Der oberste Tafeldecker ging den eintretenden Gästen entgegen und wies denselben, unterstützt von einigen andern edlen Stabträgern *), ihre Plätze an.
Als sich Alle niedergelassen hatten, verkündete eine Trompetenfanfare das Nahen des Königs. Sobald der- selbe die Halle betrat, erhoben sich die Gäste und empfin- gen ihren Herrscher mit dem donnernden oft wiederholten Rufe: "Sieg dem König!"
Ein sardischer Purpurteppich, welchen er und Kassan- dane allein betreten durften, bezeichnete den Weg zu sei- nem Platze. Die blinde Mutter des Königs ging, geführt von Krösus, ihrem Sohne voran und nahm einen Thron an der Spitze der Tafel ein, welcher höher war als der goldne Sessel der Kambyses 86), der neben dem ihren stand. -- Zur Linken des Herrschers nahmen die rechtmäßigen Weiber Platz; Nitetis saß neben ihm, neben dieser Atossa, neben Atossa die schlicht gekleidete, bleich gefärbte Phädyme, und neben der letzten Gattin des Königs der Eunuch Bo- ges. Dann kam der Oberpriester Oropastes, einige an-
*) Kammerherrn oder Ceremonienmeister.
Sechstes Kapitel.
Der oberſte Tafeldecker ging den eintretenden Gäſten entgegen und wies denſelben, unterſtützt von einigen andern edlen Stabträgern *), ihre Plätze an.
Als ſich Alle niedergelaſſen hatten, verkündete eine Trompetenfanfare das Nahen des Königs. Sobald der- ſelbe die Halle betrat, erhoben ſich die Gäſte und empfin- gen ihren Herrſcher mit dem donnernden oft wiederholten Rufe: „Sieg dem König!“
Ein ſardiſcher Purpurteppich, welchen er und Kaſſan- dane allein betreten durften, bezeichnete den Weg zu ſei- nem Platze. Die blinde Mutter des Königs ging, geführt von Kröſus, ihrem Sohne voran und nahm einen Thron an der Spitze der Tafel ein, welcher höher war als der goldne Seſſel der Kambyſes 86), der neben dem ihren ſtand. — Zur Linken des Herrſchers nahmen die rechtmäßigen Weiber Platz; Nitetis ſaß neben ihm, neben dieſer Atoſſa, neben Atoſſa die ſchlicht gekleidete, bleich gefärbte Phädyme, und neben der letzten Gattin des Königs der Eunuch Bo- ges. Dann kam der Oberprieſter Oropaſtes, einige an-
*) Kammerherrn oder Ceremonienmeiſter.
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[[117]/0119]
Sechstes Kapitel.
Der oberſte Tafeldecker ging den eintretenden Gäſten
entgegen und wies denſelben, unterſtützt von einigen andern
edlen Stabträgern *), ihre Plätze an.
Als ſich Alle niedergelaſſen hatten, verkündete eine
Trompetenfanfare das Nahen des Königs. Sobald der-
ſelbe die Halle betrat, erhoben ſich die Gäſte und empfin-
gen ihren Herrſcher mit dem donnernden oft wiederholten
Rufe: „Sieg dem König!“
Ein ſardiſcher Purpurteppich, welchen er und Kaſſan-
dane allein betreten durften, bezeichnete den Weg zu ſei-
nem Platze. Die blinde Mutter des Königs ging, geführt
von Kröſus, ihrem Sohne voran und nahm einen Thron
an der Spitze der Tafel ein, welcher höher war als der
goldne Seſſel der Kambyſes 86), der neben dem ihren ſtand.
— Zur Linken des Herrſchers nahmen die rechtmäßigen
Weiber Platz; Nitetis ſaß neben ihm, neben dieſer Atoſſa,
neben Atoſſa die ſchlicht gekleidete, bleich gefärbte Phädyme,
und neben der letzten Gattin des Königs der Eunuch Bo-
ges. Dann kam der Oberprieſter Oropaſtes, einige an-
*) Kammerherrn oder Ceremonienmeiſter.
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. [117]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/119>, abgerufen am 22.07.2024.
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