Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Schnee.

Der rege Kreis der immer quillt,
Wird mit den Flokken angefüllt,
Die auf der Erden schwarzen Ballen,
Wie weisse Federn abwerts fallen.

Es schwärmt der Schnee in öder Lufft,
So bald sind die sonst heitren Bogen,
Als eine schwarze Todtengrufft,
Mit trüber Finsterniß bezogen;
Es wikkelt sich der Sonnenschein,
Gleichsam in falben Schleier ein,
Die Strahlen scheinen eingehüllet,
Die Lufft mit Flokken angefüllet.
Sie drengen los: O welch ein Spiel,
Uns dünkt es käm aus jener Ferne,
Jndem der Schnee herunter fiel,
Ein Heer der abgebildten Sterne.
Man sieht sechs Ekken klar daran,
Die keiner schöner bilden kan;
Man sieht die schimmernd weissen Spizzen,
Jn Regel rechter Ordnung sizzen.
O! welche zierliche Figur,
Sieht dort das Aug herunter schiessen;
Hier hat die spielende Natur,
Ein Bild von Kronen abgerissen;
Da deucht uns nach dem Augenschein,
Als wenn gar weisse Rosen schnein:
Dort sieht man andre Bilder fliegen,
Die künstlich sich zusammen fügen.
O!

Der Schnee.

Der rege Kreis der immer quillt,
Wird mit den Flokken angefuͤllt,
Die auf der Erden ſchwarzen Ballen,
Wie weiſſe Federn abwerts fallen.

Es ſchwaͤrmt der Schnee in oͤder Lufft,
So bald ſind die ſonſt heitren Bogen,
Als eine ſchwarze Todtengrufft,
Mit truͤber Finſterniß bezogen;
Es wikkelt ſich der Sonnenſchein,
Gleichſam in falben Schleier ein,
Die Strahlen ſcheinen eingehuͤllet,
Die Lufft mit Flokken angefuͤllet.
Sie drengen los: O welch ein Spiel,
Uns duͤnkt es kaͤm aus jener Ferne,
Jndem der Schnee herunter fiel,
Ein Heer der abgebildten Sterne.
Man ſieht ſechs Ekken klar daran,
Die keiner ſchoͤner bilden kan;
Man ſieht die ſchimmernd weiſſen Spizzen,
Jn Regel rechter Ordnung ſizzen.
O! welche zierliche Figur,
Sieht dort das Aug herunter ſchieſſen;
Hier hat die ſpielende Natur,
Ein Bild von Kronen abgeriſſen;
Da deucht uns nach dem Augenſchein,
Als wenn gar weiſſe Roſen ſchnein:
Dort ſieht man andre Bilder fliegen,
Die kuͤnſtlich ſich zuſammen fuͤgen.
O!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="13">
            <l>
              <pb facs="#f0059" n="43"/>
              <fw place="top" type="header">Der Schnee.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Der rege Kreis der immer quillt,</l><lb/>
            <l>Wird mit den Flokken angefu&#x0364;llt,</l><lb/>
            <l>Die auf der Erden &#x017F;chwarzen Ballen,</l><lb/>
            <l>Wie wei&#x017F;&#x017F;e Federn abwerts fallen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="14">
            <l><hi rendition="#in">E</hi>s &#x017F;chwa&#x0364;rmt der Schnee in o&#x0364;der Lufft,</l><lb/>
            <l>So bald &#x017F;ind die &#x017F;on&#x017F;t heitren Bogen,</l><lb/>
            <l>Als eine &#x017F;chwarze Todtengrufft,</l><lb/>
            <l>Mit tru&#x0364;ber Fin&#x017F;terniß bezogen;</l><lb/>
            <l>Es wikkelt &#x017F;ich der Sonnen&#x017F;chein,</l><lb/>
            <l>Gleich&#x017F;am in falben Schleier ein,</l><lb/>
            <l>Die Strahlen &#x017F;cheinen eingehu&#x0364;llet,</l><lb/>
            <l>Die Lufft mit Flokken angefu&#x0364;llet.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>ie drengen los: O welch ein Spiel,</l><lb/>
            <l>Uns du&#x0364;nkt es ka&#x0364;m aus jener Ferne,</l><lb/>
            <l>Jndem der Schnee herunter fiel,</l><lb/>
            <l>Ein Heer der abgebildten Sterne.</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;ieht &#x017F;echs Ekken klar daran,</l><lb/>
            <l>Die keiner &#x017F;cho&#x0364;ner bilden kan;</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;ieht die &#x017F;chimmernd wei&#x017F;&#x017F;en Spizzen,</l><lb/>
            <l>Jn Regel rechter Ordnung &#x017F;izzen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="16">
            <l><hi rendition="#in">O!</hi> welche zierliche Figur,</l><lb/>
            <l>Sieht dort das Aug herunter &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Hier hat die &#x017F;pielende Natur,</l><lb/>
            <l>Ein Bild von Kronen abgeri&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Da deucht uns nach dem Augen&#x017F;chein,</l><lb/>
            <l>Als wenn gar wei&#x017F;&#x017F;e Ro&#x017F;en &#x017F;chnein:</l><lb/>
            <l>Dort &#x017F;ieht man andre Bilder fliegen,</l><lb/>
            <l>Die ku&#x0364;n&#x017F;tlich &#x017F;ich zu&#x017F;ammen fu&#x0364;gen.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">O!</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0059] Der Schnee. Der rege Kreis der immer quillt, Wird mit den Flokken angefuͤllt, Die auf der Erden ſchwarzen Ballen, Wie weiſſe Federn abwerts fallen. Es ſchwaͤrmt der Schnee in oͤder Lufft, So bald ſind die ſonſt heitren Bogen, Als eine ſchwarze Todtengrufft, Mit truͤber Finſterniß bezogen; Es wikkelt ſich der Sonnenſchein, Gleichſam in falben Schleier ein, Die Strahlen ſcheinen eingehuͤllet, Die Lufft mit Flokken angefuͤllet. Sie drengen los: O welch ein Spiel, Uns duͤnkt es kaͤm aus jener Ferne, Jndem der Schnee herunter fiel, Ein Heer der abgebildten Sterne. Man ſieht ſechs Ekken klar daran, Die keiner ſchoͤner bilden kan; Man ſieht die ſchimmernd weiſſen Spizzen, Jn Regel rechter Ordnung ſizzen. O! welche zierliche Figur, Sieht dort das Aug herunter ſchieſſen; Hier hat die ſpielende Natur, Ein Bild von Kronen abgeriſſen; Da deucht uns nach dem Augenſchein, Als wenn gar weiſſe Roſen ſchnein: Dort ſieht man andre Bilder fliegen, Die kuͤnſtlich ſich zuſammen fuͤgen. O!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/59
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/59>, abgerufen am 28.11.2024.