So sind sie schwammigt doch mit Rinden woll ver- wahrt, Und sind Canälen gleich, die solche Säfte saugen, Die zu des Stammes Wuchs und seiner Nahrung taugen. Sie sind auch hie und da mit Oefnungen versehn, Wodurch die Lüfte sich als wie durch Röhren drehn, Die dienen theils, den Saft, der klebricht fort zu treiben, Theils in den inren Stamm sich mit ein zu verlei- ben. Sieht man den Baum selbst an, wie er sich aus- werts zeigt, So findet sich der Stamm, der in die Höhe steigt, Sein holzig Wesen ist, wenn man es recht be- schauet, Aus hohlen Fäserchen mit Saft erfüllt, erbauet. Man trift drin Bläsgens an, darin der Saft ein- quillt, Gekocht, gereinigt wird, und sind gleichsam ein Bild, Von Drüssen die der Mensch in seinem Leibe träget. Wenn man das Aussenwerk des Stammes Rind erweget, Und seine schrofne Haut, so sieht man abermahl, Die Wunder weiser Macht, die ohne alle Zahl, Denn alles ist daran so herrlich eingefasset, Daß alles ordentlich zu seinem Zwekke passet. Es läuft der Saft im Stamm, als wie im Adern fort, Und sezt sich allemahl an den bestimmten Ort, Und mehret seine Größ, da sich die Feuchtigkei- ten,
Zu
B 4
Die betrachtenswuͤrdigen Baͤume.
So ſind ſie ſchwammigt doch mit Rinden woll ver- wahrt, Und ſind Canaͤlen gleich, die ſolche Saͤfte ſaugen, Die zu des Stammes Wuchs und ſeiner Nahrung taugen. Sie ſind auch hie und da mit Oefnungen verſehn, Wodurch die Luͤfte ſich als wie durch Roͤhren drehn, Die dienen theils, den Saft, der klebricht fort zu treiben, Theils in den inren Stamm ſich mit ein zu verlei- ben. Sieht man den Baum ſelbſt an, wie er ſich aus- werts zeigt, So findet ſich der Stamm, der in die Hoͤhe ſteigt, Sein holzig Weſen iſt, wenn man es recht be- ſchauet, Aus hohlen Faͤſerchen mit Saft erfuͤllt, erbauet. Man trift drin Blaͤsgens an, darin der Saft ein- quillt, Gekocht, gereinigt wird, und ſind gleichſam ein Bild, Von Druͤſſen die der Menſch in ſeinem Leibe traͤget. Wenn man das Auſſenwerk des Stammes Rind erweget, Und ſeine ſchrofne Haut, ſo ſieht man abermahl, Die Wunder weiſer Macht, die ohne alle Zahl, Denn alles iſt daran ſo herrlich eingefaſſet, Daß alles ordentlich zu ſeinem Zwekke paſſet. Es laͤuft der Saft im Stamm, als wie im Adern fort, Und ſezt ſich allemahl an den beſtimmten Ort, Und mehret ſeine Groͤß, da ſich die Feuchtigkei- ten,
Zu
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Die betrachtenswuͤrdigen Baͤume.
So ſind ſie ſchwammigt doch mit Rinden woll ver-
wahrt,
Und ſind Canaͤlen gleich, die ſolche Saͤfte ſaugen,
Die zu des Stammes Wuchs und ſeiner Nahrung
taugen.
Sie ſind auch hie und da mit Oefnungen verſehn,
Wodurch die Luͤfte ſich als wie durch Roͤhren
drehn,
Die dienen theils, den Saft, der klebricht fort zu
treiben,
Theils in den inren Stamm ſich mit ein zu verlei-
ben.
Sieht man den Baum ſelbſt an, wie er ſich aus-
werts zeigt,
So findet ſich der Stamm, der in die Hoͤhe ſteigt,
Sein holzig Weſen iſt, wenn man es recht be-
ſchauet,
Aus hohlen Faͤſerchen mit Saft erfuͤllt, erbauet.
Man trift drin Blaͤsgens an, darin der Saft ein-
quillt,
Gekocht, gereinigt wird, und ſind gleichſam ein
Bild,
Von Druͤſſen die der Menſch in ſeinem Leibe traͤget.
Wenn man das Auſſenwerk des Stammes Rind
erweget,
Und ſeine ſchrofne Haut, ſo ſieht man abermahl,
Die Wunder weiſer Macht, die ohne alle Zahl,
Denn alles iſt daran ſo herrlich eingefaſſet,
Daß alles ordentlich zu ſeinem Zwekke paſſet.
Es laͤuft der Saft im Stamm, als wie im Adern
fort,
Und ſezt ſich allemahl an den beſtimmten Ort,
Und mehret ſeine Groͤß, da ſich die Feuchtigkei-
ten,
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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/35>, abgerufen am 27.02.2025.
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