Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.und selbstbewußt den Kreis der Gäste. Es war, als wolle Dann faßte er von Neuem die Hand des Phanes "Wie Dir, mein Freund, so ist auch mir der Ge- und ſelbſtbewußt den Kreis der Gäſte. Es war, als wolle Dann faßte er von Neuem die Hand des Phanes „Wie Dir, mein Freund, ſo iſt auch mir der Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="36"/> und ſelbſtbewußt den Kreis der Gäſte. Es war, als wolle<lb/> er einem Jeden zurufen: „Seht, ihr Freunde, ſolche Män-<lb/> ner erzeugt meine ruhmreiche Heimat!“</p><lb/> <p>Dann faßte er von Neuem die Hand des Phanes<lb/> und ſprach:</p><lb/> <p>„Wie Dir, mein Freund, ſo iſt auch mir der Ge-<lb/> walthaber verhaßt; doch ich habe geſehen, daß die<lb/> Tyrannis, ſo lange Piſiſtratus am Leben bleibt, nicht<lb/> geſtürzt werden kann. Seine Bundesgenoſſen Lygda-<lb/> mis von Naxos und Polykrates von Samos ſind mäch-<lb/> tig; gefährlicher aber als dieſe iſt für unſere Freiheit<lb/> die Mäßigung und Klugheit des Piſiſtratus ſelbſt. —<lb/> Mit Schrecken hab’ ich bei meinem jetzigen Aufenthalt<lb/> in Hellas geſehen, daß die Volksmaſſe von Athen<lb/> den Bedrücker gleich einem Vater liebt. Trotz ſeiner<lb/> Macht, läßt er dem Geſammtweſen die Verfaſſung des<lb/> Solon. Er ſchmückt die Stadt mit den herrlichſten Werken.<lb/> Der neue Tempel des Zeus, welcher von Kallaeſchros,<lb/> Antiſtates und Porinos, die Du kennen mußt, Theodoros,<lb/> aus herrlichem Marmor aufgerichtet wird, ſoll alle bishe-<lb/> rigen Bauten der Hellenen übertreffen <hi rendition="#sup">70</hi>). Er weiß Künſt-<lb/> ler und Dichter jeder Art nach Athen zu locken, er läßt<lb/> die Geſänge des Homer niederſchreiben und die Sprüche<lb/> des Muſaeos von Onomakritos aufzeichnen und ſammeln.<lb/> Er legt neue Straßen an und richtet neue Feſte ein; der<lb/> Handel blüht unter ſeinem Scepter und das Volk befindet<lb/> ſich, trotz der Steuern, die ihm auferlegt werden, ganz<lb/> vortrefflich. Aber was iſt das Volk? Ein gemeiner Haufe,<lb/> der, wie die Mücken, allem Glänzenden entgegenfliegt, und<lb/> wenn es ſich auch die Flügel daran verbrennt, die Kerze<lb/> dennoch umflattert, ſo lange ſie brennt. Laß die Fackel<lb/> des Piſiſtratus verlöſchen, Phanes, und ich ſchwöre Dir,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0054]
und ſelbſtbewußt den Kreis der Gäſte. Es war, als wolle
er einem Jeden zurufen: „Seht, ihr Freunde, ſolche Män-
ner erzeugt meine ruhmreiche Heimat!“
Dann faßte er von Neuem die Hand des Phanes
und ſprach:
„Wie Dir, mein Freund, ſo iſt auch mir der Ge-
walthaber verhaßt; doch ich habe geſehen, daß die
Tyrannis, ſo lange Piſiſtratus am Leben bleibt, nicht
geſtürzt werden kann. Seine Bundesgenoſſen Lygda-
mis von Naxos und Polykrates von Samos ſind mäch-
tig; gefährlicher aber als dieſe iſt für unſere Freiheit
die Mäßigung und Klugheit des Piſiſtratus ſelbſt. —
Mit Schrecken hab’ ich bei meinem jetzigen Aufenthalt
in Hellas geſehen, daß die Volksmaſſe von Athen
den Bedrücker gleich einem Vater liebt. Trotz ſeiner
Macht, läßt er dem Geſammtweſen die Verfaſſung des
Solon. Er ſchmückt die Stadt mit den herrlichſten Werken.
Der neue Tempel des Zeus, welcher von Kallaeſchros,
Antiſtates und Porinos, die Du kennen mußt, Theodoros,
aus herrlichem Marmor aufgerichtet wird, ſoll alle bishe-
rigen Bauten der Hellenen übertreffen 70). Er weiß Künſt-
ler und Dichter jeder Art nach Athen zu locken, er läßt
die Geſänge des Homer niederſchreiben und die Sprüche
des Muſaeos von Onomakritos aufzeichnen und ſammeln.
Er legt neue Straßen an und richtet neue Feſte ein; der
Handel blüht unter ſeinem Scepter und das Volk befindet
ſich, trotz der Steuern, die ihm auferlegt werden, ganz
vortrefflich. Aber was iſt das Volk? Ein gemeiner Haufe,
der, wie die Mücken, allem Glänzenden entgegenfliegt, und
wenn es ſich auch die Flügel daran verbrennt, die Kerze
dennoch umflattert, ſo lange ſie brennt. Laß die Fackel
des Piſiſtratus verlöſchen, Phanes, und ich ſchwöre Dir,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |