Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.schon in meinem dritten Lebensmonde nach Athen zurück- "Jn Athen ward ich, als junger Eupatride, aus dem "Die Pisistratiden wurden Herren von Athen 90). ſchon in meinem dritten Lebensmonde nach Athen zurück- „Jn Athen ward ich, als junger Eupatride, aus dem „Die Piſiſtratiden wurden Herren von Athen 90). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="54"/> ſchon in meinem dritten Lebensmonde nach Athen zurück-<lb/> nahm, ſo bin ich doch eigentlich ein Karer — denn der<lb/> Geburtsort beſtimmt die Heimat des Menſchen.</p><lb/> <p>„Jn Athen ward ich, als junger Eupatride, aus dem<lb/> vornehmen, uralten Geſchlechte der Philaiden mit allem<lb/> Stolze eines attiſchen Adligen aufgeſäugt und erzogen.<lb/> Der tapfere und kluge Piſiſtratus, aus einer der unſern<lb/> zwar ebenbürtigen, aber keineswegs überlegenen Familie,<lb/> (es gibt kein vornehmeres Geſchlecht, als das meines Va-<lb/> ters), wußte ſich der Alleinherrſchaft zu bemächtigen. Den<lb/> vereinten Bemühungen des Adels gelang es, ihn zweimal<lb/> zu ſtürzen. Als er zum dritten Male, mit Hülfe des Lyg-<lb/> damis von Naxos, der Argier und Eretrier zurückkehren<lb/> wollte, ſtellten wir uns ihm entgegen. Beim Athenetem-<lb/> pel zu Pallene hatten wir uns gelagert. Als wir vor<lb/> dem Frühſtücke der Göttin opferten, überraſchte uns der<lb/> kluge Gewalthaber, überfiel unſere waffenloſe Mannſchaft,<lb/> und errang einen leichten, unblutigen Sieg. Da mir die<lb/> Hälfte des ganzen tyrannenfeindlichen Heeres anvertraut<lb/> war, ſo beſchloß ich, eher zu ſterben, als vom Platze zu<lb/> weichen. Jch kämpfte mit allen Kräften, beſchwor die<lb/> Soldaten Stand zu halten, wich und wankte nicht; fiel<lb/> aber zuletzt mit einem Speere in der Schulter zu Boden.</p><lb/> <p>„Die Piſiſtratiden wurden Herren von Athen <hi rendition="#sup">90</hi>).<lb/> Jch floh nach Halikarnaß, meiner zweiten Heimat, wohin<lb/> mich meine Frau mit unſeren Kindern begleitete, erhielt den<lb/> Ruf als Oberſter der Söldner in Aegypten, weil mein<lb/> Name wegen eines Pythiſchen Sieges und kühner Kriegs-<lb/> thaten bekannt war, machte den Feldzug auf Kypros mit,<lb/> theilte mit Ariſtomachos den Ruhm, die Geburtsſtätte der<lb/> Aphrodite für Amaſis erſtritten zu haben, und wurde end-<lb/> lich Oberbefehlshaber aller Söldner in Aegypten.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [54/0072]
ſchon in meinem dritten Lebensmonde nach Athen zurück-
nahm, ſo bin ich doch eigentlich ein Karer — denn der
Geburtsort beſtimmt die Heimat des Menſchen.
„Jn Athen ward ich, als junger Eupatride, aus dem
vornehmen, uralten Geſchlechte der Philaiden mit allem
Stolze eines attiſchen Adligen aufgeſäugt und erzogen.
Der tapfere und kluge Piſiſtratus, aus einer der unſern
zwar ebenbürtigen, aber keineswegs überlegenen Familie,
(es gibt kein vornehmeres Geſchlecht, als das meines Va-
ters), wußte ſich der Alleinherrſchaft zu bemächtigen. Den
vereinten Bemühungen des Adels gelang es, ihn zweimal
zu ſtürzen. Als er zum dritten Male, mit Hülfe des Lyg-
damis von Naxos, der Argier und Eretrier zurückkehren
wollte, ſtellten wir uns ihm entgegen. Beim Athenetem-
pel zu Pallene hatten wir uns gelagert. Als wir vor
dem Frühſtücke der Göttin opferten, überraſchte uns der
kluge Gewalthaber, überfiel unſere waffenloſe Mannſchaft,
und errang einen leichten, unblutigen Sieg. Da mir die
Hälfte des ganzen tyrannenfeindlichen Heeres anvertraut
war, ſo beſchloß ich, eher zu ſterben, als vom Platze zu
weichen. Jch kämpfte mit allen Kräften, beſchwor die
Soldaten Stand zu halten, wich und wankte nicht; fiel
aber zuletzt mit einem Speere in der Schulter zu Boden.
„Die Piſiſtratiden wurden Herren von Athen 90).
Jch floh nach Halikarnaß, meiner zweiten Heimat, wohin
mich meine Frau mit unſeren Kindern begleitete, erhielt den
Ruf als Oberſter der Söldner in Aegypten, weil mein
Name wegen eines Pythiſchen Sieges und kühner Kriegs-
thaten bekannt war, machte den Feldzug auf Kypros mit,
theilte mit Ariſtomachos den Ruhm, die Geburtsſtätte der
Aphrodite für Amaſis erſtritten zu haben, und wurde end-
lich Oberbefehlshaber aller Söldner in Aegypten.
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