Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.ihm fortwährend zu: ,Lebe wohl, Gyges -- lebe wohl, ge- "Als wir wieder vor diesem Hause standen, befahl mir "Jch bat nun, er möge mir erlauben, mich statt sei- "Ach, nur der Freie schreitet gerade und aufrecht ein- "Was ist aus meinem Sohn geworden?" rief Krösus, "Er nahm mein armes Opfer nicht an und setzte sich, ihm fortwährend zu: ‚Lebe wohl, Gyges — lebe wohl, ge- „Als wir wieder vor dieſem Hauſe ſtanden, befahl mir „Jch bat nun, er möge mir erlauben, mich ſtatt ſei- „Ach, nur der Freie ſchreitet gerade und aufrecht ein- „Was iſt aus meinem Sohn geworden?“ rief Kröſus, „Er nahm mein armes Opfer nicht an und ſetzte ſich, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="134"/> ihm fortwährend zu: ‚Lebe wohl, Gyges — lebe wohl, ge-<lb/> liebter Perſer, — reiſe glücklich, Gyges!‘ Der an der<lb/> Pforte harrende Diener ritt ihm nach. — Jn den Büſchen<lb/> hörte ich überall Waffengeklirr, aber niemand trat dem<lb/> fortjagenden Athener in den Weg. Die verſteckten Krieger<lb/> hielten ihn, ohne Frage, für einen Perſer.</p><lb/> <p>„Als wir wieder vor dieſem Hauſe ſtanden, befahl mir<lb/> der Fremde: ‚Jetzt begleite mich zur Barke des Phanes<lb/> und laß nicht ab, mich bei dem Namen des Atheners zu<lb/> nennen.‘ — ‚Aber die Matroſen können Dich leicht ver-<lb/> rathen,‘ wendete ich ein. ‚So geh’ erſt allein zu ihnen,<lb/> und befiehl, ſie möchten mich empfangen, als wäre ich<lb/> Phanes, ihr Gebieter.‘</p><lb/> <p>„Jch bat nun, er möge mir erlauben, mich ſtatt ſei-<lb/> ner im Kleide des Entflohenen, von den Häſchern ergreifen<lb/> zu laſſen. — Er verweigerte dieß auf’s Beſtimmteſte, und<lb/> er hatte Recht, als er ſagte, meine Haltung würde mich<lb/> ſofort verrathen.</p><lb/> <p>„Ach, nur der Freie ſchreitet gerade und aufrecht ein-<lb/> her; des Sclaven Nacken iſt immer krumm und ſeine Be-<lb/> wegungen entbehren der Anmuth, die ihr Edlen in den<lb/> Schulen und Gymnaſien erlernt. So wird es ewig blei-<lb/> ben, denn unſere Kinder müſſen ihren Vätern ähnlich wer-<lb/> den; entwächſt doch der garſtigen Zwiebel keine Roſe, und<lb/> dem grauen Rettig keine Hyazinthe <hi rendition="#sup">183</hi>). Das Dienen<lb/> krümmt den Nacken, wie das Bewußtſein der Freiheit den<lb/> Wuchs erhebt!“</p><lb/> <p>„Was iſt aus meinem Sohn geworden?“ rief Kröſus,<lb/> den Sclaven unterbrechend.</p><lb/> <p>„Er nahm mein armes Opfer nicht an und ſetzte ſich,<lb/> indem er mir tauſend Grüße an Dich, o König, auftrug,<lb/> in die Barke. Jch ſchrie ihm nach: ‚Gehabe Dich wohl,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [134/0152]
ihm fortwährend zu: ‚Lebe wohl, Gyges — lebe wohl, ge-
liebter Perſer, — reiſe glücklich, Gyges!‘ Der an der
Pforte harrende Diener ritt ihm nach. — Jn den Büſchen
hörte ich überall Waffengeklirr, aber niemand trat dem
fortjagenden Athener in den Weg. Die verſteckten Krieger
hielten ihn, ohne Frage, für einen Perſer.
„Als wir wieder vor dieſem Hauſe ſtanden, befahl mir
der Fremde: ‚Jetzt begleite mich zur Barke des Phanes
und laß nicht ab, mich bei dem Namen des Atheners zu
nennen.‘ — ‚Aber die Matroſen können Dich leicht ver-
rathen,‘ wendete ich ein. ‚So geh’ erſt allein zu ihnen,
und befiehl, ſie möchten mich empfangen, als wäre ich
Phanes, ihr Gebieter.‘
„Jch bat nun, er möge mir erlauben, mich ſtatt ſei-
ner im Kleide des Entflohenen, von den Häſchern ergreifen
zu laſſen. — Er verweigerte dieß auf’s Beſtimmteſte, und
er hatte Recht, als er ſagte, meine Haltung würde mich
ſofort verrathen.
„Ach, nur der Freie ſchreitet gerade und aufrecht ein-
her; des Sclaven Nacken iſt immer krumm und ſeine Be-
wegungen entbehren der Anmuth, die ihr Edlen in den
Schulen und Gymnaſien erlernt. So wird es ewig blei-
ben, denn unſere Kinder müſſen ihren Vätern ähnlich wer-
den; entwächſt doch der garſtigen Zwiebel keine Roſe, und
dem grauen Rettig keine Hyazinthe 183). Das Dienen
krümmt den Nacken, wie das Bewußtſein der Freiheit den
Wuchs erhebt!“
„Was iſt aus meinem Sohn geworden?“ rief Kröſus,
den Sclaven unterbrechend.
„Er nahm mein armes Opfer nicht an und ſetzte ſich,
indem er mir tauſend Grüße an Dich, o König, auftrug,
in die Barke. Jch ſchrie ihm nach: ‚Gehabe Dich wohl,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |