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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

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Die Geilheit.

Die die Keuschheit trägt zum Lohne,
Als den besten Schmuk in acht;
Jhr steht auf den Scheidewege,
Meidet alle Lasterstege.

Tugend will euch lieblich krönen,
Flieht das Lokspiel der Sirenen
Das mit falschen Klang betriegt.
Da ist nur ein schön Gemüthe,
Wo der Jugend frischen Blüte,
Unbeflekt und unbefiegt;
Wer den schnöden Lastern fröhnet,
Kämpft nicht, und wird nicht gekrönet.
Tugend winkt, die Laster lokken,
Stellen viele eitle Tokken
Jm gepuzten Glanze vor;
Wer der Tugend Reitzung fliehet,
Sich um falschen Schein bemühet,
Handelt blindlings als ein Thor,
Sieht, daß er zulezt betrogen,
Wenn der eitle Schein entflogen.
Tugend-Weg bringt wahre Freude,
Lasterpfad zeigt eine Weide,
Wo ein wilder Honig fleußt:
Wer auf Tugend-Wegen ringet,
Sieht das es ihm wohl gelinget;
Wer dagegen das geneust,
Was die Geilheit aufgetischet,
Schmekt daß es mit Gift vermischet.
Alle diese Lokkungsspeisen,
Die die Laster euch anpreisen,
Näh-

Die Geilheit.

Die die Keuſchheit traͤgt zum Lohne,
Als den beſten Schmuk in acht;
Jhr ſteht auf den Scheidewege,
Meidet alle Laſterſtege.

Tugend will euch lieblich kroͤnen,
Flieht das Lokſpiel der Sirenen
Das mit falſchen Klang betriegt.
Da iſt nur ein ſchoͤn Gemuͤthe,
Wo der Jugend friſchen Bluͤte,
Unbeflekt und unbefiegt;
Wer den ſchnoͤden Laſtern froͤhnet,
Kaͤmpft nicht, und wird nicht gekroͤnet.
Tugend winkt, die Laſter lokken,
Stellen viele eitle Tokken
Jm gepuzten Glanze vor;
Wer der Tugend Reitzung fliehet,
Sich um falſchen Schein bemuͤhet,
Handelt blindlings als ein Thor,
Sieht, daß er zulezt betrogen,
Wenn der eitle Schein entflogen.
Tugend-Weg bringt wahre Freude,
Laſterpfad zeigt eine Weide,
Wo ein wilder Honig fleußt:
Wer auf Tugend-Wegen ringet,
Sieht das es ihm wohl gelinget;
Wer dagegen das geneuſt,
Was die Geilheit aufgetiſchet,
Schmekt daß es mit Gift vermiſchet.
Alle dieſe Lokkungsſpeiſen,
Die die Laſter euch anpreiſen,
Naͤh-
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[240/0252] Die Geilheit. Die die Keuſchheit traͤgt zum Lohne, Als den beſten Schmuk in acht; Jhr ſteht auf den Scheidewege, Meidet alle Laſterſtege. Tugend will euch lieblich kroͤnen, Flieht das Lokſpiel der Sirenen Das mit falſchen Klang betriegt. Da iſt nur ein ſchoͤn Gemuͤthe, Wo der Jugend friſchen Bluͤte, Unbeflekt und unbefiegt; Wer den ſchnoͤden Laſtern froͤhnet, Kaͤmpft nicht, und wird nicht gekroͤnet. Tugend winkt, die Laſter lokken, Stellen viele eitle Tokken Jm gepuzten Glanze vor; Wer der Tugend Reitzung fliehet, Sich um falſchen Schein bemuͤhet, Handelt blindlings als ein Thor, Sieht, daß er zulezt betrogen, Wenn der eitle Schein entflogen. Tugend-Weg bringt wahre Freude, Laſterpfad zeigt eine Weide, Wo ein wilder Honig fleußt: Wer auf Tugend-Wegen ringet, Sieht das es ihm wohl gelinget; Wer dagegen das geneuſt, Was die Geilheit aufgetiſchet, Schmekt daß es mit Gift vermiſchet. Alle dieſe Lokkungsſpeiſen, Die die Laſter euch anpreiſen, Naͤh-

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/252>, abgerufen am 22.12.2024.