Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die unerkandte Wollthat GOttes. Und blos durch seine Saat, durch seine Hand ent-sprossen. Die Unempfindlichkeit, als der Gewohnheits Kind, Zeigt sich zur Erndte-Zeit wenn man das Feld be- trachtet; Da sieht man offtermahls, wie unachtsam, wie blind, Man selbsten in Geschöpf den grossen GOtt ver- achtet. Der Schnitter muntre Schaar, wird recht dadurch ergötzt, Wenn sie das güldne Feld mit schweren Aehren sie- het; Sie ziehet freudig aus, die Sicheln sind gewetzt, Damit die schlanke Faust die Halmen nieder zie- het. Das ganze Feld erthönt vom jauchzenden Geschrei, Das an der Berge Höh vergnüglich wiederhallet: Allein man höre nur, was doch der Jnhalt sey Der Lieder, deren Thon bald hie, bald da er- schallet: So ist es leider offt ein wilder Jubel-Klang, Ein sündlich Buhlenlied, ein quaksendes Gewäsche; Ein lallendes Gethön, und ein verwirrt Gesang, Nach Art der sumpfigten in Koth versteckten Frösche. Man singt und Jubilirt aus einer eitlen Lust, Da das erhizte Blut von Sonnenglanz entzündet; Es fühlet ihren Trieb die aufgewallte Brust; Weil man zur Erndte-Zeit dan wieder Nahrung fin- det. Man lacht und scherzet nur nach Weltgesinnter Art; Weil man bekränzet ist, als wie am Hochzeits- Tage: Und weil der Landmann nichts an guter Nahrung spart; So R 3
Die unerkandte Wollthat GOttes. Und blos durch ſeine Saat, durch ſeine Hand ent-ſproſſen. Die Unempfindlichkeit, als der Gewohnheits Kind, Zeigt ſich zur Erndte-Zeit wenn man das Feld be- trachtet; Da ſieht man offtermahls, wie unachtſam, wie blind, Man ſelbſten in Geſchoͤpf den groſſen GOtt ver- achtet. Der Schnitter muntre Schaar, wird recht dadurch ergoͤtzt, Wenn ſie das guͤldne Feld mit ſchweren Aehren ſie- het; Sie ziehet freudig aus, die Sicheln ſind gewetzt, Damit die ſchlanke Fauſt die Halmen nieder zie- het. Das ganze Feld erthoͤnt vom jauchzenden Geſchrei, Das an der Berge Hoͤh vergnuͤglich wiederhallet: Allein man hoͤre nur, was doch der Jnhalt ſey Der Lieder, deren Thon bald hie, bald da er- ſchallet: So iſt es leider offt ein wilder Jubel-Klang, Ein ſuͤndlich Buhlenlied, ein quakſendes Gewaͤſche; Ein lallendes Gethoͤn, und ein verwirrt Geſang, Nach Art der ſumpfigten in Koth verſteckten Froͤſche. Man ſingt und Jubilirt aus einer eitlen Luſt, Da das erhizte Blut von Sonnenglanz entzuͤndet; Es fuͤhlet ihren Trieb die aufgewallte Bruſt; Weil man zur Erndte-Zeit dan wieder Nahrung fin- det. Man lacht und ſcherzet nur nach Weltgeſinnter Art; Weil man bekraͤnzet iſt, als wie am Hochzeits- Tage: Und weil der Landmann nichts an guter Nahrung ſpart; So R 3
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Die unerkandte Wollthat GOttes.
Und blos durch ſeine Saat, durch ſeine Hand ent-
ſproſſen.
Die Unempfindlichkeit, als der Gewohnheits Kind,
Zeigt ſich zur Erndte-Zeit wenn man das Feld be-
trachtet;
Da ſieht man offtermahls, wie unachtſam, wie blind,
Man ſelbſten in Geſchoͤpf den groſſen GOtt ver-
achtet.
Der Schnitter muntre Schaar, wird recht dadurch
ergoͤtzt,
Wenn ſie das guͤldne Feld mit ſchweren Aehren ſie-
het;
Sie ziehet freudig aus, die Sicheln ſind gewetzt,
Damit die ſchlanke Fauſt die Halmen nieder zie-
het.
Das ganze Feld erthoͤnt vom jauchzenden Geſchrei,
Das an der Berge Hoͤh vergnuͤglich wiederhallet:
Allein man hoͤre nur, was doch der Jnhalt ſey
Der Lieder, deren Thon bald hie, bald da er-
ſchallet:
So iſt es leider offt ein wilder Jubel-Klang,
Ein ſuͤndlich Buhlenlied, ein quakſendes Gewaͤſche;
Ein lallendes Gethoͤn, und ein verwirrt Geſang,
Nach Art der ſumpfigten in Koth verſteckten Froͤſche.
Man ſingt und Jubilirt aus einer eitlen Luſt,
Da das erhizte Blut von Sonnenglanz entzuͤndet;
Es fuͤhlet ihren Trieb die aufgewallte Bruſt;
Weil man zur Erndte-Zeit dan wieder Nahrung fin-
det.
Man lacht und ſcherzet nur nach Weltgeſinnter Art;
Weil man bekraͤnzet iſt, als wie am Hochzeits-
Tage:
Und weil der Landmann nichts an guter Nahrung
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