legte sein weißes Gewand ab und begann nun allerlei Kunststücke mit seinen Nattern zu machen.
Bald ließ er sich von ihnen beißen, so daß lichtes Blut von seiner Wange träufelte, bald zwang er sie mit den seltsamen Tönen seiner Flöte sich aufzurichten und tanzartige Bewegungen zu machen, bald verwandelte er sie, indem er ihnen in den Rachen speite, zu regungslosen Stäben. -- Dann warf er alle Schlangen zu Boden, und führte in ihrer Mitte einen rasenden Tanz aus, ohne eins der Thiere mit den Füßen zu berühren.
Wie ein Toller drehte und krümmte der Zauberer seine geschmeidigen Glieder, bis ihm die Augen aus dem Kopfe heraustraten, und sich blutiger Schaum an seinem Munde zeigte.
Plötzlich warf er sich wie todt zur Erde nieder. Nichts bewegte sich an seinem Leibe, außer den Lippen, welche ein pfeifendes Zischen hören ließen. -- Auf dieses Zeichen hin krochen die Schlangen ihm entgegen und leg- ten sich, gleich lebenden Ringen, um seinen Hals, seine Beine und seinen Leib. Endlich erhob er sich und sang ein Lied von der wunderbaren Macht der Gottheit, die ihn, zu ihrem eignen Ruhme, zum Zauberer gemacht habe.
Hierauf öffnete er einen der Kasten und legte die Mehrzahl der Schlangen in denselben; nur einige, wahr- scheinlich seine Lieblinge, behielt er als Hals- und Arm- bänder an sich.
Als zweiten Theil seiner Schaustellung gab er einige gut ausgeführte Taschenspielerkünste zum Besten. Er ver- schluckte brennenden Flachs, balancirte tanzend Schwerter, deren Spitzen in seinen Augenhöhlen standen, zog lange Stricke und Bänder aus den Nasen Aegyptischer Kinder,
Ebers, Eine ägyptische Königstochter. I. 8
legte ſein weißes Gewand ab und begann nun allerlei Kunſtſtücke mit ſeinen Nattern zu machen.
Bald ließ er ſich von ihnen beißen, ſo daß lichtes Blut von ſeiner Wange träufelte, bald zwang er ſie mit den ſeltſamen Tönen ſeiner Flöte ſich aufzurichten und tanzartige Bewegungen zu machen, bald verwandelte er ſie, indem er ihnen in den Rachen ſpeite, zu regungsloſen Stäben. — Dann warf er alle Schlangen zu Boden, und führte in ihrer Mitte einen raſenden Tanz aus, ohne eins der Thiere mit den Füßen zu berühren.
Wie ein Toller drehte und krümmte der Zauberer ſeine geſchmeidigen Glieder, bis ihm die Augen aus dem Kopfe heraustraten, und ſich blutiger Schaum an ſeinem Munde zeigte.
Plötzlich warf er ſich wie todt zur Erde nieder. Nichts bewegte ſich an ſeinem Leibe, außer den Lippen, welche ein pfeifendes Ziſchen hören ließen. — Auf dieſes Zeichen hin krochen die Schlangen ihm entgegen und leg- ten ſich, gleich lebenden Ringen, um ſeinen Hals, ſeine Beine und ſeinen Leib. Endlich erhob er ſich und ſang ein Lied von der wunderbaren Macht der Gottheit, die ihn, zu ihrem eignen Ruhme, zum Zauberer gemacht habe.
Hierauf öffnete er einen der Kaſten und legte die Mehrzahl der Schlangen in denſelben; nur einige, wahr- ſcheinlich ſeine Lieblinge, behielt er als Hals- und Arm- bänder an ſich.
Als zweiten Theil ſeiner Schauſtellung gab er einige gut ausgeführte Taſchenſpielerkünſte zum Beſten. Er ver- ſchluckte brennenden Flachs, balancirte tanzend Schwerter, deren Spitzen in ſeinen Augenhöhlen ſtanden, zog lange Stricke und Bänder aus den Naſen Aegyptiſcher Kinder,
Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. I. 8
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0131"n="113"/>
legte ſein weißes Gewand ab und begann nun allerlei<lb/>
Kunſtſtücke mit ſeinen Nattern zu machen.</p><lb/><p>Bald ließ er ſich von ihnen beißen, ſo daß lichtes<lb/>
Blut von ſeiner Wange träufelte, bald zwang er ſie mit<lb/>
den ſeltſamen Tönen ſeiner Flöte ſich aufzurichten und<lb/>
tanzartige Bewegungen zu machen, bald verwandelte er ſie,<lb/>
indem er ihnen in den Rachen ſpeite, zu regungsloſen<lb/>
Stäben. — Dann warf er alle Schlangen zu Boden,<lb/>
und führte in ihrer Mitte einen raſenden Tanz aus, ohne<lb/>
eins der Thiere mit den Füßen zu berühren.</p><lb/><p>Wie ein Toller drehte und krümmte der Zauberer<lb/>ſeine geſchmeidigen Glieder, bis ihm die Augen aus dem<lb/>
Kopfe heraustraten, und ſich blutiger Schaum an ſeinem<lb/>
Munde zeigte.</p><lb/><p>Plötzlich warf er ſich wie todt zur Erde nieder.<lb/>
Nichts bewegte ſich an ſeinem Leibe, außer den Lippen,<lb/>
welche ein pfeifendes Ziſchen hören ließen. — Auf dieſes<lb/>
Zeichen hin krochen die Schlangen ihm entgegen und leg-<lb/>
ten ſich, gleich lebenden Ringen, um ſeinen Hals, ſeine<lb/>
Beine und ſeinen Leib. Endlich erhob er ſich und ſang<lb/>
ein Lied von der wunderbaren Macht der Gottheit, die<lb/>
ihn, zu ihrem eignen Ruhme, zum Zauberer gemacht<lb/>
habe.</p><lb/><p>Hierauf öffnete er einen der Kaſten und legte die<lb/>
Mehrzahl der Schlangen in denſelben; nur einige, wahr-<lb/>ſcheinlich ſeine Lieblinge, behielt er als Hals- und Arm-<lb/>
bänder an ſich.</p><lb/><p>Als zweiten Theil ſeiner Schauſtellung gab er einige<lb/>
gut ausgeführte Taſchenſpielerkünſte zum Beſten. Er ver-<lb/>ſchluckte brennenden Flachs, balancirte tanzend Schwerter,<lb/>
deren Spitzen in ſeinen Augenhöhlen ſtanden, zog lange<lb/>
Stricke und Bänder aus den Naſen Aegyptiſcher Kinder,<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Ebers,</hi> Eine ägyptiſche Königstochter. <hirendition="#aq">I.</hi> 8</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[113/0131]
legte ſein weißes Gewand ab und begann nun allerlei
Kunſtſtücke mit ſeinen Nattern zu machen.
Bald ließ er ſich von ihnen beißen, ſo daß lichtes
Blut von ſeiner Wange träufelte, bald zwang er ſie mit
den ſeltſamen Tönen ſeiner Flöte ſich aufzurichten und
tanzartige Bewegungen zu machen, bald verwandelte er ſie,
indem er ihnen in den Rachen ſpeite, zu regungsloſen
Stäben. — Dann warf er alle Schlangen zu Boden,
und führte in ihrer Mitte einen raſenden Tanz aus, ohne
eins der Thiere mit den Füßen zu berühren.
Wie ein Toller drehte und krümmte der Zauberer
ſeine geſchmeidigen Glieder, bis ihm die Augen aus dem
Kopfe heraustraten, und ſich blutiger Schaum an ſeinem
Munde zeigte.
Plötzlich warf er ſich wie todt zur Erde nieder.
Nichts bewegte ſich an ſeinem Leibe, außer den Lippen,
welche ein pfeifendes Ziſchen hören ließen. — Auf dieſes
Zeichen hin krochen die Schlangen ihm entgegen und leg-
ten ſich, gleich lebenden Ringen, um ſeinen Hals, ſeine
Beine und ſeinen Leib. Endlich erhob er ſich und ſang
ein Lied von der wunderbaren Macht der Gottheit, die
ihn, zu ihrem eignen Ruhme, zum Zauberer gemacht
habe.
Hierauf öffnete er einen der Kaſten und legte die
Mehrzahl der Schlangen in denſelben; nur einige, wahr-
ſcheinlich ſeine Lieblinge, behielt er als Hals- und Arm-
bänder an ſich.
Als zweiten Theil ſeiner Schauſtellung gab er einige
gut ausgeführte Taſchenſpielerkünſte zum Beſten. Er ver-
ſchluckte brennenden Flachs, balancirte tanzend Schwerter,
deren Spitzen in ſeinen Augenhöhlen ſtanden, zog lange
Stricke und Bänder aus den Naſen Aegyptiſcher Kinder,
Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. I. 8
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/131>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.