Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Die Klugheit. Klugheit ist ein Leitungs-Faden, Wer den hat kommt ohne Schaden, Aus des Schiksals Labirinth, Wo viel Dornen-Hekken sind, Darin man sonst ängstlich irret, Und im Lauffe sich verwirret, Und in Stacheln die gespizt Eh mans meint, sich schmerzend rizt. Klugheit kan zum frohen Leben, Tausendfache Mittel geben, Und versüßt mit Zukkerkand, Den sonst sauren Kummerstand, Wenn die uns auf Erden leitet, Als Gefährtin stets begleitet, Komt man sicher durch die Welt, Jn des Himmels Freuden-Zelt. Darum muß man sich befleissen, Nicht alleine klug zu heissen, Sondern auch recht klug zu seyn. Viele lieben blos den Schein, Meinen bei des Wizzes Gaben, Wahre Klugheit auch zu haben: Aber wenn mans recht bedenkt, Werden sie doch blind gelenkt. Die wir oft als Kluge loben, Zeigen oft sehr schlechte Proben, Machen zwar ein listig Strik, Doch sich nur zum Ungelük: Sie
Die Klugheit. Klugheit iſt ein Leitungs-Faden, Wer den hat kommt ohne Schaden, Aus des Schikſals Labirinth, Wo viel Dornen-Hekken ſind, Darin man ſonſt aͤngſtlich irret, Und im Lauffe ſich verwirret, Und in Stacheln die geſpizt Eh mans meint, ſich ſchmerzend rizt. Klugheit kan zum frohen Leben, Tauſendfache Mittel geben, Und verſuͤßt mit Zukkerkand, Den ſonſt ſauren Kummerſtand, Wenn die uns auf Erden leitet, Als Gefaͤhrtin ſtets begleitet, Komt man ſicher durch die Welt, Jn des Himmels Freuden-Zelt. Darum muß man ſich befleiſſen, Nicht alleine klug zu heiſſen, Sondern auch recht klug zu ſeyn. Viele lieben blos den Schein, Meinen bei des Wizzes Gaben, Wahre Klugheit auch zu haben: Aber wenn mans recht bedenkt, Werden ſie doch blind gelenkt. Die wir oft als Kluge loben, Zeigen oft ſehr ſchlechte Proben, Machen zwar ein liſtig Strik, Doch ſich nur zum Ungeluͤk: Sie
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Die Klugheit.
Klugheit iſt ein Leitungs-Faden,
Wer den hat kommt ohne Schaden,
Aus des Schikſals Labirinth,
Wo viel Dornen-Hekken ſind,
Darin man ſonſt aͤngſtlich irret,
Und im Lauffe ſich verwirret,
Und in Stacheln die geſpizt
Eh mans meint, ſich ſchmerzend rizt.
Klugheit kan zum frohen Leben,
Tauſendfache Mittel geben,
Und verſuͤßt mit Zukkerkand,
Den ſonſt ſauren Kummerſtand,
Wenn die uns auf Erden leitet,
Als Gefaͤhrtin ſtets begleitet,
Komt man ſicher durch die Welt,
Jn des Himmels Freuden-Zelt.
Darum muß man ſich befleiſſen,
Nicht alleine klug zu heiſſen,
Sondern auch recht klug zu ſeyn.
Viele lieben blos den Schein,
Meinen bei des Wizzes Gaben,
Wahre Klugheit auch zu haben:
Aber wenn mans recht bedenkt,
Werden ſie doch blind gelenkt.
Die wir oft als Kluge loben,
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