ Die Freunde riefen ihm, und er wollte ſoeben zu denſelben zurückkehren, als er eines neuen Sternes an- ſichtig wurde, deſſen Stellung er mit Aufmerkſamkeit mu- ſterte. Der Ernſt ſeiner Züge verwandelte ſich in ein triumphirendes Lächeln, ſeine hohe Geſtalt ſchien zu wach- ſen, ſeine Hand preßte ſich auf ſein Herz, und mit den leiſe geflüſterten Worten: „Geflügelter Darius, brauche Deine Schwingen; Dein Stern wird Dir zur Seite ſtehen!“ begab er ſich zu den harrenden Freunden.
Kurze Zeit darauf näherte ſich Kröſus der Laube. Die Jünglinge ſprangen von ihren Sitzen, um den Greis zu bewillkommen, welcher, wie vom Blitze getroffen, ſtehen blieb, als er Bartja’s vom hellen Mondlicht beſchienenes Antlitz erkannte.
„Was iſt Dir begegnet, Vater?“ fragte Gyges, in- dem er die Hand des Kröſus voller Beſorgniß ergriff.
„Nichts, nichts,“ ſtammelte dieſer kaum hörbar,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0155"n="153"/>
uns zum Schmauſe und läßt uns, Geheimniſſe auskramend,<lb/>
ohne Wirth daſitzen!“</p><lb/><p>„Wir kommen, wir kommen!“ rief dieſer als Ant-<lb/>
wort zurück. Dann ergriff er die Hand des Darius,<lb/>
drückte dieſelbe und ſagte: „Deine Liebe zu Atoſſa macht<lb/>
mich unendlich glücklich. Jch bleibe bis übermorgen hier,<lb/>
wenn mich auch die Sterne mit allen Gefahren der Welt<lb/>
bedrohen! Morgen ergründe ich Atoſſas Herz und erſt,<lb/>
wenn Alles im rechten Geleiſe iſt, ziehe ich fort, um mei-<lb/>
nem geflügelten Darius zu überlaſſen, ſein Ziel mit eig-<lb/>
nen Kräften zu erreichen.“</p><lb/><p>Mit dieſen Worten ging Bartja der Laube zu, wäh-<lb/>
rend ſein Freund von Neuem gen Himmel ſchaute. Je<lb/>
länger er in die Sterne ſah, deſto finſtrer wurde ſein Antlitz.<lb/>
Als der Tiſtarſtern unterging, murmelte er: „Armer<lb/>
Bartja!“ Die Freunde riefen ihm, und er wollte ſoeben<lb/>
zu denſelben zurückkehren, als er eines neuen Sternes an-<lb/>ſichtig wurde, deſſen Stellung er mit Aufmerkſamkeit mu-<lb/>ſterte. Der Ernſt ſeiner Züge verwandelte ſich in ein<lb/>
triumphirendes Lächeln, ſeine hohe Geſtalt ſchien zu wach-<lb/>ſen, ſeine Hand preßte ſich auf ſein Herz, und mit den<lb/>
leiſe geflüſterten Worten: „Geflügelter Darius, brauche<lb/>
Deine Schwingen; Dein Stern wird Dir zur Seite ſtehen!“<lb/>
begab er ſich zu den harrenden Freunden.</p><lb/><p>Kurze Zeit darauf näherte ſich Kröſus der Laube.<lb/>
Die Jünglinge ſprangen von ihren Sitzen, um den Greis<lb/>
zu bewillkommen, welcher, wie vom Blitze getroffen, ſtehen<lb/>
blieb, als er Bartja’s vom hellen Mondlicht beſchienenes<lb/>
Antlitz erkannte.</p><lb/><p>„Was iſt Dir begegnet, Vater?“ fragte Gyges, in-<lb/>
dem er die Hand des Kröſus voller Beſorgniß ergriff.</p><lb/><p>„Nichts, nichts,“ſtammelte dieſer kaum hörbar,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[153/0155]
uns zum Schmauſe und läßt uns, Geheimniſſe auskramend,
ohne Wirth daſitzen!“
„Wir kommen, wir kommen!“ rief dieſer als Ant-
wort zurück. Dann ergriff er die Hand des Darius,
drückte dieſelbe und ſagte: „Deine Liebe zu Atoſſa macht
mich unendlich glücklich. Jch bleibe bis übermorgen hier,
wenn mich auch die Sterne mit allen Gefahren der Welt
bedrohen! Morgen ergründe ich Atoſſas Herz und erſt,
wenn Alles im rechten Geleiſe iſt, ziehe ich fort, um mei-
nem geflügelten Darius zu überlaſſen, ſein Ziel mit eig-
nen Kräften zu erreichen.“
Mit dieſen Worten ging Bartja der Laube zu, wäh-
rend ſein Freund von Neuem gen Himmel ſchaute. Je
länger er in die Sterne ſah, deſto finſtrer wurde ſein Antlitz.
Als der Tiſtarſtern unterging, murmelte er: „Armer
Bartja!“ Die Freunde riefen ihm, und er wollte ſoeben
zu denſelben zurückkehren, als er eines neuen Sternes an-
ſichtig wurde, deſſen Stellung er mit Aufmerkſamkeit mu-
ſterte. Der Ernſt ſeiner Züge verwandelte ſich in ein
triumphirendes Lächeln, ſeine hohe Geſtalt ſchien zu wach-
ſen, ſeine Hand preßte ſich auf ſein Herz, und mit den
leiſe geflüſterten Worten: „Geflügelter Darius, brauche
Deine Schwingen; Dein Stern wird Dir zur Seite ſtehen!“
begab er ſich zu den harrenden Freunden.
Kurze Zeit darauf näherte ſich Kröſus der Laube.
Die Jünglinge ſprangen von ihren Sitzen, um den Greis
zu bewillkommen, welcher, wie vom Blitze getroffen, ſtehen
blieb, als er Bartja’s vom hellen Mondlicht beſchienenes
Antlitz erkannte.
„Was iſt Dir begegnet, Vater?“ fragte Gyges, in-
dem er die Hand des Kröſus voller Beſorgniß ergriff.
„Nichts, nichts,“ ſtammelte dieſer kaum hörbar,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/155>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.