ihm fortwährend zu: ,Lebe wohl, Gyges -- lebe wohl, ge- liebter Perser, -- reise glücklich, Gyges!' Der an der Pforte harrende Diener ritt ihm nach. -- Jn den Büschen hörte ich überall Waffengeklirr, aber niemand trat dem fortjagenden Athener in den Weg. Die versteckten Krieger hielten ihn, ohne Frage, für einen Perser.
"Als wir wieder vor diesem Hause standen, befahl mir der Fremde: ,Jetzt begleite mich zur Barke des Phanes und laß nicht ab, mich bei dem Namen des Atheners zu nennen.' -- ,Aber die Matrosen können Dich leicht ver- rathen,' wendete ich ein. ,So geh' erst allein zu ihnen, und befiehl, sie möchten mich empfangen, als wäre ich Phanes, ihr Gebieter.'
"Jch bat nun, er möge mir erlauben, mich statt sei- ner im Kleide des Entflohenen, von den Häschern ergreifen zu lassen. -- Er verweigerte dieß auf's Bestimmteste, und er hatte Recht, als er sagte, meine Haltung würde mich sofort verrathen.
"Ach, nur der Freie schreitet gerade und aufrecht ein- her; des Sclaven Nacken ist immer krumm und seine Be- wegungen entbehren der Anmuth, die ihr Edlen in den Schulen und Gymnasien erlernt. So wird es ewig blei- ben, denn unsere Kinder müssen ihren Vätern ähnlich wer- den; entwächst doch der garstigen Zwiebel keine Rose, und dem grauen Rettig keine Hyazinthe 183). Das Dienen krümmt den Nacken, wie das Bewußtsein der Freiheit den Wuchs erhebt!"
"Was ist aus meinem Sohn geworden?" rief Krösus, den Sclaven unterbrechend.
"Er nahm mein armes Opfer nicht an und setzte sich, indem er mir tausend Grüße an Dich, o König, auftrug, in die Barke. Jch schrie ihm nach: ,Gehabe Dich wohl,
ihm fortwährend zu: ‚Lebe wohl, Gyges — lebe wohl, ge- liebter Perſer, — reiſe glücklich, Gyges!‘ Der an der Pforte harrende Diener ritt ihm nach. — Jn den Büſchen hörte ich überall Waffengeklirr, aber niemand trat dem fortjagenden Athener in den Weg. Die verſteckten Krieger hielten ihn, ohne Frage, für einen Perſer.
„Als wir wieder vor dieſem Hauſe ſtanden, befahl mir der Fremde: ‚Jetzt begleite mich zur Barke des Phanes und laß nicht ab, mich bei dem Namen des Atheners zu nennen.‘ — ‚Aber die Matroſen können Dich leicht ver- rathen,‘ wendete ich ein. ‚So geh’ erſt allein zu ihnen, und befiehl, ſie möchten mich empfangen, als wäre ich Phanes, ihr Gebieter.‘
„Jch bat nun, er möge mir erlauben, mich ſtatt ſei- ner im Kleide des Entflohenen, von den Häſchern ergreifen zu laſſen. — Er verweigerte dieß auf’s Beſtimmteſte, und er hatte Recht, als er ſagte, meine Haltung würde mich ſofort verrathen.
„Ach, nur der Freie ſchreitet gerade und aufrecht ein- her; des Sclaven Nacken iſt immer krumm und ſeine Be- wegungen entbehren der Anmuth, die ihr Edlen in den Schulen und Gymnaſien erlernt. So wird es ewig blei- ben, denn unſere Kinder müſſen ihren Vätern ähnlich wer- den; entwächſt doch der garſtigen Zwiebel keine Roſe, und dem grauen Rettig keine Hyazinthe 183). Das Dienen krümmt den Nacken, wie das Bewußtſein der Freiheit den Wuchs erhebt!“
„Was iſt aus meinem Sohn geworden?“ rief Kröſus, den Sclaven unterbrechend.
„Er nahm mein armes Opfer nicht an und ſetzte ſich, indem er mir tauſend Grüße an Dich, o König, auftrug, in die Barke. Jch ſchrie ihm nach: ‚Gehabe Dich wohl,
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ihm fortwährend zu: ‚Lebe wohl, Gyges — lebe wohl, ge-
liebter Perſer, — reiſe glücklich, Gyges!‘ Der an der
Pforte harrende Diener ritt ihm nach. — Jn den Büſchen
hörte ich überall Waffengeklirr, aber niemand trat dem
fortjagenden Athener in den Weg. Die verſteckten Krieger
hielten ihn, ohne Frage, für einen Perſer.
„Als wir wieder vor dieſem Hauſe ſtanden, befahl mir
der Fremde: ‚Jetzt begleite mich zur Barke des Phanes
und laß nicht ab, mich bei dem Namen des Atheners zu
nennen.‘ — ‚Aber die Matroſen können Dich leicht ver-
rathen,‘ wendete ich ein. ‚So geh’ erſt allein zu ihnen,
und befiehl, ſie möchten mich empfangen, als wäre ich
Phanes, ihr Gebieter.‘
„Jch bat nun, er möge mir erlauben, mich ſtatt ſei-
ner im Kleide des Entflohenen, von den Häſchern ergreifen
zu laſſen. — Er verweigerte dieß auf’s Beſtimmteſte, und
er hatte Recht, als er ſagte, meine Haltung würde mich
ſofort verrathen.
„Ach, nur der Freie ſchreitet gerade und aufrecht ein-
her; des Sclaven Nacken iſt immer krumm und ſeine Be-
wegungen entbehren der Anmuth, die ihr Edlen in den
Schulen und Gymnaſien erlernt. So wird es ewig blei-
ben, denn unſere Kinder müſſen ihren Vätern ähnlich wer-
den; entwächſt doch der garſtigen Zwiebel keine Roſe, und
dem grauen Rettig keine Hyazinthe 183). Das Dienen
krümmt den Nacken, wie das Bewußtſein der Freiheit den
Wuchs erhebt!“
„Was iſt aus meinem Sohn geworden?“ rief Kröſus,
den Sclaven unterbrechend.
„Er nahm mein armes Opfer nicht an und ſetzte ſich,
indem er mir tauſend Grüße an Dich, o König, auftrug,
in die Barke. Jch ſchrie ihm nach: ‚Gehabe Dich wohl,
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/152>, abgerufen am 22.07.2024.
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