Grimm, welchen die Erniedrigung ihrer Tochter und En- kelin in ihnen erweckte, und manches Achämeniden Auge sah mit hoher Theilnahme auf die unglückliche Phädyme, mit stillem Groll auf die bevorzugte, schöne Fremde.
Alle Ceremonieen waren beendet und die Schmauserei 88) begann. -- Vor dem Könige lag in einem goldnen Korbe, von andern Früchten zierlich umgeben, ein riesiger Gra- natapfel in der Größe eines Kinderkopfes 89).
Jetzt erst bemerkte er denselben, musterte die Schön- heit der seltnen, ungeheueren Frucht mit Kennerblicken und fragte: "Wer hat diesen wunderbaren Apfel gezogen?"
"Dein Knecht Oropastes," antwortete der Oberste der Magier, sich tief verbeugend. "Seit vielen Jahren treibe ich die Gärtnerkunst und habe es gewagt, in dieser herr- lichen Frucht den schönsten Erfolg meiner Mühen zu Dei- nen Füßen niederzulegen."
"Jch danke Dir!" rief der König, "denn, meine Freunde, dieser Granatapfel wird mir die Wahl eines Statthalters erleichtern, wenn wir in den Krieg ziehen. Beim Mithra, wer einen kleinen Baum so sorgsam zu pflegen versteht, der wird auch in großen Dingen tüchtig sein! Welch' eine Frucht! Wer sah ihresgleichen. Noch einmal danke ich Dir, Oropastes, und weil der Dank des Königs nicht in Worten allein bestehen darf, so ernenne ich Dich heute schon, für den Fall eines Krieges, zum Statt- halter des gesammten Reichs. -- Ja, meine Freunde, wir werden nicht mehr lange in träger Ruhe unsre Zeit ver- träumen. Der Perser verliert seine Fröhlichkeit ohne die Lust des Krieges!"
Ein Murmeln des Beifalls zog durch die Reihen der Achämeniden. "Sieg dem Könige!" erklang es von Neuem.
Grimm, welchen die Erniedrigung ihrer Tochter und En- kelin in ihnen erweckte, und manches Achämeniden Auge ſah mit hoher Theilnahme auf die unglückliche Phädyme, mit ſtillem Groll auf die bevorzugte, ſchöne Fremde.
Alle Ceremonieen waren beendet und die Schmauſerei 88) begann. — Vor dem Könige lag in einem goldnen Korbe, von andern Früchten zierlich umgeben, ein rieſiger Gra- natapfel in der Größe eines Kinderkopfes 89).
Jetzt erſt bemerkte er denſelben, muſterte die Schön- heit der ſeltnen, ungeheueren Frucht mit Kennerblicken und fragte: „Wer hat dieſen wunderbaren Apfel gezogen?“
„Dein Knecht Oropaſtes,“ antwortete der Oberſte der Magier, ſich tief verbeugend. „Seit vielen Jahren treibe ich die Gärtnerkunſt und habe es gewagt, in dieſer herr- lichen Frucht den ſchönſten Erfolg meiner Mühen zu Dei- nen Füßen niederzulegen.“
„Jch danke Dir!“ rief der König, „denn, meine Freunde, dieſer Granatapfel wird mir die Wahl eines Statthalters erleichtern, wenn wir in den Krieg ziehen. Beim Mithra, wer einen kleinen Baum ſo ſorgſam zu pflegen verſteht, der wird auch in großen Dingen tüchtig ſein! Welch’ eine Frucht! Wer ſah ihresgleichen. Noch einmal danke ich Dir, Oropaſtes, und weil der Dank des Königs nicht in Worten allein beſtehen darf, ſo ernenne ich Dich heute ſchon, für den Fall eines Krieges, zum Statt- halter des geſammten Reichs. — Ja, meine Freunde, wir werden nicht mehr lange in träger Ruhe unſre Zeit ver- träumen. Der Perſer verliert ſeine Fröhlichkeit ohne die Luſt des Krieges!“
Ein Murmeln des Beifalls zog durch die Reihen der Achämeniden. „Sieg dem Könige!“ erklang es von Neuem.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0123"n="121"/>
Grimm, welchen die Erniedrigung ihrer Tochter und En-<lb/>
kelin in ihnen erweckte, und manches Achämeniden Auge<lb/>ſah mit hoher Theilnahme auf die unglückliche Phädyme,<lb/>
mit ſtillem Groll auf die bevorzugte, ſchöne Fremde.</p><lb/><p>Alle Ceremonieen waren beendet und die Schmauſerei <hirendition="#sup">88</hi>)<lb/>
begann. — Vor dem Könige lag in einem goldnen Korbe,<lb/>
von andern Früchten zierlich umgeben, ein rieſiger Gra-<lb/>
natapfel in der Größe eines Kinderkopfes <hirendition="#sup">89</hi>).</p><lb/><p>Jetzt erſt bemerkte er denſelben, muſterte die Schön-<lb/>
heit der ſeltnen, ungeheueren Frucht mit Kennerblicken und<lb/>
fragte: „Wer hat dieſen wunderbaren Apfel gezogen?“</p><lb/><p>„Dein Knecht Oropaſtes,“ antwortete der Oberſte der<lb/>
Magier, ſich tief verbeugend. „Seit vielen Jahren treibe<lb/>
ich die Gärtnerkunſt und habe es gewagt, in dieſer herr-<lb/>
lichen Frucht den ſchönſten Erfolg meiner Mühen zu Dei-<lb/>
nen Füßen niederzulegen.“</p><lb/><p>„Jch danke Dir!“ rief der König, „denn, meine<lb/>
Freunde, dieſer Granatapfel wird mir die Wahl eines<lb/>
Statthalters erleichtern, wenn wir in den Krieg ziehen.<lb/>
Beim Mithra, wer einen kleinen Baum ſo ſorgſam zu<lb/>
pflegen verſteht, der wird auch in großen Dingen tüchtig<lb/>ſein! Welch’ eine Frucht! Wer ſah ihresgleichen. Noch<lb/>
einmal danke ich Dir, Oropaſtes, und weil der Dank des<lb/>
Königs nicht in Worten allein beſtehen darf, ſo ernenne<lb/>
ich Dich heute ſchon, für den Fall eines Krieges, zum Statt-<lb/>
halter des geſammten Reichs. — Ja, meine Freunde, wir<lb/>
werden nicht mehr lange in träger Ruhe unſre Zeit ver-<lb/>
träumen. Der Perſer verliert ſeine Fröhlichkeit ohne die<lb/>
Luſt des Krieges!“</p><lb/><p>Ein Murmeln des Beifalls zog durch die Reihen<lb/>
der Achämeniden. „Sieg dem Könige!“ erklang es von<lb/>
Neuem.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[121/0123]
Grimm, welchen die Erniedrigung ihrer Tochter und En-
kelin in ihnen erweckte, und manches Achämeniden Auge
ſah mit hoher Theilnahme auf die unglückliche Phädyme,
mit ſtillem Groll auf die bevorzugte, ſchöne Fremde.
Alle Ceremonieen waren beendet und die Schmauſerei 88)
begann. — Vor dem Könige lag in einem goldnen Korbe,
von andern Früchten zierlich umgeben, ein rieſiger Gra-
natapfel in der Größe eines Kinderkopfes 89).
Jetzt erſt bemerkte er denſelben, muſterte die Schön-
heit der ſeltnen, ungeheueren Frucht mit Kennerblicken und
fragte: „Wer hat dieſen wunderbaren Apfel gezogen?“
„Dein Knecht Oropaſtes,“ antwortete der Oberſte der
Magier, ſich tief verbeugend. „Seit vielen Jahren treibe
ich die Gärtnerkunſt und habe es gewagt, in dieſer herr-
lichen Frucht den ſchönſten Erfolg meiner Mühen zu Dei-
nen Füßen niederzulegen.“
„Jch danke Dir!“ rief der König, „denn, meine
Freunde, dieſer Granatapfel wird mir die Wahl eines
Statthalters erleichtern, wenn wir in den Krieg ziehen.
Beim Mithra, wer einen kleinen Baum ſo ſorgſam zu
pflegen verſteht, der wird auch in großen Dingen tüchtig
ſein! Welch’ eine Frucht! Wer ſah ihresgleichen. Noch
einmal danke ich Dir, Oropaſtes, und weil der Dank des
Königs nicht in Worten allein beſtehen darf, ſo ernenne
ich Dich heute ſchon, für den Fall eines Krieges, zum Statt-
halter des geſammten Reichs. — Ja, meine Freunde, wir
werden nicht mehr lange in träger Ruhe unſre Zeit ver-
träumen. Der Perſer verliert ſeine Fröhlichkeit ohne die
Luſt des Krieges!“
Ein Murmeln des Beifalls zog durch die Reihen
der Achämeniden. „Sieg dem Könige!“ erklang es von
Neuem.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/123>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.