Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

"Das Zeichen, um welches ich Gaumata ersuchte. Jch
wußte wohl, daß Du mir nicht trauen würdest. Wer hätte
schon gesehen, daß der Gefangene seinen Wächter liebt?"

"Schnell, schnell sage mir, was mein Gespiele von
mir verlangt! Sieh nur, dort drüben im Westen röthet
sich schon der Himmel. Es wird Abend und ich muß die
Herrin zum Feste schmücken."

"Jch will mich beeilen, und wenn Du nicht glauben
magst, daß ich aus Freundschaft zu Dir mich einer Gefahr
aussetze, so nimm an, daß ich Eurer Liebe helfe, um den
Stolz jenes Oropastes zu demüthigen, welcher mich aus
der Gunst des Königs zu verdrängen droht. Du sollst und
mußt, trotz aller Ränke des Obersten der Magier, die Gat-
tin Deines Gaumata werden, so wahr ich Boges heiße!
Morgen Abend, nach dem Aufgange des Tistarsterns 78),
wird Dein Liebster Dich besuchen. Jch werde alle Wäch-
ter zu entfernen wissen, damit derselbe ungefährdet zu Dir
kommen und eine Stunde, aber hörst Du, nur eine Stunde,
bei Dir bleiben und alles Weitere mit Dir verabreden
kann. Deine Herrin wird, ich weiß es bestimmt, die Lieb-
lingsgemahlin des Kambyses werden. Später leistet sie
zu Deiner Ehe mit Gaumata hülfreiche Hand, denn sie
liebt Dich und kennt kein Lob, welches ihr für Deine Treue
und Geschicklichkeit zu hoch erschiene. Morgen Abend, wenn
der Tistarstern aufgeht, beginnt die Sonne Deines Glücks
zu scheinen. Du schlägst die Augen nieder und schweigst?
Die Dankbarkeit verschließt Dein kleines Mündchen! He?
Hab ich Recht? Jch bitte Dich, Täubchen, sei weniger
stumm, wenn es einmal gelten sollte, des armen Boges
vor Deiner mächtigen Herrin lobend zu erwähnen! Soll
ich den schönen Gaumata grüßen? Darf ich ihm sagen,
daß Du ihn nicht vergessen hast und ihn freudig erwartest?

„Das Zeichen, um welches ich Gaumata erſuchte. Jch
wußte wohl, daß Du mir nicht trauen würdeſt. Wer hätte
ſchon geſehen, daß der Gefangene ſeinen Wächter liebt?“

„Schnell, ſchnell ſage mir, was mein Geſpiele von
mir verlangt! Sieh nur, dort drüben im Weſten röthet
ſich ſchon der Himmel. Es wird Abend und ich muß die
Herrin zum Feſte ſchmücken.“

„Jch will mich beeilen, und wenn Du nicht glauben
magſt, daß ich aus Freundſchaft zu Dir mich einer Gefahr
ausſetze, ſo nimm an, daß ich Eurer Liebe helfe, um den
Stolz jenes Oropaſtes zu demüthigen, welcher mich aus
der Gunſt des Königs zu verdrängen droht. Du ſollſt und
mußt, trotz aller Ränke des Oberſten der Magier, die Gat-
tin Deines Gaumata werden, ſo wahr ich Boges heiße!
Morgen Abend, nach dem Aufgange des Tiſtarſterns 78),
wird Dein Liebſter Dich beſuchen. Jch werde alle Wäch-
ter zu entfernen wiſſen, damit derſelbe ungefährdet zu Dir
kommen und eine Stunde, aber hörſt Du, nur eine Stunde,
bei Dir bleiben und alles Weitere mit Dir verabreden
kann. Deine Herrin wird, ich weiß es beſtimmt, die Lieb-
lingsgemahlin des Kambyſes werden. Später leiſtet ſie
zu Deiner Ehe mit Gaumata hülfreiche Hand, denn ſie
liebt Dich und kennt kein Lob, welches ihr für Deine Treue
und Geſchicklichkeit zu hoch erſchiene. Morgen Abend, wenn
der Tiſtarſtern aufgeht, beginnt die Sonne Deines Glücks
zu ſcheinen. Du ſchlägſt die Augen nieder und ſchweigſt?
Die Dankbarkeit verſchließt Dein kleines Mündchen! He?
Hab ich Recht? Jch bitte Dich, Täubchen, ſei weniger
ſtumm, wenn es einmal gelten ſollte, des armen Boges
vor Deiner mächtigen Herrin lobend zu erwähnen! Soll
ich den ſchönen Gaumata grüßen? Darf ich ihm ſagen,
daß Du ihn nicht vergeſſen haſt und ihn freudig erwarteſt?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0105" n="103"/>
        <p>&#x201E;Das Zeichen, um welches ich Gaumata er&#x017F;uchte. Jch<lb/>
wußte wohl, daß Du mir nicht trauen würde&#x017F;t. Wer hätte<lb/>
&#x017F;chon ge&#x017F;ehen, daß der Gefangene &#x017F;einen Wächter liebt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Schnell, &#x017F;chnell &#x017F;age mir, was mein Ge&#x017F;piele von<lb/>
mir verlangt! Sieh nur, dort drüben im We&#x017F;ten röthet<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chon der Himmel. Es wird Abend und ich muß die<lb/>
Herrin zum Fe&#x017F;te &#x017F;chmücken.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch will mich beeilen, und wenn Du nicht glauben<lb/>
mag&#x017F;t, daß ich aus Freund&#x017F;chaft zu Dir mich einer Gefahr<lb/>
aus&#x017F;etze, &#x017F;o nimm an, daß ich Eurer Liebe helfe, um den<lb/>
Stolz jenes Oropa&#x017F;tes zu demüthigen, welcher mich aus<lb/>
der Gun&#x017F;t des Königs zu verdrängen droht. Du &#x017F;oll&#x017F;t und<lb/>
mußt, trotz aller Ränke des Ober&#x017F;ten der Magier, die Gat-<lb/>
tin Deines Gaumata werden, &#x017F;o wahr ich Boges heiße!<lb/>
Morgen Abend, nach dem Aufgange des Ti&#x017F;tar&#x017F;terns <hi rendition="#sup">78</hi>),<lb/>
wird Dein Lieb&#x017F;ter Dich be&#x017F;uchen. Jch werde alle Wäch-<lb/>
ter zu entfernen wi&#x017F;&#x017F;en, damit der&#x017F;elbe ungefährdet zu Dir<lb/>
kommen und eine Stunde, aber hör&#x017F;t Du, nur eine Stunde,<lb/>
bei Dir bleiben und alles Weitere mit Dir verabreden<lb/>
kann. Deine Herrin wird, ich weiß es be&#x017F;timmt, die Lieb-<lb/>
lingsgemahlin des Kamby&#x017F;es werden. Später lei&#x017F;tet &#x017F;ie<lb/>
zu Deiner Ehe mit Gaumata hülfreiche Hand, denn &#x017F;ie<lb/>
liebt Dich und kennt kein Lob, welches ihr für Deine Treue<lb/>
und Ge&#x017F;chicklichkeit zu hoch er&#x017F;chiene. Morgen Abend, wenn<lb/>
der Ti&#x017F;tar&#x017F;tern aufgeht, beginnt die Sonne Deines Glücks<lb/>
zu &#x017F;cheinen. Du &#x017F;chläg&#x017F;t die Augen nieder und &#x017F;chweig&#x017F;t?<lb/>
Die Dankbarkeit ver&#x017F;chließt Dein kleines Mündchen! He?<lb/>
Hab ich Recht? Jch bitte Dich, Täubchen, &#x017F;ei weniger<lb/>
&#x017F;tumm, wenn es einmal gelten &#x017F;ollte, des armen Boges<lb/>
vor Deiner mächtigen Herrin lobend zu erwähnen! Soll<lb/>
ich den &#x017F;chönen Gaumata grüßen? Darf ich ihm &#x017F;agen,<lb/>
daß Du ihn nicht verge&#x017F;&#x017F;en ha&#x017F;t und ihn freudig erwarte&#x017F;t?<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0105] „Das Zeichen, um welches ich Gaumata erſuchte. Jch wußte wohl, daß Du mir nicht trauen würdeſt. Wer hätte ſchon geſehen, daß der Gefangene ſeinen Wächter liebt?“ „Schnell, ſchnell ſage mir, was mein Geſpiele von mir verlangt! Sieh nur, dort drüben im Weſten röthet ſich ſchon der Himmel. Es wird Abend und ich muß die Herrin zum Feſte ſchmücken.“ „Jch will mich beeilen, und wenn Du nicht glauben magſt, daß ich aus Freundſchaft zu Dir mich einer Gefahr ausſetze, ſo nimm an, daß ich Eurer Liebe helfe, um den Stolz jenes Oropaſtes zu demüthigen, welcher mich aus der Gunſt des Königs zu verdrängen droht. Du ſollſt und mußt, trotz aller Ränke des Oberſten der Magier, die Gat- tin Deines Gaumata werden, ſo wahr ich Boges heiße! Morgen Abend, nach dem Aufgange des Tiſtarſterns 78), wird Dein Liebſter Dich beſuchen. Jch werde alle Wäch- ter zu entfernen wiſſen, damit derſelbe ungefährdet zu Dir kommen und eine Stunde, aber hörſt Du, nur eine Stunde, bei Dir bleiben und alles Weitere mit Dir verabreden kann. Deine Herrin wird, ich weiß es beſtimmt, die Lieb- lingsgemahlin des Kambyſes werden. Später leiſtet ſie zu Deiner Ehe mit Gaumata hülfreiche Hand, denn ſie liebt Dich und kennt kein Lob, welches ihr für Deine Treue und Geſchicklichkeit zu hoch erſchiene. Morgen Abend, wenn der Tiſtarſtern aufgeht, beginnt die Sonne Deines Glücks zu ſcheinen. Du ſchlägſt die Augen nieder und ſchweigſt? Die Dankbarkeit verſchließt Dein kleines Mündchen! He? Hab ich Recht? Jch bitte Dich, Täubchen, ſei weniger ſtumm, wenn es einmal gelten ſollte, des armen Boges vor Deiner mächtigen Herrin lobend zu erwähnen! Soll ich den ſchönen Gaumata grüßen? Darf ich ihm ſagen, daß Du ihn nicht vergeſſen haſt und ihn freudig erwarteſt?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/105
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/105>, abgerufen am 22.11.2024.