tene Züge und krauses schwarzes Haar den Jsraeliten erkennen ließ. Er war aus seiner Heimat nach Aegypten gekommen, um für den König von Juda, Serubabel, ägyptische Pferde und Wagen, die berühmtesten in jener Zeit, einzukaufen 30). Neben diesem standen drei Griechen aus Kleinasien, in den kostbaren faltenreichen Gewändern ihrer Heimat Milet, ernste Gespräche mit Phryxos, dem schlichtgekleideten Abgesandten der Stadt Delphi, führend, welcher Aegypten besuchte, um Gelder für den Apollotem- pel zu sammeln. Das alte Pythische Heiligthum war vor zehn Jahren ein Raub der Flammen geworden; jetzt galt es ein neues, schöneres aufzuführen 31).
Die Milesier, Schüler des Anaximander und Anaxi- menes 32), befanden sich am Nil, um zu Heliopolis Astro- nomie und ägyptische Weisheit zu studiren.
Der Dritte war ein reicher Kaufmann und Schiffs- herr, Namens Theopompos, welcher sich zu Naukratis niedergelassen hatte. Rhodopis selbst unterhielt sich leb- haft mit zwei Griechen aus Samos, dem vielberühmten Baumeister, Metallgießer, Bildhauer und Goldschmied Theodoros 33) und dem Jambendichter Jbykus aus Rhe- gion 34), welche den Hof des Polykrates auf einige Wochen verlassen hatten, um Aegypten kennen zu lernen und dem Könige Geschenke ihres Herrn zu überbringen. Dicht neben dem Herde lag ein wohlbeleibter Mann mit starken sinn- lichen Zügen, Oinophilos aus Sybaris 35), lang ausgestreckt auf dem bunten Pelzüberzuge eines zweisitzigen Stuhls, und spielte mit seinen duftenden, golddurchflochtenen Locken und den goldenen Ketten, die von seinem Halse auf das saffran- gelbe Gewand hernieder fielen, welches bis an seine Füße reichte.
Rhodopis hatte für Jeden ein freundliches Wort; aber jetzt sprach sie ausschließlich zu den berühmten Sa-
tene Züge und krauſes ſchwarzes Haar den Jsraeliten erkennen ließ. Er war aus ſeiner Heimat nach Aegypten gekommen, um für den König von Juda, Serubabel, ägyptiſche Pferde und Wagen, die berühmteſten in jener Zeit, einzukaufen 30). Neben dieſem ſtanden drei Griechen aus Kleinaſien, in den koſtbaren faltenreichen Gewändern ihrer Heimat Milet, ernſte Geſpräche mit Phryxos, dem ſchlichtgekleideten Abgeſandten der Stadt Delphi, führend, welcher Aegypten beſuchte, um Gelder für den Apollotem- pel zu ſammeln. Das alte Pythiſche Heiligthum war vor zehn Jahren ein Raub der Flammen geworden; jetzt galt es ein neues, ſchöneres aufzuführen 31).
Die Mileſier, Schüler des Anaximander und Anaxi- menes 32), befanden ſich am Nil, um zu Heliopolis Aſtro- nomie und ägyptiſche Weisheit zu ſtudiren.
Der Dritte war ein reicher Kaufmann und Schiffs- herr, Namens Theopompos, welcher ſich zu Naukratis niedergelaſſen hatte. Rhodopis ſelbſt unterhielt ſich leb- haft mit zwei Griechen aus Samos, dem vielberühmten Baumeiſter, Metallgießer, Bildhauer und Goldſchmied Theodoros 33) und dem Jambendichter Jbykus aus Rhe- gion 34), welche den Hof des Polykrates auf einige Wochen verlaſſen hatten, um Aegypten kennen zu lernen und dem Könige Geſchenke ihres Herrn zu überbringen. Dicht neben dem Herde lag ein wohlbeleibter Mann mit ſtarken ſinn- lichen Zügen, Oinophilos aus Sybaris 35), lang ausgeſtreckt auf dem bunten Pelzüberzuge eines zweiſitzigen Stuhls, und ſpielte mit ſeinen duftenden, golddurchflochtenen Locken und den goldenen Ketten, die von ſeinem Halſe auf das ſaffran- gelbe Gewand hernieder fielen, welches bis an ſeine Füße reichte.
Rhodopis hatte für Jeden ein freundliches Wort; aber jetzt ſprach ſie ausſchließlich zu den berühmten Sa-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0032"n="14"/>
tene Züge und krauſes ſchwarzes Haar den Jsraeliten<lb/>
erkennen ließ. Er war aus ſeiner Heimat nach Aegypten<lb/>
gekommen, um für den König von Juda, Serubabel,<lb/>
ägyptiſche Pferde und Wagen, die berühmteſten in jener<lb/>
Zeit, einzukaufen <hirendition="#sup">30</hi>). Neben dieſem ſtanden drei Griechen<lb/>
aus Kleinaſien, in den koſtbaren faltenreichen Gewändern<lb/>
ihrer Heimat Milet, ernſte Geſpräche mit Phryxos, dem<lb/>ſchlichtgekleideten Abgeſandten der Stadt Delphi, führend,<lb/>
welcher Aegypten beſuchte, um Gelder für den Apollotem-<lb/>
pel zu ſammeln. Das alte Pythiſche Heiligthum war vor<lb/>
zehn Jahren ein Raub der Flammen geworden; jetzt galt<lb/>
es ein neues, ſchöneres aufzuführen <hirendition="#sup">31</hi>).</p><lb/><p>Die Mileſier, Schüler des Anaximander und Anaxi-<lb/>
menes <hirendition="#sup">32</hi>), befanden ſich am Nil, um zu Heliopolis Aſtro-<lb/>
nomie und ägyptiſche Weisheit zu ſtudiren.</p><lb/><p>Der Dritte war ein reicher Kaufmann und Schiffs-<lb/>
herr, Namens Theopompos, welcher ſich zu Naukratis<lb/>
niedergelaſſen hatte. Rhodopis ſelbſt unterhielt ſich leb-<lb/>
haft mit zwei Griechen aus Samos, dem vielberühmten<lb/>
Baumeiſter, Metallgießer, Bildhauer und Goldſchmied<lb/>
Theodoros <hirendition="#sup">33</hi>) und dem Jambendichter Jbykus aus Rhe-<lb/>
gion <hirendition="#sup">34</hi>), welche den Hof des Polykrates auf einige Wochen<lb/>
verlaſſen hatten, um Aegypten kennen zu lernen und dem<lb/>
Könige Geſchenke ihres Herrn zu überbringen. Dicht neben<lb/>
dem Herde lag ein wohlbeleibter Mann mit ſtarken ſinn-<lb/>
lichen Zügen, Oinophilos aus Sybaris <hirendition="#sup">35</hi>), lang ausgeſtreckt<lb/>
auf dem bunten Pelzüberzuge eines zweiſitzigen Stuhls, und<lb/>ſpielte mit ſeinen duftenden, golddurchflochtenen Locken und<lb/>
den goldenen Ketten, die von ſeinem Halſe auf das ſaffran-<lb/>
gelbe Gewand hernieder fielen, welches bis an ſeine Füße reichte.</p><lb/><p>Rhodopis hatte für Jeden ein freundliches Wort;<lb/>
aber jetzt ſprach ſie ausſchließlich zu den berühmten Sa-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[14/0032]
tene Züge und krauſes ſchwarzes Haar den Jsraeliten
erkennen ließ. Er war aus ſeiner Heimat nach Aegypten
gekommen, um für den König von Juda, Serubabel,
ägyptiſche Pferde und Wagen, die berühmteſten in jener
Zeit, einzukaufen 30). Neben dieſem ſtanden drei Griechen
aus Kleinaſien, in den koſtbaren faltenreichen Gewändern
ihrer Heimat Milet, ernſte Geſpräche mit Phryxos, dem
ſchlichtgekleideten Abgeſandten der Stadt Delphi, führend,
welcher Aegypten beſuchte, um Gelder für den Apollotem-
pel zu ſammeln. Das alte Pythiſche Heiligthum war vor
zehn Jahren ein Raub der Flammen geworden; jetzt galt
es ein neues, ſchöneres aufzuführen 31).
Die Mileſier, Schüler des Anaximander und Anaxi-
menes 32), befanden ſich am Nil, um zu Heliopolis Aſtro-
nomie und ägyptiſche Weisheit zu ſtudiren.
Der Dritte war ein reicher Kaufmann und Schiffs-
herr, Namens Theopompos, welcher ſich zu Naukratis
niedergelaſſen hatte. Rhodopis ſelbſt unterhielt ſich leb-
haft mit zwei Griechen aus Samos, dem vielberühmten
Baumeiſter, Metallgießer, Bildhauer und Goldſchmied
Theodoros 33) und dem Jambendichter Jbykus aus Rhe-
gion 34), welche den Hof des Polykrates auf einige Wochen
verlaſſen hatten, um Aegypten kennen zu lernen und dem
Könige Geſchenke ihres Herrn zu überbringen. Dicht neben
dem Herde lag ein wohlbeleibter Mann mit ſtarken ſinn-
lichen Zügen, Oinophilos aus Sybaris 35), lang ausgeſtreckt
auf dem bunten Pelzüberzuge eines zweiſitzigen Stuhls, und
ſpielte mit ſeinen duftenden, golddurchflochtenen Locken und
den goldenen Ketten, die von ſeinem Halſe auf das ſaffran-
gelbe Gewand hernieder fielen, welches bis an ſeine Füße reichte.
Rhodopis hatte für Jeden ein freundliches Wort;
aber jetzt ſprach ſie ausſchließlich zu den berühmten Sa-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/32>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.