Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.
Wie viele sind in langer Zeit, Als Rosen hier im Staub vergangen, Ein gleiches Schiksahl wird gedräut Den, die in ihrer Blüte prangen: Bedenket dieses die ihr meint, Daß euer Antliz herlich scheint; Wie leicht ist es nicht auch geschehen, Daß ihr hier müst erblaßt verwehen. Drum lernet eure Eitelkeit, Auf diesen Sammelplaz erkennen; Der Raum ist kaum ein Spannebreit, Die Todt und Leben bei uns trennen; Wie mannigfaltig ist die Noth, Die uns mit der Verwesung droht; Die uns auf denen Sterbgefilden, Die Gräber vor die Augen bilden. Seht was da sey die Leidenschaft Die uns hat Lebenslang gequälet, Wenn uns der Todt von hinnen raft Wo bleibt das Ziel das wir erwählet? O! möchte also jederman, Der den Affect nicht zwingen kan, Nur auf dem Kirchhof das an hören, Was uns die stummen Todten lehren! Sie machen mit verschlossnen Mund, Das was ein jeder zu bedenken An ihrer eignen Beispiel kund: Daß Sterbliche sich nur versenken Jn
Wie viele ſind in langer Zeit, Als Roſen hier im Staub vergangen, Ein gleiches Schikſahl wird gedraͤut Den, die in ihrer Bluͤte prangen: Bedenket dieſes die ihr meint, Daß euer Antliz herlich ſcheint; Wie leicht iſt es nicht auch geſchehen, Daß ihr hier muͤſt erblaßt verwehen. Drum lernet eure Eitelkeit, Auf dieſen Sammelplaz erkennen; Der Raum iſt kaum ein Spannebreit, Die Todt und Leben bei uns trennen; Wie mannigfaltig iſt die Noth, Die uns mit der Verweſung droht; Die uns auf denen Sterbgefilden, Die Graͤber vor die Augen bilden. Seht was da ſey die Leidenſchaft Die uns hat Lebenslang gequaͤlet, Wenn uns der Todt von hinnen raft Wo bleibt das Ziel das wir erwaͤhlet? O! moͤchte alſo jederman, Der den Affect nicht zwingen kan, Nur auf dem Kirchhof das an hoͤren, Was uns die ſtummen Todten lehren! Sie machen mit verſchloſſnen Mund, Das was ein jeder zu bedenken An ihrer eignen Beiſpiel kund: Daß Sterbliche ſich nur verſenken Jn
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Der Lehrreiche Kirchhoff.
So leicht vergehen auch die Schoͤnen
Die ſich mit Roſenſchmuk bekroͤnen.
Wie viele ſind in langer Zeit,
Als Roſen hier im Staub vergangen,
Ein gleiches Schikſahl wird gedraͤut
Den, die in ihrer Bluͤte prangen:
Bedenket dieſes die ihr meint,
Daß euer Antliz herlich ſcheint;
Wie leicht iſt es nicht auch geſchehen,
Daß ihr hier muͤſt erblaßt verwehen.
Drum lernet eure Eitelkeit,
Auf dieſen Sammelplaz erkennen;
Der Raum iſt kaum ein Spannebreit,
Die Todt und Leben bei uns trennen;
Wie mannigfaltig iſt die Noth,
Die uns mit der Verweſung droht;
Die uns auf denen Sterbgefilden,
Die Graͤber vor die Augen bilden.
Seht was da ſey die Leidenſchaft
Die uns hat Lebenslang gequaͤlet,
Wenn uns der Todt von hinnen raft
Wo bleibt das Ziel das wir erwaͤhlet?
O! moͤchte alſo jederman,
Der den Affect nicht zwingen kan,
Nur auf dem Kirchhof das an hoͤren,
Was uns die ſtummen Todten lehren!
Sie machen mit verſchloſſnen Mund,
Das was ein jeder zu bedenken
An ihrer eignen Beiſpiel kund:
Daß Sterbliche ſich nur verſenken
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