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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

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Die Völlerei.
Vrrsäumet seine Pflicht, sein geistlich, leiblich Wohl,
Zerrüttet seinen Geist, die Kräfte seiner Seelen,
Er wird ein Peiniger, um sich nur selbst zu quälen.
Wer Uebermaasse liebt, verdirbet den Verstand,
Dadurch die Warheit wird in jedem Ding erkannt;
Die Dünste von der Last, die seinen Magen füllen,
Benebeln den Verstand, betäuben auch den Wil-
len.

Der Seelen rege Kraft die so gedrükket liegt,
Und die die Völlerei mit schweren Träumen wiegt,
Verliehrt der Freiheit Stand, da die Begierden strei-
ten,

Und über die Vernunft stets neuen Sieg erbeuten;
Der Wille der die Lust zur guten Handlung zeugt,
Wird durch den Ueberflus, als in ein Joch gebeugt,
Die Last die drükket ihn, er kan sich nicht erheben,
Und muß im Element der Sinnligkeiten leben;
Wo des Verstandes Licht, mit schwarzen Dunst
gefüllt,

Von Dunkelheit bedekt, von Nebel ganz umhült;
Und wo der Wille liegt von der Begier bezwungen,
Da wird das Gute leicht aus unsern Geist verdrun-
gen.

Wie ist man da geschikt, wenn man im Pfüzen
liegt,

Und sich an Speiß und Trank, als höchsten Gut
vergnügt,

Den Geist zu GOtt hinauf in Andacht zu erhe-
ben,

Und so wie sichs gebührt, in Heiligkeit zu leben?
Ein Schlemmer der sein Herz zur Völlerei gewöhnt,
Und als ein eitler Knecht den Sinnligkeiten fröhnt,
Macht seinen Bauch zum GOtt den sucht er zu er-
gözen,

Wer
R 5
Die Voͤllerei.
Vrrſaͤumet ſeine Pflicht, ſein geiſtlich, leiblich Wohl,
Zerruͤttet ſeinen Geiſt, die Kraͤfte ſeiner Seelen,
Er wird ein Peiniger, um ſich nur ſelbſt zu quaͤlen.
Wer Uebermaaſſe liebt, verdirbet den Verſtand,
Dadurch die Warheit wird in jedem Ding erkannt;
Die Duͤnſte von der Laſt, die ſeinen Magen fuͤllen,
Benebeln den Verſtand, betaͤuben auch den Wil-
len.

Der Seelen rege Kraft die ſo gedruͤkket liegt,
Und die die Voͤllerei mit ſchweren Traͤumen wiegt,
Verliehrt der Freiheit Stand, da die Begierden ſtrei-
ten,

Und uͤber die Vernunft ſtets neuen Sieg erbeuten;
Der Wille der die Luſt zur guten Handlung zeugt,
Wird durch den Ueberflus, als in ein Joch gebeugt,
Die Laſt die druͤkket ihn, er kan ſich nicht erheben,
Und muß im Element der Sinnligkeiten leben;
Wo des Verſtandes Licht, mit ſchwarzen Dunſt
gefuͤllt,

Von Dunkelheit bedekt, von Nebel ganz umhuͤlt;
Und wo der Wille liegt von der Begier bezwungen,
Da wird das Gute leicht aus unſern Geiſt verdrun-
gen.

Wie iſt man da geſchikt, wenn man im Pfuͤzen
liegt,

Und ſich an Speiß und Trank, als hoͤchſten Gut
vergnuͤgt,

Den Geiſt zu GOtt hinauf in Andacht zu erhe-
ben,

Und ſo wie ſichs gebuͤhrt, in Heiligkeit zu leben?
Ein Schlemmer der ſein Herz zur Voͤllerei gewoͤhnt,
Und als ein eitler Knecht den Sinnligkeiten froͤhnt,
Macht ſeinen Bauch zum GOtt den ſucht er zu er-
goͤzen,

Wer
R 5
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[265/0277] Die Voͤllerei. Vrrſaͤumet ſeine Pflicht, ſein geiſtlich, leiblich Wohl, Zerruͤttet ſeinen Geiſt, die Kraͤfte ſeiner Seelen, Er wird ein Peiniger, um ſich nur ſelbſt zu quaͤlen. Wer Uebermaaſſe liebt, verdirbet den Verſtand, Dadurch die Warheit wird in jedem Ding erkannt; Die Duͤnſte von der Laſt, die ſeinen Magen fuͤllen, Benebeln den Verſtand, betaͤuben auch den Wil- len. Der Seelen rege Kraft die ſo gedruͤkket liegt, Und die die Voͤllerei mit ſchweren Traͤumen wiegt, Verliehrt der Freiheit Stand, da die Begierden ſtrei- ten, Und uͤber die Vernunft ſtets neuen Sieg erbeuten; Der Wille der die Luſt zur guten Handlung zeugt, Wird durch den Ueberflus, als in ein Joch gebeugt, Die Laſt die druͤkket ihn, er kan ſich nicht erheben, Und muß im Element der Sinnligkeiten leben; Wo des Verſtandes Licht, mit ſchwarzen Dunſt gefuͤllt, Von Dunkelheit bedekt, von Nebel ganz umhuͤlt; Und wo der Wille liegt von der Begier bezwungen, Da wird das Gute leicht aus unſern Geiſt verdrun- gen. Wie iſt man da geſchikt, wenn man im Pfuͤzen liegt, Und ſich an Speiß und Trank, als hoͤchſten Gut vergnuͤgt, Den Geiſt zu GOtt hinauf in Andacht zu erhe- ben, Und ſo wie ſichs gebuͤhrt, in Heiligkeit zu leben? Ein Schlemmer der ſein Herz zur Voͤllerei gewoͤhnt, Und als ein eitler Knecht den Sinnligkeiten froͤhnt, Macht ſeinen Bauch zum GOtt den ſucht er zu er- goͤzen, Wer R 5

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/277>, abgerufen am 22.12.2024.