Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Der Sommer. Alle Flächen ausgeschmükket. Alles, wo man nurhinblikt, Jst mit seinen Puz gezieret, überblümet, ausge- stikt. Wenn wir auf die Anger gehn, in die grün be- wachsnen Wiesen, So deucht uns, wir gingen da, in verneuten Pa- radiesen: Auf des Grases sammtnen Dekken, die mit Blu- men untermengt, Draus bald Gold, bald Silber strahlet, mit roth, blau und falb gesprengt, Liegen in der stolzen Ruh, so viel Anmuths-volle Heerden, Die den Schauern ihrer Lust ein vergnügtes Lust- spiel werden. Wenn die ausgeblizten Strahlen ihnen unerträg- lich seyn, Blökken die bewollten Schaafe, bei der Hizze un- gemein, Bis sie ein gekühltes Bett, an den Bächen untern Linden; Oder untern Pappelbaum ein recht schattigt Schirm- dach finden. Allda lagern sie sich stille in den sanften Schatten her, Rupfen die noch frischen Keimen, bis sie wie von ohngefehr Ein sanft rieselnd Murmeln hörn; alsdenn werden sie gleich innen, Das da im beschilften Bach vor sie Labsalsströme rinnen. Jhre lechzende Begierde schlurft das Wasser, wird gestillt, Jh-
Der Sommer. Alle Flaͤchen ausgeſchmuͤkket. Alles, wo man nurhinblikt, Jſt mit ſeinen Puz gezieret, uͤberbluͤmet, ausge- ſtikt. Wenn wir auf die Anger gehn, in die gruͤn be- wachſnen Wieſen, So deucht uns, wir gingen da, in verneuten Pa- radieſen: Auf des Graſes ſammtnen Dekken, die mit Blu- men untermengt, Draus bald Gold, bald Silber ſtrahlet, mit roth, blau und falb geſprengt, Liegen in der ſtolzen Ruh, ſo viel Anmuths-volle Heerden, Die den Schauern ihrer Luſt ein vergnuͤgtes Luſt- ſpiel werden. Wenn die ausgeblizten Strahlen ihnen unertraͤg- lich ſeyn, Bloͤkken die bewollten Schaafe, bei der Hizze un- gemein, Bis ſie ein gekuͤhltes Bett, an den Baͤchen untern Linden; Oder untern Pappelbaum ein recht ſchattigt Schirm- dach finden. Allda lagern ſie ſich ſtille in den ſanften Schatten her, Rupfen die noch friſchen Keimen, bis ſie wie von ohngefehr Ein ſanft rieſelnd Murmeln hoͤrn; alsdenn werden ſie gleich innen, Das da im beſchilften Bach vor ſie Labſalsſtroͤme rinnen. Jhre lechzende Begierde ſchlurft das Waſſer, wird geſtillt, Jh-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0020" n="8"/> <fw place="top" type="header">Der Sommer.</fw><lb/> <l>Alle Flaͤchen ausgeſchmuͤkket. Alles, wo man nur<lb/><hi rendition="#et">hinblikt,</hi></l><lb/> <l>Jſt mit ſeinen Puz gezieret, uͤberbluͤmet, ausge-<lb/><hi rendition="#et">ſtikt.</hi></l><lb/> <l>Wenn wir auf die Anger gehn, in die gruͤn be-<lb/><hi rendition="#et">wachſnen Wieſen,</hi></l><lb/> <l>So deucht uns, wir gingen da, in verneuten Pa-<lb/><hi rendition="#et">radieſen:</hi></l><lb/> <l>Auf des Graſes ſammtnen Dekken, die mit Blu-<lb/><hi rendition="#et">men untermengt,</hi></l><lb/> <l>Draus bald Gold, bald Silber ſtrahlet, mit roth,<lb/><hi rendition="#et">blau und falb geſprengt,</hi></l><lb/> <l>Liegen in der ſtolzen Ruh, ſo viel Anmuths-volle<lb/><hi rendition="#et">Heerden,</hi></l><lb/> <l>Die den Schauern ihrer Luſt ein vergnuͤgtes Luſt-<lb/><hi rendition="#et">ſpiel werden.</hi></l><lb/> <l>Wenn die ausgeblizten Strahlen ihnen unertraͤg-<lb/><hi rendition="#et">lich ſeyn,</hi></l><lb/> <l>Bloͤkken die bewollten Schaafe, bei der Hizze un-<lb/><hi rendition="#et">gemein,</hi></l><lb/> <l>Bis ſie ein gekuͤhltes Bett, an den Baͤchen untern<lb/><hi rendition="#et">Linden;</hi></l><lb/> <l>Oder untern Pappelbaum ein recht ſchattigt Schirm-<lb/><hi rendition="#et">dach finden.</hi></l><lb/> <l>Allda lagern ſie ſich ſtille in den ſanften Schatten<lb/><hi rendition="#et">her,</hi></l><lb/> <l>Rupfen die noch friſchen Keimen, bis ſie wie von<lb/><hi rendition="#et">ohngefehr</hi></l><lb/> <l>Ein ſanft rieſelnd Murmeln hoͤrn; alsdenn werden<lb/><hi rendition="#et">ſie gleich innen,</hi></l><lb/> <l>Das da im beſchilften Bach vor ſie Labſalsſtroͤme<lb/><hi rendition="#et">rinnen.</hi></l><lb/> <l>Jhre lechzende Begierde ſchlurft das Waſſer, wird<lb/><hi rendition="#et">geſtillt,</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jh-</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [8/0020]
Der Sommer.
Alle Flaͤchen ausgeſchmuͤkket. Alles, wo man nur
hinblikt,
Jſt mit ſeinen Puz gezieret, uͤberbluͤmet, ausge-
ſtikt.
Wenn wir auf die Anger gehn, in die gruͤn be-
wachſnen Wieſen,
So deucht uns, wir gingen da, in verneuten Pa-
radieſen:
Auf des Graſes ſammtnen Dekken, die mit Blu-
men untermengt,
Draus bald Gold, bald Silber ſtrahlet, mit roth,
blau und falb geſprengt,
Liegen in der ſtolzen Ruh, ſo viel Anmuths-volle
Heerden,
Die den Schauern ihrer Luſt ein vergnuͤgtes Luſt-
ſpiel werden.
Wenn die ausgeblizten Strahlen ihnen unertraͤg-
lich ſeyn,
Bloͤkken die bewollten Schaafe, bei der Hizze un-
gemein,
Bis ſie ein gekuͤhltes Bett, an den Baͤchen untern
Linden;
Oder untern Pappelbaum ein recht ſchattigt Schirm-
dach finden.
Allda lagern ſie ſich ſtille in den ſanften Schatten
her,
Rupfen die noch friſchen Keimen, bis ſie wie von
ohngefehr
Ein ſanft rieſelnd Murmeln hoͤrn; alsdenn werden
ſie gleich innen,
Das da im beſchilften Bach vor ſie Labſalsſtroͤme
rinnen.
Jhre lechzende Begierde ſchlurft das Waſſer, wird
geſtillt,
Jh-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/20 |
Zitationshilfe: | Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/20>, abgerufen am 16.02.2025. |