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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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sah, als habe er zum Zweitenmale die Sprache verloren.
Endlich kehrte ihm die Kraft der Rede wieder und er ant-
wortete: "Die Götter seien gepriesen, mein Vater, daß
ich Dich wohlbehalten wiedersehe! Glaube ja nicht, ich
habe meinen Posten an Bartja's Seite leichtsinnig verlas-
sen. Jch bin gezwungen worden, mich als Unglücksvogel
in diese frohe Versammlung einzudrängen. Wißt, ihr
Männer, denn ich darf keine Zeit mit Vorbereitungen ver-
lieren, -- Eurer warten Verrath und Ueberfall."

Alle Anwesenden sprangen, wie vom Blitz getroffen,
auf die Füße. Aristomachos lockerte schweigend das Schwert
in seiner Scheide und Phanes streckte die Arme aus, als
wollt' er prüfen, ob ihm noch die alte athletische Spann-
kraft innewohne.

"Was ist's? -- Was hat man mit uns vor?" fragte
es von allen Seiten.

"Dieses Haus ist von äthiopischen Kriegern um-
stellt!" erwiederte Gyges. "Ein treuer Mensch hat mir
mitgetheilt, der Thronerbe wolle Einen aus eurer Mitte
gefangen fortführen lassen, -- ja derselbe habe befohlen,
sein Opfer zu tödten, wenn es sich wehren sollte. Jch
fürchtete für Dich, mein Vater, und jagte hierher. -- Der
Mann, von dem ich Alles erfuhr, hat nicht gelogen. Dieß
Haus ist umstellt. -- Als ich an der Pforte Deines Gar-
tens, o Rhodopis, anlangte, scheute mein Roß, trotz seiner
Ermüdung. Jch stieg ab, und gewahrte im Mondenscheine
hinter jedem Strauche die blitzenden Waffen und glühenden
Augen versteckter Menschen. Sie ließen uns ungestört in
den Garten treten."

"Eine wichtige Meldung!" unterbrach der in das
Zimmer stürzende Knakias die Rede des Gyges. "Als ich
soeben, um Wasser für den Mischkrug 182) aus dem Nil zu

ſah, als habe er zum Zweitenmale die Sprache verloren.
Endlich kehrte ihm die Kraft der Rede wieder und er ant-
wortete: „Die Götter ſeien geprieſen, mein Vater, daß
ich Dich wohlbehalten wiederſehe! Glaube ja nicht, ich
habe meinen Poſten an Bartja’s Seite leichtſinnig verlaſ-
ſen. Jch bin gezwungen worden, mich als Unglücksvogel
in dieſe frohe Verſammlung einzudrängen. Wißt, ihr
Männer, denn ich darf keine Zeit mit Vorbereitungen ver-
lieren, — Eurer warten Verrath und Ueberfall.“

Alle Anweſenden ſprangen, wie vom Blitz getroffen,
auf die Füße. Ariſtomachos lockerte ſchweigend das Schwert
in ſeiner Scheide und Phanes ſtreckte die Arme aus, als
wollt’ er prüfen, ob ihm noch die alte athletiſche Spann-
kraft innewohne.

„Was iſt’s? — Was hat man mit uns vor?“ fragte
es von allen Seiten.

„Dieſes Haus iſt von äthiopiſchen Kriegern um-
ſtellt!“ erwiederte Gyges. „Ein treuer Menſch hat mir
mitgetheilt, der Thronerbe wolle Einen aus eurer Mitte
gefangen fortführen laſſen, — ja derſelbe habe befohlen,
ſein Opfer zu tödten, wenn es ſich wehren ſollte. Jch
fürchtete für Dich, mein Vater, und jagte hierher. — Der
Mann, von dem ich Alles erfuhr, hat nicht gelogen. Dieß
Haus iſt umſtellt. — Als ich an der Pforte Deines Gar-
tens, o Rhodopis, anlangte, ſcheute mein Roß, trotz ſeiner
Ermüdung. Jch ſtieg ab, und gewahrte im Mondenſcheine
hinter jedem Strauche die blitzenden Waffen und glühenden
Augen verſteckter Menſchen. Sie ließen uns ungeſtört in
den Garten treten.“

„Eine wichtige Meldung!“ unterbrach der in das
Zimmer ſtürzende Knakias die Rede des Gyges. „Als ich
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[130/0148] ſah, als habe er zum Zweitenmale die Sprache verloren. Endlich kehrte ihm die Kraft der Rede wieder und er ant- wortete: „Die Götter ſeien geprieſen, mein Vater, daß ich Dich wohlbehalten wiederſehe! Glaube ja nicht, ich habe meinen Poſten an Bartja’s Seite leichtſinnig verlaſ- ſen. Jch bin gezwungen worden, mich als Unglücksvogel in dieſe frohe Verſammlung einzudrängen. Wißt, ihr Männer, denn ich darf keine Zeit mit Vorbereitungen ver- lieren, — Eurer warten Verrath und Ueberfall.“ Alle Anweſenden ſprangen, wie vom Blitz getroffen, auf die Füße. Ariſtomachos lockerte ſchweigend das Schwert in ſeiner Scheide und Phanes ſtreckte die Arme aus, als wollt’ er prüfen, ob ihm noch die alte athletiſche Spann- kraft innewohne. „Was iſt’s? — Was hat man mit uns vor?“ fragte es von allen Seiten. „Dieſes Haus iſt von äthiopiſchen Kriegern um- ſtellt!“ erwiederte Gyges. „Ein treuer Menſch hat mir mitgetheilt, der Thronerbe wolle Einen aus eurer Mitte gefangen fortführen laſſen, — ja derſelbe habe befohlen, ſein Opfer zu tödten, wenn es ſich wehren ſollte. Jch fürchtete für Dich, mein Vater, und jagte hierher. — Der Mann, von dem ich Alles erfuhr, hat nicht gelogen. Dieß Haus iſt umſtellt. — Als ich an der Pforte Deines Gar- tens, o Rhodopis, anlangte, ſcheute mein Roß, trotz ſeiner Ermüdung. Jch ſtieg ab, und gewahrte im Mondenſcheine hinter jedem Strauche die blitzenden Waffen und glühenden Augen verſteckter Menſchen. Sie ließen uns ungeſtört in den Garten treten.“ „Eine wichtige Meldung!“ unterbrach der in das Zimmer ſtürzende Knakias die Rede des Gyges. „Als ich ſoeben, um Waſſer für den Miſchkrug 182) aus dem Nil zu

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/148>, abgerufen am 23.11.2024.