Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Verwandelungen an den Bäumen.
Welche schöne Augenweide,
Wenn man in die Gärten blikt,
Wo zuvor im grünen Kleide,
Uns der Bäume Pracht entzükt:
Nunmehr ist das Grün entflogen
Und das Laub im hellen Glanz
Als mit Goldblech überzogen,
Und der Gipfel runder Kranz,
Scheinet in der heitren Ferne,
Als wenn er voll güldner Sterne.
Sieh O! Mensch die weise Weise
Unsers Schöpfers hierin an,
Und erwege ihm zum Preise,
Was sein Allmachts-Finger kan!
Da der Frühling ist verschwunden,
Und die Sommerszeit vorbei
Und der Herbst sich eingefunden:
Wird der Hofnung Liverei,
Da nun die Erfüllung kommen,
Weislich wieder abgenommen.
Diese Welt das Schaugerüste
Jst stets herrlich ausgeziert,
Da ein Vorwurf süsser Lüste,
Die begiergen Sinnen rührt;
Wenn wir etwas gnug besehen,
Muß es, ehe man es meint,
Sich verwandeln, nicht vergehen,
Da ein andrer Schmuk erscheint,
Den das Aug mit Lust erblikket,
Wenn er wieder vorgerükket.
Gär-
Dritter Theil. B
Verwandelungen an den Baͤumen.
Welche ſchoͤne Augenweide,
Wenn man in die Gaͤrten blikt,
Wo zuvor im gruͤnen Kleide,
Uns der Baͤume Pracht entzuͤkt:
Nunmehr iſt das Gruͤn entflogen
Und das Laub im hellen Glanz
Als mit Goldblech uͤberzogen,
Und der Gipfel runder Kranz,
Scheinet in der heitren Ferne,
Als wenn er voll guͤldner Sterne.
Sieh O! Menſch die weiſe Weiſe
Unſers Schoͤpfers hierin an,
Und erwege ihm zum Preiſe,
Was ſein Allmachts-Finger kan!
Da der Fruͤhling iſt verſchwunden,
Und die Sommerszeit vorbei
Und der Herbſt ſich eingefunden:
Wird der Hofnung Liverei,
Da nun die Erfuͤllung kommen,
Weislich wieder abgenommen.
Dieſe Welt das Schaugeruͤſte
Jſt ſtets herrlich ausgeziert,
Da ein Vorwurf ſuͤſſer Luͤſte,
Die begiergen Sinnen ruͤhrt;
Wenn wir etwas gnug beſehen,
Muß es, ehe man es meint,
Sich verwandeln, nicht vergehen,
Da ein andrer Schmuk erſcheint,
Den das Aug mit Luſt erblikket,
Wenn er wieder vorgeruͤkket.
Gaͤr-
Dritter Theil. B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0029" n="17"/>
          <fw place="top" type="header">Verwandelungen an den Ba&#x0364;umen.</fw><lb/>
          <lg n="3">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>elche &#x017F;cho&#x0364;ne Augenweide,</l><lb/>
            <l>Wenn man in die Ga&#x0364;rten blikt,</l><lb/>
            <l>Wo zuvor im gru&#x0364;nen Kleide,</l><lb/>
            <l>Uns der Ba&#x0364;ume Pracht entzu&#x0364;kt:</l><lb/>
            <l>Nunmehr i&#x017F;t das Gru&#x0364;n entflogen</l><lb/>
            <l>Und das Laub im hellen Glanz</l><lb/>
            <l>Als mit Goldblech u&#x0364;berzogen,</l><lb/>
            <l>Und der Gipfel runder Kranz,</l><lb/>
            <l>Scheinet in der heitren Ferne,</l><lb/>
            <l>Als wenn er voll gu&#x0364;ldner Sterne.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>ieh O! Men&#x017F;ch die wei&#x017F;e Wei&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;ers Scho&#x0364;pfers hierin an,</l><lb/>
            <l>Und erwege ihm zum Prei&#x017F;e,</l><lb/>
            <l>Was &#x017F;ein Allmachts-Finger kan!</l><lb/>
            <l>Da der Fru&#x0364;hling i&#x017F;t ver&#x017F;chwunden,</l><lb/>
            <l>Und die Sommerszeit vorbei</l><lb/>
            <l>Und der Herb&#x017F;t &#x017F;ich eingefunden:</l><lb/>
            <l>Wird der Hofnung Liverei,</l><lb/>
            <l>Da nun die Erfu&#x0364;llung kommen,</l><lb/>
            <l>Weislich wieder abgenommen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie&#x017F;e Welt das Schaugeru&#x0364;&#x017F;te</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t &#x017F;tets herrlich ausgeziert,</l><lb/>
            <l>Da ein Vorwurf &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Lu&#x0364;&#x017F;te,</l><lb/>
            <l>Die begiergen Sinnen ru&#x0364;hrt;</l><lb/>
            <l>Wenn wir etwas gnug be&#x017F;ehen,</l><lb/>
            <l>Muß es, ehe man es meint,</l><lb/>
            <l>Sich verwandeln, nicht vergehen,</l><lb/>
            <l>Da ein andrer Schmuk er&#x017F;cheint,</l><lb/>
            <l>Den das Aug mit Lu&#x017F;t erblikket,</l><lb/>
            <l>Wenn er wieder vorgeru&#x0364;kket.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Dritter Theil.</hi> B</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Ga&#x0364;r-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0029] Verwandelungen an den Baͤumen. Welche ſchoͤne Augenweide, Wenn man in die Gaͤrten blikt, Wo zuvor im gruͤnen Kleide, Uns der Baͤume Pracht entzuͤkt: Nunmehr iſt das Gruͤn entflogen Und das Laub im hellen Glanz Als mit Goldblech uͤberzogen, Und der Gipfel runder Kranz, Scheinet in der heitren Ferne, Als wenn er voll guͤldner Sterne. Sieh O! Menſch die weiſe Weiſe Unſers Schoͤpfers hierin an, Und erwege ihm zum Preiſe, Was ſein Allmachts-Finger kan! Da der Fruͤhling iſt verſchwunden, Und die Sommerszeit vorbei Und der Herbſt ſich eingefunden: Wird der Hofnung Liverei, Da nun die Erfuͤllung kommen, Weislich wieder abgenommen. Dieſe Welt das Schaugeruͤſte Jſt ſtets herrlich ausgeziert, Da ein Vorwurf ſuͤſſer Luͤſte, Die begiergen Sinnen ruͤhrt; Wenn wir etwas gnug beſehen, Muß es, ehe man es meint, Sich verwandeln, nicht vergehen, Da ein andrer Schmuk erſcheint, Den das Aug mit Luſt erblikket, Wenn er wieder vorgeruͤkket. Gaͤr- Dritter Theil. B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/29
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/29>, abgerufen am 22.12.2024.