Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Die Arglistigkeit. Sich drehn und wenden kan, wie wir es gerne ha-ben, Das ist ein weiser Mann von sonderbahren Gaben. Wer eines andern Blut, und sauren Schweis ver- zehrt, Und sich mit dem Betrug aufs reicheste ernährt, Der ist ein kluger Dieb, er weis die Welt zu zwin- gen, Daß man ihm seinen Raub, muß gar ins Haus hin- bringen. Wer sich durch andrer Fall, mit List erhöhen kan, Den nennt die blinde Welt, offt einen klugen Mann, Der doch ein Bösewicht, der diese Welt zerstöh- ret, Ob ihn ein jeder gleich, als einen GOtt verehret. Jhr Christen! fliehet doch die falsche Schlangen Art, Die nicht mit Redligkeit der Tauben ist verpaart; Die Kinder dieser Welt die spannen doch nur Schlin- gen, Dadurch sie endlich sich selbst ins Verderben brin- gen. Die Arglist siehet zwar, die andre leicht berükt, Doch eh sie sichs versieht; so ist sie selbst bestrikt. Die Weltgeschichte lehrt, daß die doch sind gefan- gen, Die mit dem stolzen Wiz, zu andrer Schaden prangen. Die wahre Klugheit liebt auch die Gerechtigkeit, Sie merket sorgsam an, der Welt Begebenheit, Doch aber hütet sie sich bösen gleich zu stellen, Die wie die Schlangen laurn, die Einfalt zu be- schnellen. Die Dritter Theil. G
Die Argliſtigkeit. Sich drehn und wenden kan, wie wir es gerne ha-ben, Das iſt ein weiſer Mann von ſonderbahren Gaben. Wer eines andern Blut, und ſauren Schweis ver- zehrt, Und ſich mit dem Betrug aufs reicheſte ernaͤhrt, Der iſt ein kluger Dieb, er weis die Welt zu zwin- gen, Daß man ihm ſeinen Raub, muß gar ins Haus hin- bringen. Wer ſich durch andrer Fall, mit Liſt erhoͤhen kan, Den nennt die blinde Welt, offt einen klugen Mann, Der doch ein Boͤſewicht, der dieſe Welt zerſtoͤh- ret, Ob ihn ein jeder gleich, als einen GOtt verehret. Jhr Chriſten! fliehet doch die falſche Schlangen Art, Die nicht mit Redligkeit der Tauben iſt verpaart; Die Kinder dieſer Welt die ſpannen doch nur Schlin- gen, Dadurch ſie endlich ſich ſelbſt ins Verderben brin- gen. Die Argliſt ſiehet zwar, die andre leicht beruͤkt, Doch eh ſie ſichs verſieht; ſo iſt ſie ſelbſt beſtrikt. Die Weltgeſchichte lehrt, daß die doch ſind gefan- gen, Die mit dem ſtolzen Wiz, zu andrer Schaden prangen. Die wahre Klugheit liebt auch die Gerechtigkeit, Sie merket ſorgſam an, der Welt Begebenheit, Doch aber huͤtet ſie ſich boͤſen gleich zu ſtellen, Die wie die Schlangen laurn, die Einfalt zu be- ſchnellen. Die Dritter Theil. G
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Die Argliſtigkeit.
Sich drehn und wenden kan, wie wir es gerne ha-
ben,
Das iſt ein weiſer Mann von ſonderbahren Gaben.
Wer eines andern Blut, und ſauren Schweis ver-
zehrt,
Und ſich mit dem Betrug aufs reicheſte ernaͤhrt,
Der iſt ein kluger Dieb, er weis die Welt zu zwin-
gen,
Daß man ihm ſeinen Raub, muß gar ins Haus hin-
bringen.
Wer ſich durch andrer Fall, mit Liſt erhoͤhen kan,
Den nennt die blinde Welt, offt einen klugen
Mann,
Der doch ein Boͤſewicht, der dieſe Welt zerſtoͤh-
ret,
Ob ihn ein jeder gleich, als einen GOtt verehret.
Jhr Chriſten! fliehet doch die falſche Schlangen
Art,
Die nicht mit Redligkeit der Tauben iſt verpaart;
Die Kinder dieſer Welt die ſpannen doch nur Schlin-
gen,
Dadurch ſie endlich ſich ſelbſt ins Verderben brin-
gen.
Die Argliſt ſiehet zwar, die andre leicht beruͤkt,
Doch eh ſie ſichs verſieht; ſo iſt ſie ſelbſt beſtrikt.
Die Weltgeſchichte lehrt, daß die doch ſind gefan-
gen,
Die mit dem ſtolzen Wiz, zu andrer Schaden
prangen.
Die wahre Klugheit liebt auch die Gerechtigkeit,
Sie merket ſorgſam an, der Welt Begebenheit,
Doch aber huͤtet ſie ſich boͤſen gleich zu ſtellen,
Die wie die Schlangen laurn, die Einfalt zu be-
ſchnellen.
Die
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