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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

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Die Keuschheit.

Wie könnt ihr keusche Seelen heissen,
Und euch der Keuschheit nicht befleissen?

Von aussen kalt, von innen glimmen
Das soll bei euch zusammen stimmen;
Jhr wollet bei dem äusren Schein,
Wo alle Wollusts Blikke fliegen,
Euch an dem geilen Scherz vergnügen,
Doch keusch und reines Herzens seyn;
Bei Beiden herrschet ein Verstellen,
Da die Begierden überschwellen.
Bedenket dies ihr eitlen Seelen!
Die sich mit reiner Zucht vermählen,
Die lieben sie von Herzengrund;
Die trachten stets die Lust zu steuren,
Die sie zur Geilheit will anfeuren;
Die machen auch in Worten kund
Jn allen ihren Thun und Handeln,
Daß sie nicht böse Wege wandeln.
Die lieben ein sittsames Wesen,
Gespielinnen die sie erlesen
Sind Erbarkeit, Bescheidenheit;
Gefährten die sie stets begleiten,
Daß sie nicht aus den Spuren schreiten,
Sind Arbeit und die Mäßigkeit;
Die diese zur Gesellschafft lieben,
Die können wahre Keuschheit üben.
Die sich so selbst mit Ernst bekriegen,
Und über die Begierden siegen,
Verdienen einen Ehren-Kranz,
Die
Q 5

Die Keuſchheit.

Wie koͤnnt ihr keuſche Seelen heiſſen,
Und euch der Keuſchheit nicht befleiſſen?

Von auſſen kalt, von innen glimmen
Das ſoll bei euch zuſammen ſtimmen;
Jhr wollet bei dem aͤuſren Schein,
Wo alle Wolluſts Blikke fliegen,
Euch an dem geilen Scherz vergnuͤgen,
Doch keuſch und reines Herzens ſeyn;
Bei Beiden herrſchet ein Verſtellen,
Da die Begierden uͤberſchwellen.
Bedenket dies ihr eitlen Seelen!
Die ſich mit reiner Zucht vermaͤhlen,
Die lieben ſie von Herzengrund;
Die trachten ſtets die Luſt zu ſteuren,
Die ſie zur Geilheit will anfeuren;
Die machen auch in Worten kund
Jn allen ihren Thun und Handeln,
Daß ſie nicht boͤſe Wege wandeln.
Die lieben ein ſittſames Weſen,
Geſpielinnen die ſie erleſen
Sind Erbarkeit, Beſcheidenheit;
Gefaͤhrten die ſie ſtets begleiten,
Daß ſie nicht aus den Spuren ſchreiten,
Sind Arbeit und die Maͤßigkeit;
Die dieſe zur Geſellſchafft lieben,
Die koͤnnen wahre Keuſchheit uͤben.
Die ſich ſo ſelbſt mit Ernſt bekriegen,
Und uͤber die Begierden ſiegen,
Verdienen einen Ehren-Kranz,
Die
Q 5
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[149[249]/0261] Die Keuſchheit. Wie koͤnnt ihr keuſche Seelen heiſſen, Und euch der Keuſchheit nicht befleiſſen? Von auſſen kalt, von innen glimmen Das ſoll bei euch zuſammen ſtimmen; Jhr wollet bei dem aͤuſren Schein, Wo alle Wolluſts Blikke fliegen, Euch an dem geilen Scherz vergnuͤgen, Doch keuſch und reines Herzens ſeyn; Bei Beiden herrſchet ein Verſtellen, Da die Begierden uͤberſchwellen. Bedenket dies ihr eitlen Seelen! Die ſich mit reiner Zucht vermaͤhlen, Die lieben ſie von Herzengrund; Die trachten ſtets die Luſt zu ſteuren, Die ſie zur Geilheit will anfeuren; Die machen auch in Worten kund Jn allen ihren Thun und Handeln, Daß ſie nicht boͤſe Wege wandeln. Die lieben ein ſittſames Weſen, Geſpielinnen die ſie erleſen Sind Erbarkeit, Beſcheidenheit; Gefaͤhrten die ſie ſtets begleiten, Daß ſie nicht aus den Spuren ſchreiten, Sind Arbeit und die Maͤßigkeit; Die dieſe zur Geſellſchafft lieben, Die koͤnnen wahre Keuſchheit uͤben. Die ſich ſo ſelbſt mit Ernſt bekriegen, Und uͤber die Begierden ſiegen, Verdienen einen Ehren-Kranz, Die Q 5

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 149[249]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/261>, abgerufen am 05.10.2024.