Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Torheit derer Menschen.
Jener will gar Wärm und Frost fast zu gleicher Zeit
vereinen.

Jst es warm, so wünscht ers kalt, ist es kalt so
wünscht ers heiß,

Weil er wie ers haben will, nicht recht einmahl
selber weiß;

Er beschwert sich über das, was er, wie es kommt
muß nehmen,

GOtt kann nicht die Witterung blos nach unsern
Sinn bequemen:

Sondern es ist unsre Pflicht, daß wir unsre Seegel
drehn,

Wie im Reiche der Natur, Wind und Witterungen
gehn;

Daß wir unsre Arbeit stets, nach der Witterung
anstellen,

Und von deren Einrichtung kein unbillig Urtheil
fällen.

Wer sich aber drob beschwert, der giebt dadurch
klärlich vor,

Daß er, warlich überklug, und also ein albern
Thor,

Der den Schöpfer meistern will, da nach seinen
blinden Wollen,

Sich die Zeiten, Wetter, Luft, wunderbahrlich
ändern sollen.


Be-
Die Torheit derer Menſchen.
Jener will gar Waͤrm und Froſt faſt zu gleicher Zeit
vereinen.

Jſt es warm, ſo wuͤnſcht ers kalt, iſt es kalt ſo
wuͤnſcht ers heiß,

Weil er wie ers haben will, nicht recht einmahl
ſelber weiß;

Er beſchwert ſich uͤber das, was er, wie es kommt
muß nehmen,

GOtt kann nicht die Witterung blos nach unſern
Sinn bequemen:

Sondern es iſt unſre Pflicht, daß wir unſre Seegel
drehn,

Wie im Reiche der Natur, Wind und Witterungen
gehn;

Daß wir unſre Arbeit ſtets, nach der Witterung
anſtellen,

Und von deren Einrichtung kein unbillig Urtheil
faͤllen.

Wer ſich aber drob beſchwert, der giebt dadurch
klaͤrlich vor,

Daß er, warlich uͤberklug, und alſo ein albern
Thor,

Der den Schoͤpfer meiſtern will, da nach ſeinen
blinden Wollen,

Sich die Zeiten, Wetter, Luft, wunderbahrlich
aͤndern ſollen.


Be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0078" n="66"/>
          <fw place="top" type="header">Die Torheit derer Men&#x017F;chen.</fw><lb/>
          <l>Jener will gar Wa&#x0364;rm und Fro&#x017F;t fa&#x017F;t zu gleicher Zeit<lb/><hi rendition="#et">vereinen.</hi></l><lb/>
          <l>J&#x017F;t es warm, &#x017F;o wu&#x0364;n&#x017F;cht ers kalt, i&#x017F;t es kalt &#x017F;o<lb/><hi rendition="#et">wu&#x0364;n&#x017F;cht ers heiß,</hi></l><lb/>
          <l>Weil er wie ers haben will, nicht recht einmahl<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;elber weiß;</hi></l><lb/>
          <l>Er be&#x017F;chwert &#x017F;ich u&#x0364;ber das, was er, wie es kommt<lb/><hi rendition="#et">muß nehmen,</hi></l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">GOtt</hi> kann nicht die Witterung blos nach un&#x017F;ern<lb/><hi rendition="#et">Sinn bequemen:</hi></l><lb/>
          <l>Sondern es i&#x017F;t un&#x017F;re Pflicht, daß wir un&#x017F;re Seegel<lb/><hi rendition="#et">drehn,</hi></l><lb/>
          <l>Wie im Reiche der Natur, Wind und Witterungen<lb/><hi rendition="#et">gehn;</hi></l><lb/>
          <l>Daß wir un&#x017F;re Arbeit &#x017F;tets, nach der Witterung<lb/><hi rendition="#et">an&#x017F;tellen,</hi></l><lb/>
          <l>Und von deren Einrichtung kein unbillig Urtheil<lb/><hi rendition="#et">fa&#x0364;llen.</hi></l><lb/>
          <l>Wer &#x017F;ich aber drob be&#x017F;chwert, der giebt dadurch<lb/><hi rendition="#et">kla&#x0364;rlich vor,</hi></l><lb/>
          <l>Daß er, warlich u&#x0364;berklug, und al&#x017F;o ein albern<lb/><hi rendition="#et">Thor,</hi></l><lb/>
          <l>Der den Scho&#x0364;pfer mei&#x017F;tern will, da nach &#x017F;einen<lb/><hi rendition="#et">blinden Wollen,</hi></l><lb/>
          <l>Sich die Zeiten, Wetter, Luft, wunderbahrlich<lb/><hi rendition="#et">a&#x0364;ndern &#x017F;ollen.</hi></l>
        </lg>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Be-</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0078] Die Torheit derer Menſchen. Jener will gar Waͤrm und Froſt faſt zu gleicher Zeit vereinen. Jſt es warm, ſo wuͤnſcht ers kalt, iſt es kalt ſo wuͤnſcht ers heiß, Weil er wie ers haben will, nicht recht einmahl ſelber weiß; Er beſchwert ſich uͤber das, was er, wie es kommt muß nehmen, GOtt kann nicht die Witterung blos nach unſern Sinn bequemen: Sondern es iſt unſre Pflicht, daß wir unſre Seegel drehn, Wie im Reiche der Natur, Wind und Witterungen gehn; Daß wir unſre Arbeit ſtets, nach der Witterung anſtellen, Und von deren Einrichtung kein unbillig Urtheil faͤllen. Wer ſich aber drob beſchwert, der giebt dadurch klaͤrlich vor, Daß er, warlich uͤberklug, und alſo ein albern Thor, Der den Schoͤpfer meiſtern will, da nach ſeinen blinden Wollen, Sich die Zeiten, Wetter, Luft, wunderbahrlich aͤndern ſollen. Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/78
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/78>, abgerufen am 22.11.2024.