Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Die betrachtenswürdigen Bäume. Des Menschen Körper wird durch Krankheit un-terdrükt, An Bäumen wird auch oft der Seuchen Art er- blikt; Ein Rost, ein scharfer Krebs, ein Wurm der sie zernaget, Stellt uns das Elend vor, daß unsern Körper pla- get. Der Zeiten scharfer Zahn der ihre Stämm anfaßt, Der Jahre drükkende und überschwere Last, Befördert endlich noch der Bäume ihr Verderben, Das Alter zehrt uns aus, und macht daß wir er- sterben. O! wäre jederman den Bäumen darin gleich, Wie sie an Früchten sind, so auch an Werken reich, Die aus dem Glauben gehn, so würden wir was taugen, Und nicht dem Dornstrauch gleich, die Nahrung in uns saugen, Der keine Früchte bringt; so würde Nuz und Frucht Wie an dem (*) Feigenbaum vergeblich nicht ge- sucht. Wie viele finden sich, die wie die Cedern prangen, Woran doch keine Frucht nur schöne Blätter han- gen; Die einen grossen Schein der äusren Heiligkeit, Der doch nur blos ein Saum vom Pharisäer-Kleid, Darin ein Teuffel stekt. Der Werke Schau-Ge- richte. Sind oftmahls nur gemahlt, und nicht gewachsne Früchte. Ein (*) Matth. XXI. 19.
Die betrachtenswuͤrdigen Baͤume. Des Menſchen Koͤrper wird durch Krankheit un-terdruͤkt, An Baͤumen wird auch oft der Seuchen Art er- blikt; Ein Roſt, ein ſcharfer Krebs, ein Wurm der ſie zernaget, Stellt uns das Elend vor, daß unſern Koͤrper pla- get. Der Zeiten ſcharfer Zahn der ihre Staͤmm anfaßt, Der Jahre druͤkkende und uͤberſchwere Laſt, Befoͤrdert endlich noch der Baͤume ihr Verderben, Das Alter zehrt uns aus, und macht daß wir er- ſterben. O! waͤre jederman den Baͤumen darin gleich, Wie ſie an Fruͤchten ſind, ſo auch an Werken reich, Die aus dem Glauben gehn, ſo wuͤrden wir was taugen, Und nicht dem Dornſtrauch gleich, die Nahrung in uns ſaugen, Der keine Fruͤchte bringt; ſo wuͤrde Nuz und Frucht Wie an dem (*) Feigenbaum vergeblich nicht ge- ſucht. Wie viele finden ſich, die wie die Cedern prangen, Woran doch keine Frucht nur ſchoͤne Blaͤtter han- gen; Die einen groſſen Schein der aͤuſren Heiligkeit, Der doch nur blos ein Saum vom Phariſaͤer-Kleid, Darin ein Teuffel ſtekt. Der Werke Schau-Ge- richte. Sind oftmahls nur gemahlt, und nicht gewachſne Fruͤchte. Ein (*) Matth. XXI. 19.
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Die betrachtenswuͤrdigen Baͤume.
Des Menſchen Koͤrper wird durch Krankheit un-
terdruͤkt,
An Baͤumen wird auch oft der Seuchen Art er-
blikt;
Ein Roſt, ein ſcharfer Krebs, ein Wurm der ſie
zernaget,
Stellt uns das Elend vor, daß unſern Koͤrper pla-
get.
Der Zeiten ſcharfer Zahn der ihre Staͤmm anfaßt,
Der Jahre druͤkkende und uͤberſchwere Laſt,
Befoͤrdert endlich noch der Baͤume ihr Verderben,
Das Alter zehrt uns aus, und macht daß wir er-
ſterben.
O! waͤre jederman den Baͤumen darin gleich,
Wie ſie an Fruͤchten ſind, ſo auch an Werken
reich,
Die aus dem Glauben gehn, ſo wuͤrden wir was
taugen,
Und nicht dem Dornſtrauch gleich, die Nahrung
in uns ſaugen,
Der keine Fruͤchte bringt; ſo wuͤrde Nuz und
Frucht
Wie an dem (*) Feigenbaum vergeblich nicht ge-
ſucht.
Wie viele finden ſich, die wie die Cedern prangen,
Woran doch keine Frucht nur ſchoͤne Blaͤtter han-
gen;
Die einen groſſen Schein der aͤuſren Heiligkeit,
Der doch nur blos ein Saum vom Phariſaͤer-Kleid,
Darin ein Teuffel ſtekt. Der Werke Schau-Ge-
richte.
Sind oftmahls nur gemahlt, und nicht gewachſne
Fruͤchte.
Ein
(*) Matth. XXI. 19.
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