Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.
Es erstaunet unsre Seele, Ob der Wundervollen Höle Die der Jrre-Garten (***) heist; Darin sind verschiedne Röhren Die sich halbrund drehn und kehren, Die manch zartes Band einschleust: Und ein Gang der krum und kraus, Sich dreht wie ein Schnekken-Haus. Nach- (*) Dieser Gang, wird der Wassergang, und von sei- nen Erfinder aquaeductus Fallopii genennet. Er hat den Nahmen Wassergang bekommen, weil er denen verdekten Wasserleitungen der alten Römer gleichet. (**) Dieser Gang gehet aus der Trommelhöhle in den Mund und wird wegen desjenigen, der ihn zu erst ent- dekket von den Zergliederern des Ohrs, ductus Eu- stachii genennet. Der bringet beim Athemholen Luft in die sogenandte Trommelhöhle, welche zur Besör- derung des Schalls dienet, und zur Erhaltung des zarten Trommelfells nüzzet, daß von aussen durch die Lufft gedrükt wird. Es dienet auch denen, die Scha- den am Gehör haben, daß sie einigermassen eine schwache Empfindung des Schalles durch den Mund bekommen. Daher es auch kommt daß taube Persoh- nen, wenn sie den Mund offen haben ein wenig hören. (***) Man nennet die leztere Höhle des Ohrs Laby-
rinth oder Jrrgarten, weil sich dieselbe so wunder- bahr durch einander windet, daß man daselbst keinen Ausgang finden kan.
Es erſtaunet unſre Seele, Ob der Wundervollen Hoͤle Die der Jrre-Garten (***) heiſt; Darin ſind verſchiedne Roͤhren Die ſich halbrund drehn und kehren, Die manch zartes Band einſchleuſt: Und ein Gang der krum und kraus, Sich dreht wie ein Schnekken-Haus. Nach- (*) Dieſer Gang, wird der Waſſergang, und von ſei- nen Erfinder aquæductus Fallopii genennet. Er hat den Nahmen Waſſergang bekommen, weil er denen verdekten Waſſerleitungen der alten Roͤmer gleichet. (**) Dieſer Gang gehet aus der Trommelhoͤhle in den Mund und wird wegen desjenigen, der ihn zu erſt ent- dekket von den Zergliederern des Ohrs, ductus Eu- ſtachii genennet. Der bringet beim Athemholen Luft in die ſogenandte Trommelhoͤhle, welche zur Beſoͤr- derung des Schalls dienet, und zur Erhaltung des zarten Trommelfells nuͤzzet, daß von auſſen durch die Lufft gedruͤkt wird. Es dienet auch denen, die Scha- den am Gehoͤr haben, daß ſie einigermaſſen eine ſchwache Empfindung des Schalles durch den Mund bekommen. Daher es auch kommt daß taube Perſoh- nen, wenn ſie den Mund offen haben ein wenig hoͤren. (***) Man nennet die leztere Hoͤhle des Ohrs Laby-
rinth oder Jrrgarten, weil ſich dieſelbe ſo wunder- bahr durch einander windet, daß man daſelbſt keinen Ausgang finden kan. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="15"> <l> <pb facs="#f0187" n="171"/> <fw place="top" type="header">Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.</fw> </l><lb/> <l>Ein Gang <note place="foot" n="(*)">Dieſer Gang, wird der Waſſergang, und von ſei-<lb/> nen Erfinder <hi rendition="#aq">aquæductus Fallopii</hi> genennet. Er hat<lb/> den Nahmen Waſſergang bekommen, weil er denen<lb/> verdekten Waſſerleitungen der alten Roͤmer gleichet.</note> der aus Knochen geht,</l><lb/> <l>Einen Nerven in ſich ſchlieſſet,</l><lb/> <l>Der in viele Zweige ſprieſſet,</l><lb/> <l>Und ein andrer <note place="foot" n="(**)">Dieſer Gang gehet aus der Trommelhoͤhle in den<lb/> Mund und wird wegen desjenigen, der ihn zu erſt ent-<lb/> dekket von den Zergliederern des Ohrs, <hi rendition="#aq">ductus Eu-<lb/> ſtachii</hi> genennet. Der bringet beim Athemholen Luft<lb/> in die ſogenandte Trommelhoͤhle, welche zur Beſoͤr-<lb/> derung des Schalls dienet, und zur Erhaltung des<lb/> zarten Trommelfells nuͤzzet, daß von auſſen durch die<lb/> Lufft gedruͤkt wird. Es dienet auch denen, die Scha-<lb/> den am Gehoͤr haben, daß ſie einigermaſſen eine<lb/> ſchwache Empfindung des Schalles durch den Mund<lb/> bekommen. Daher es auch kommt daß taube Perſoh-<lb/> nen, wenn ſie den Mund offen haben ein wenig hoͤren.</note> den der Mund,</l><lb/> <l>Weil er dahin geht, macht kund.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l><hi rendition="#in">E</hi>s erſtaunet unſre Seele,</l><lb/> <l>Ob der Wundervollen Hoͤle</l><lb/> <l>Die der Jrre-Garten <note place="foot" n="(***)">Man nennet die leztere Hoͤhle des Ohrs <hi rendition="#aq">Laby-<lb/> rinth</hi> oder Jrrgarten, weil ſich dieſelbe ſo wunder-<lb/> bahr durch einander windet, daß man daſelbſt keinen<lb/> Ausgang finden kan.</note> heiſt;</l><lb/> <l>Darin ſind verſchiedne Roͤhren</l><lb/> <l>Die ſich halbrund drehn und kehren,</l><lb/> <l>Die manch zartes Band einſchleuſt:</l><lb/> <l>Und ein Gang der krum und kraus,</l><lb/> <l>Sich dreht wie ein Schnekken-Haus.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Nach-</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [171/0187]
Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Ein Gang (*) der aus Knochen geht,
Einen Nerven in ſich ſchlieſſet,
Der in viele Zweige ſprieſſet,
Und ein andrer (**) den der Mund,
Weil er dahin geht, macht kund.
Es erſtaunet unſre Seele,
Ob der Wundervollen Hoͤle
Die der Jrre-Garten (***) heiſt;
Darin ſind verſchiedne Roͤhren
Die ſich halbrund drehn und kehren,
Die manch zartes Band einſchleuſt:
Und ein Gang der krum und kraus,
Sich dreht wie ein Schnekken-Haus.
Nach-
(*) Dieſer Gang, wird der Waſſergang, und von ſei-
nen Erfinder aquæductus Fallopii genennet. Er hat
den Nahmen Waſſergang bekommen, weil er denen
verdekten Waſſerleitungen der alten Roͤmer gleichet.
(**) Dieſer Gang gehet aus der Trommelhoͤhle in den
Mund und wird wegen desjenigen, der ihn zu erſt ent-
dekket von den Zergliederern des Ohrs, ductus Eu-
ſtachii genennet. Der bringet beim Athemholen Luft
in die ſogenandte Trommelhoͤhle, welche zur Beſoͤr-
derung des Schalls dienet, und zur Erhaltung des
zarten Trommelfells nuͤzzet, daß von auſſen durch die
Lufft gedruͤkt wird. Es dienet auch denen, die Scha-
den am Gehoͤr haben, daß ſie einigermaſſen eine
ſchwache Empfindung des Schalles durch den Mund
bekommen. Daher es auch kommt daß taube Perſoh-
nen, wenn ſie den Mund offen haben ein wenig hoͤren.
(***) Man nennet die leztere Hoͤhle des Ohrs Laby-
rinth oder Jrrgarten, weil ſich dieſelbe ſo wunder-
bahr durch einander windet, daß man daſelbſt keinen
Ausgang finden kan.
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