Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.
O! Keuschheit du bist hoch zuschäzen, Und wer sich wird an dir ergözen, Jst eines wahren Ruhmes werth. Die Keuschen sind viel grössre Helden, Als die davon Geschichte melden, Daß sie die halbe Welt verheert; Die Keuschen haben mehr errungen, Als die die Volk und Land bezwungen. Wo sind die Helden, Alexander, Die grossen Krieger mit einander? Man sehe ihre Thaten an, Sie haben bis aufs Blut gefochten, Sich manchen Lorbeer-Kranz geflochten, Auf der zum Kampf bestimmten Bahn; Sie haben Ost und West besieget, Das unter ihren Füssen lieget. Allein sie sind doch überwunden, Und offte in gar wenig Stunden, Von einer geilen Ueppigkeit; Die Helden in den blutgen Morden, Sind dennoch arme Sclaven worden, Und ganz besiegt in Wollust-Streit; Drum müssen in den Helden Saalen, Die Keuschen über alle strahlen. Es ist auch eine ewge Krone, Den
O! Keuſchheit du biſt hoch zuſchaͤzen, Und wer ſich wird an dir ergoͤzen, Jſt eines wahren Ruhmes werth. Die Keuſchen ſind viel groͤſſre Helden, Als die davon Geſchichte melden, Daß ſie die halbe Welt verheert; Die Keuſchen haben mehr errungen, Als die die Volk und Land bezwungen. Wo ſind die Helden, Alexander, Die groſſen Krieger mit einander? Man ſehe ihre Thaten an, Sie haben bis aufs Blut gefochten, Sich manchen Lorbeer-Kranz geflochten, Auf der zum Kampf beſtimmten Bahn; Sie haben Oſt und Weſt beſieget, Das unter ihren Fuͤſſen lieget. Allein ſie ſind doch uͤberwunden, Und offte in gar wenig Stunden, Von einer geilen Ueppigkeit; Die Helden in den blutgen Morden, Sind dennoch arme Sclaven worden, Und ganz beſiegt in Wolluſt-Streit; Drum muͤſſen in den Helden Saalen, Die Keuſchen uͤber alle ſtrahlen. Es iſt auch eine ewge Krone, Den
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Die Keuſchheit.
Die koͤnnen unverwelkte Myrten
Um ihre reine Schlaͤffe guͤrten;
Die koͤnnen ſich, bei Perlen-Glanz
Jn weiſſen Attlas, heller Seiden,
Als ihren rechten Brautſchmuk kleiden.
O! Keuſchheit du biſt hoch zuſchaͤzen,
Und wer ſich wird an dir ergoͤzen,
Jſt eines wahren Ruhmes werth.
Die Keuſchen ſind viel groͤſſre Helden,
Als die davon Geſchichte melden,
Daß ſie die halbe Welt verheert;
Die Keuſchen haben mehr errungen,
Als die die Volk und Land bezwungen.
Wo ſind die Helden, Alexander,
Die groſſen Krieger mit einander?
Man ſehe ihre Thaten an,
Sie haben bis aufs Blut gefochten,
Sich manchen Lorbeer-Kranz geflochten,
Auf der zum Kampf beſtimmten Bahn;
Sie haben Oſt und Weſt beſieget,
Das unter ihren Fuͤſſen lieget.
Allein ſie ſind doch uͤberwunden,
Und offte in gar wenig Stunden,
Von einer geilen Ueppigkeit;
Die Helden in den blutgen Morden,
Sind dennoch arme Sclaven worden,
Und ganz beſiegt in Wolluſt-Streit;
Drum muͤſſen in den Helden Saalen,
Die Keuſchen uͤber alle ſtrahlen.
Es iſt auch eine ewge Krone,
Den
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