Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die Herrlichkeit der Lillien. Wolt ihr nicht den Lillien weichen, Jhrer Schönheit Schmuk erreichen, So seid stets darnach bemüht, Wie ihr schwarze Laster flieht. Diese weisse Unschuldsfarbe, Die an ihrer Blätter Sammt, Reinlich strahlt und lieblich flammt, Lehrt euch: Flieht der Laster Narbe; Wer der reinen Tugend fröhnet, Jst mit Lillien Schmuk gekrönet. Aeusre Schönheit, innre Güte, Jst bey dieser Garten Blüte, Auf das herrlichste vereint: Wenn sie wie ein Silber scheint, Das mit Edelstein behangen; So kann unsre Nase auch, Jhres Kelches süssen Rauch Jhre Ausdünstung auffangen, Die in das Gehirne fliegen, Und die Seele selbst vergnügen. Trachtet auch in eurer Jugend, Daß bey eurer Schönheit, Tugend Pracht und Nuz verschwistert sey; So kommt ihr den Lillien bey. Da ihr so in Ansehn blühet, So wird eures Nahmens Ruhm, Wenn die äusre Schönheits-Blum, Endlich welkt von hinnen fliehet, Dennoch unverlezt bestehen, Und nicht leichte untergehen. Ho-
Die Herrlichkeit der Lillien. Wolt ihr nicht den Lillien weichen, Jhrer Schoͤnheit Schmuk erreichen, So ſeid ſtets darnach bemuͤht, Wie ihr ſchwarze Laſter flieht. Dieſe weiſſe Unſchuldsfarbe, Die an ihrer Blaͤtter Sammt, Reinlich ſtrahlt und lieblich flammt, Lehrt euch: Flieht der Laſter Narbe; Wer der reinen Tugend froͤhnet, Jſt mit Lillien Schmuk gekroͤnet. Aeuſre Schoͤnheit, innre Guͤte, Jſt bey dieſer Garten Bluͤte, Auf das herrlichſte vereint: Wenn ſie wie ein Silber ſcheint, Das mit Edelſtein behangen; So kann unſre Naſe auch, Jhres Kelches ſuͤſſen Rauch Jhre Ausduͤnſtung auffangen, Die in das Gehirne fliegen, Und die Seele ſelbſt vergnuͤgen. Trachtet auch in eurer Jugend, Daß bey eurer Schoͤnheit, Tugend Pracht und Nuz verſchwiſtert ſey; So kommt ihr den Lillien bey. Da ihr ſo in Anſehn bluͤhet, So wird eures Nahmens Ruhm, Wenn die aͤuſre Schoͤnheits-Blum, Endlich welkt von hinnen fliehet, Dennoch unverlezt beſtehen, Und nicht leichte untergehen. Ho-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0162" n="150"/> <fw place="top" type="header">Die Herrlichkeit der Lillien.</fw><lb/> <lg n="12"> <l><hi rendition="#in">W</hi>olt ihr nicht den Lillien weichen,</l><lb/> <l>Jhrer Schoͤnheit Schmuk erreichen,</l><lb/> <l>So ſeid ſtets darnach bemuͤht,</l><lb/> <l>Wie ihr ſchwarze Laſter flieht.</l><lb/> <l>Dieſe weiſſe Unſchuldsfarbe,</l><lb/> <l>Die an ihrer Blaͤtter Sammt,</l><lb/> <l>Reinlich ſtrahlt und lieblich flammt,</l><lb/> <l>Lehrt euch: Flieht der Laſter Narbe;</l><lb/> <l>Wer der reinen Tugend froͤhnet,</l><lb/> <l>Jſt mit Lillien Schmuk gekroͤnet.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l><hi rendition="#in">A</hi>euſre Schoͤnheit, innre Guͤte,</l><lb/> <l>Jſt bey dieſer Garten Bluͤte,</l><lb/> <l>Auf das herrlichſte vereint:</l><lb/> <l>Wenn ſie wie ein Silber ſcheint,</l><lb/> <l>Das mit Edelſtein behangen;</l><lb/> <l>So kann unſre Naſe auch,</l><lb/> <l>Jhres Kelches ſuͤſſen Rauch</l><lb/> <l>Jhre Ausduͤnſtung auffangen,</l><lb/> <l>Die in das Gehirne fliegen,</l><lb/> <l>Und die Seele ſelbſt vergnuͤgen.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l><hi rendition="#in">T</hi>rachtet auch in eurer Jugend,</l><lb/> <l>Daß bey eurer Schoͤnheit, Tugend</l><lb/> <l>Pracht und Nuz verſchwiſtert ſey;</l><lb/> <l>So kommt ihr den Lillien bey.</l><lb/> <l>Da ihr ſo in Anſehn bluͤhet,</l><lb/> <l>So wird eures Nahmens Ruhm,</l><lb/> <l>Wenn die aͤuſre Schoͤnheits-Blum,</l><lb/> <l>Endlich welkt von hinnen fliehet,</l><lb/> <l>Dennoch unverlezt beſtehen,</l><lb/> <l>Und nicht leichte untergehen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Ho-</hi> </fw><lb/> </body> </text> </TEI> [150/0162]
Die Herrlichkeit der Lillien.
Wolt ihr nicht den Lillien weichen,
Jhrer Schoͤnheit Schmuk erreichen,
So ſeid ſtets darnach bemuͤht,
Wie ihr ſchwarze Laſter flieht.
Dieſe weiſſe Unſchuldsfarbe,
Die an ihrer Blaͤtter Sammt,
Reinlich ſtrahlt und lieblich flammt,
Lehrt euch: Flieht der Laſter Narbe;
Wer der reinen Tugend froͤhnet,
Jſt mit Lillien Schmuk gekroͤnet.
Aeuſre Schoͤnheit, innre Guͤte,
Jſt bey dieſer Garten Bluͤte,
Auf das herrlichſte vereint:
Wenn ſie wie ein Silber ſcheint,
Das mit Edelſtein behangen;
So kann unſre Naſe auch,
Jhres Kelches ſuͤſſen Rauch
Jhre Ausduͤnſtung auffangen,
Die in das Gehirne fliegen,
Und die Seele ſelbſt vergnuͤgen.
Trachtet auch in eurer Jugend,
Daß bey eurer Schoͤnheit, Tugend
Pracht und Nuz verſchwiſtert ſey;
So kommt ihr den Lillien bey.
Da ihr ſo in Anſehn bluͤhet,
So wird eures Nahmens Ruhm,
Wenn die aͤuſre Schoͤnheits-Blum,
Endlich welkt von hinnen fliehet,
Dennoch unverlezt beſtehen,
Und nicht leichte untergehen.
Ho-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/162 |
Zitationshilfe: | Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/162>, abgerufen am 16.07.2024. |