"Versteh' mich nicht falsch! Sieh, ich habe Dich so lieb, daß ich Nichts will, als Dich glücklich sehen und Dein ganzes Dasein theilen zu dürfen. Verstößt Du, wenn Du mich allein zum Weibe nimmst, gegen die Sitten Deiner Heimat, sollte man Dich Deiner Treue wegen verachten oder nur tadeln wollen, denn wer dürfte meinen Bartja verachten, so nimm Dir andere Weiber neben mir; aber erst laß mich nur zwei, nur drei Jahre lang Dich ganz allein besitzen. Willst Du das, Bartja?"
"Jch will."
"Und dann, wenn meine Zeit vorüber ist und Du der Sitte Deines Landes nachgeben mußt, -- denn aus Liebe wirst Du keine Zweite heimführen, -- so laß mich Deine erste Sclavin bleiben. O, ich habe mir das so herrlich ausgemalt! Wenn Du in den Krieg ziehst, so setze ich Dir die Tiara auf die Locken, so gürte ich Dir das Schwert um und gebe Dir die Lanzen in die Hand. -- Wenn Du als Sieger heimkehrst, dann bekränze ich Dich zuerst. Reitest Du zur Jagd, so schnalle ich Dir die Sporen an, und gehst Du zum Gastmahle, dann schmücke und salbe ich Dich, winde Dir Pappel- und Rosenkränze und schlinge sie um Deine Stirn und Deine Schultern. Bist Du verwundet, so pflege ich Dich, bist Du krank, so weiche ich nicht von Deiner Seite, bist Du glücklich, dann ziehe ich mich zurück und weide mich aus der Ferne an Deiner Ehre und Deinem Wohlergehen, bis Du mich zu Dir rufst und meine Wonne durch einen Kuß oder ein freundliches Wort verdoppelst."
"O Sappho, diese Seligkeit muß kurz sein, denn sie ist zu groß! Keine zweite, Du ganz allein sollst meine
„Jhr nehmt ſo viele Frauen zur Ehe!“
„Meine Sappho ...“
„Verſteh’ mich nicht falſch! Sieh, ich habe Dich ſo lieb, daß ich Nichts will, als Dich glücklich ſehen und Dein ganzes Daſein theilen zu dürfen. Verſtößt Du, wenn Du mich allein zum Weibe nimmſt, gegen die Sitten Deiner Heimat, ſollte man Dich Deiner Treue wegen verachten oder nur tadeln wollen, denn wer dürfte meinen Bartja verachten, ſo nimm Dir andere Weiber neben mir; aber erſt laß mich nur zwei, nur drei Jahre lang Dich ganz allein beſitzen. Willſt Du das, Bartja?“
„Jch will.“
„Und dann, wenn meine Zeit vorüber iſt und Du der Sitte Deines Landes nachgeben mußt, — denn aus Liebe wirſt Du keine Zweite heimführen, — ſo laß mich Deine erſte Sclavin bleiben. O, ich habe mir das ſo herrlich ausgemalt! Wenn Du in den Krieg ziehſt, ſo ſetze ich Dir die Tiara auf die Locken, ſo gürte ich Dir das Schwert um und gebe Dir die Lanzen in die Hand. — Wenn Du als Sieger heimkehrſt, dann bekränze ich Dich zuerſt. Reiteſt Du zur Jagd, ſo ſchnalle ich Dir die Sporen an, und gehſt Du zum Gaſtmahle, dann ſchmücke und ſalbe ich Dich, winde Dir Pappel- und Roſenkränze und ſchlinge ſie um Deine Stirn und Deine Schultern. Biſt Du verwundet, ſo pflege ich Dich, biſt Du krank, ſo weiche ich nicht von Deiner Seite, biſt Du glücklich, dann ziehe ich mich zurück und weide mich aus der Ferne an Deiner Ehre und Deinem Wohlergehen, bis Du mich zu Dir rufſt und meine Wonne durch einen Kuß oder ein freundliches Wort verdoppelſt.“
„O Sappho, dieſe Seligkeit muß kurz ſein, denn ſie iſt zu groß! Keine zweite, Du ganz allein ſollſt meine
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„Jhr nehmt ſo viele Frauen zur Ehe!“
„Meine Sappho ...“
„Verſteh’ mich nicht falſch! Sieh, ich habe Dich ſo
lieb, daß ich Nichts will, als Dich glücklich ſehen und
Dein ganzes Daſein theilen zu dürfen. Verſtößt Du,
wenn Du mich allein zum Weibe nimmſt, gegen die Sitten
Deiner Heimat, ſollte man Dich Deiner Treue wegen
verachten oder nur tadeln wollen, denn wer dürfte meinen
Bartja verachten, ſo nimm Dir andere Weiber neben mir;
aber erſt laß mich nur zwei, nur drei Jahre lang Dich
ganz allein beſitzen. Willſt Du das, Bartja?“
„Jch will.“
„Und dann, wenn meine Zeit vorüber iſt und Du der
Sitte Deines Landes nachgeben mußt, — denn aus Liebe
wirſt Du keine Zweite heimführen, — ſo laß mich Deine
erſte Sclavin bleiben. O, ich habe mir das ſo herrlich
ausgemalt! Wenn Du in den Krieg ziehſt, ſo ſetze ich
Dir die Tiara auf die Locken, ſo gürte ich Dir das
Schwert um und gebe Dir die Lanzen in die Hand. —
Wenn Du als Sieger heimkehrſt, dann bekränze ich Dich
zuerſt. Reiteſt Du zur Jagd, ſo ſchnalle ich Dir die
Sporen an, und gehſt Du zum Gaſtmahle, dann ſchmücke
und ſalbe ich Dich, winde Dir Pappel- und Roſenkränze und
ſchlinge ſie um Deine Stirn und Deine Schultern. Biſt
Du verwundet, ſo pflege ich Dich, biſt Du krank, ſo
weiche ich nicht von Deiner Seite, biſt Du glücklich, dann
ziehe ich mich zurück und weide mich aus der Ferne an
Deiner Ehre und Deinem Wohlergehen, bis Du mich zu
Dir rufſt und meine Wonne durch einen Kuß oder ein
freundliches Wort verdoppelſt.“
„O Sappho, dieſe Seligkeit muß kurz ſein, denn ſie
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/182>, abgerufen am 22.07.2024.
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