Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Der thörigte Hochmuth.
Woraus der Laster Schaum der uns beschmizt, sich
geust,

Jst unsre Eigenlieb, die uns mit Wind aufschwel-
let,

Und vor der Einbildung Vergrößrungs-Spiegel
stellet.

Ein Mensche der ihr folgt, und ihrer Stimme hört,
Wird durch dem Selbstbetrug in blinden Wahn be-
thört,

Er sieht sich darum an, daß er will gros erscheinen,
Und darum sind wir gros, weil wir es albern mei-
nen.

Der Eigenliebe Brut, der Stolz der uns erhebt,
Zeigt sich auf manche Art, nachdem der Mensche
lebt,

Jn Glük und Ungelük. Wenn er im Glükke grünet,
Will er ein Abgott seyn, dem alle Welt bedienet.
Lebt er im Gegentheil durchs Schiksal in dem
Staub,

So schmeichelt ihn der Wahn, des Herzens blinder
Glaub,

Er müste herrlich seyn, wenn in der Welt die Eh-
re,

Jedweden nach Verdienst, nur ausgetheilet wäre.
Das Gute was er hat, ist es gleich nur sehr klein,
Muß doch viel grösser noch, als bei dem andern
seyn.

Und die Geschiklichkeit, die Vollenkommenheiten,
Die können gegen das, was er hat nichts bedeuten.
Jst mit den Hochmuths-Sinn der Unverstand ver-
paart,

So brüstet sich ein Mensch nach stolzer Pfauen
Art,

Er siehet sich nur an, er pocht auf seine Gaben,
Und
H 4
Der thoͤrigte Hochmuth.
Woraus der Laſter Schaum der uns beſchmizt, ſich
geuſt,

Jſt unſre Eigenlieb, die uns mit Wind aufſchwel-
let,

Und vor der Einbildung Vergroͤßrungs-Spiegel
ſtellet.

Ein Menſche der ihr folgt, und ihrer Stimme hoͤrt,
Wird durch dem Selbſtbetrug in blinden Wahn be-
thoͤrt,

Er ſieht ſich darum an, daß er will gros erſcheinen,
Und darum ſind wir gros, weil wir es albern mei-
nen.

Der Eigenliebe Brut, der Stolz der uns erhebt,
Zeigt ſich auf manche Art, nachdem der Menſche
lebt,

Jn Gluͤk und Ungeluͤk. Wenn er im Gluͤkke gruͤnet,
Will er ein Abgott ſeyn, dem alle Welt bedienet.
Lebt er im Gegentheil durchs Schikſal in dem
Staub,

So ſchmeichelt ihn der Wahn, des Herzens blinder
Glaub,

Er muͤſte herrlich ſeyn, wenn in der Welt die Eh-
re,

Jedweden nach Verdienſt, nur ausgetheilet waͤre.
Das Gute was er hat, iſt es gleich nur ſehr klein,
Muß doch viel groͤſſer noch, als bei dem andern
ſeyn.

Und die Geſchiklichkeit, die Vollenkommenheiten,
Die koͤnnen gegen das, was er hat nichts bedeuten.
Jſt mit den Hochmuths-Sinn der Unverſtand ver-
paart,

So bruͤſtet ſich ein Menſch nach ſtolzer Pfauen
Art,

Er ſiehet ſich nur an, er pocht auf ſeine Gaben,
Und
H 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0131" n="119"/>
          <fw place="top" type="header">Der tho&#x0364;rigte Hochmuth.</fw><lb/>
          <l>Woraus der La&#x017F;ter Schaum der uns be&#x017F;chmizt, &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">geu&#x017F;t,</hi></l><lb/>
          <l>J&#x017F;t un&#x017F;re Eigenlieb, die uns mit Wind auf&#x017F;chwel-<lb/><hi rendition="#et">let,</hi></l><lb/>
          <l>Und vor der Einbildung Vergro&#x0364;ßrungs-Spiegel<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tellet.</hi></l><lb/>
          <l>Ein Men&#x017F;che der ihr folgt, und ihrer Stimme ho&#x0364;rt,</l><lb/>
          <l>Wird durch dem Selb&#x017F;tbetrug in blinden Wahn be-<lb/><hi rendition="#et">tho&#x0364;rt,</hi></l><lb/>
          <l>Er &#x017F;ieht &#x017F;ich darum an, daß er will gros er&#x017F;cheinen,</l><lb/>
          <l>Und darum &#x017F;ind wir gros, weil wir es albern mei-<lb/><hi rendition="#et">nen.</hi></l><lb/>
          <l>Der Eigenliebe Brut, der Stolz der uns erhebt,</l><lb/>
          <l>Zeigt &#x017F;ich auf manche Art, nachdem der Men&#x017F;che<lb/><hi rendition="#et">lebt,</hi></l><lb/>
          <l>Jn Glu&#x0364;k und Ungelu&#x0364;k. Wenn er im Glu&#x0364;kke gru&#x0364;net,</l><lb/>
          <l>Will er ein Abgott &#x017F;eyn, dem alle Welt bedienet.</l><lb/>
          <l>Lebt er im Gegentheil durchs Schik&#x017F;al in dem<lb/><hi rendition="#et">Staub,</hi></l><lb/>
          <l>So &#x017F;chmeichelt ihn der Wahn, des Herzens blinder<lb/><hi rendition="#et">Glaub,</hi></l><lb/>
          <l>Er mu&#x0364;&#x017F;te herrlich &#x017F;eyn, wenn in der Welt die Eh-<lb/><hi rendition="#et">re,</hi></l><lb/>
          <l>Jedweden nach Verdien&#x017F;t, nur ausgetheilet wa&#x0364;re.</l><lb/>
          <l>Das Gute was er hat, i&#x017F;t es gleich nur &#x017F;ehr klein,</l><lb/>
          <l>Muß doch viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er noch, als bei dem andern<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;eyn.</hi></l><lb/>
          <l>Und die Ge&#x017F;chiklichkeit, die Vollenkommenheiten,</l><lb/>
          <l>Die ko&#x0364;nnen gegen das, was er hat nichts bedeuten.</l><lb/>
          <l>J&#x017F;t mit den Hochmuths-Sinn der Unver&#x017F;tand ver-<lb/><hi rendition="#et">paart,</hi></l><lb/>
          <l>So bru&#x0364;&#x017F;tet &#x017F;ich ein Men&#x017F;ch nach &#x017F;tolzer Pfauen<lb/><hi rendition="#et">Art,</hi></l><lb/>
          <l>Er &#x017F;iehet &#x017F;ich nur an, er pocht auf &#x017F;eine Gaben,</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">H 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0131] Der thoͤrigte Hochmuth. Woraus der Laſter Schaum der uns beſchmizt, ſich geuſt, Jſt unſre Eigenlieb, die uns mit Wind aufſchwel- let, Und vor der Einbildung Vergroͤßrungs-Spiegel ſtellet. Ein Menſche der ihr folgt, und ihrer Stimme hoͤrt, Wird durch dem Selbſtbetrug in blinden Wahn be- thoͤrt, Er ſieht ſich darum an, daß er will gros erſcheinen, Und darum ſind wir gros, weil wir es albern mei- nen. Der Eigenliebe Brut, der Stolz der uns erhebt, Zeigt ſich auf manche Art, nachdem der Menſche lebt, Jn Gluͤk und Ungeluͤk. Wenn er im Gluͤkke gruͤnet, Will er ein Abgott ſeyn, dem alle Welt bedienet. Lebt er im Gegentheil durchs Schikſal in dem Staub, So ſchmeichelt ihn der Wahn, des Herzens blinder Glaub, Er muͤſte herrlich ſeyn, wenn in der Welt die Eh- re, Jedweden nach Verdienſt, nur ausgetheilet waͤre. Das Gute was er hat, iſt es gleich nur ſehr klein, Muß doch viel groͤſſer noch, als bei dem andern ſeyn. Und die Geſchiklichkeit, die Vollenkommenheiten, Die koͤnnen gegen das, was er hat nichts bedeuten. Jſt mit den Hochmuths-Sinn der Unverſtand ver- paart, So bruͤſtet ſich ein Menſch nach ſtolzer Pfauen Art, Er ſiehet ſich nur an, er pocht auf ſeine Gaben, Und H 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/131
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/131>, abgerufen am 24.11.2024.