Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Die Weisheit GOttes Jst das nicht GOttes Güt die weislich suchet,Die Menschen die verirt, zu sich zu ziehn? So gar das Volk das er gerecht verfluchet Verspüret auch sein göttliches Bemühn. Ja! bei der Last der zugemeßnen Rache, Die Judas Brut gebükt mit Schmerzen trägt, Wird ihnen doch in der Askenas Sprache (*) Das Testament von JEsu vorgelegt. Wer sieht hier nicht, die Gnadenreichen Züge, Denn nichts geschicht vom blinden Ohngefehr, Wer ist so blind, der noch bedenken trüge Zu glauben, daß hierin was Göttlichs wär? Mein GOtt! wenn ich die Sinnen darauf lenke, Wie viele tausendmahl die Schrift gedrükt Wie viel sie übersetzt, dabei gedenke; So wird mein Hertz von reger Lust entzükt. Jch stell mir dabei vor die selge Menge, Die GOtt dadurch zum wahren Glauben führt; Jch sehe da die wunderbahren Gänge, Die man erstaunt, bei seiner Vorsicht spürt. Wie ich also entzükt in dem Gedanken, So wallte mein Geblüt mit regen Lauf Und öfnete der Lippen feste Schranken, Mit diesen Spruch in süsser Freude auf: Wie herlich wird das Jubel-Lied erklingen, Das alle Heiligen vor GOttes Thron Jn heilger Zahl, mit einem Munde singen, Dem heilgen Geist, dem Vater und dem Sohn; Wie rein wird dort der Engel Sprache schal- len, Die Halleluja, Lob und Preis erthönt; Dagegen ist der Redner Kunst ein Lallen Das nur von unbeschnittnen Lippen stöhnt. Die (*) Jüdisch Teutsch.
Die Weisheit GOttes Jſt das nicht GOttes Guͤt die weislich ſuchet,Die Menſchen die verirt, zu ſich zu ziehn? So gar das Volk das er gerecht verfluchet Verſpuͤret auch ſein goͤttliches Bemuͤhn. Ja! bei der Laſt der zugemeßnen Rache, Die Judas Brut gebuͤkt mit Schmerzen traͤgt, Wird ihnen doch in der Askenas Sprache (*) Das Teſtament von JEſu vorgelegt. Wer ſieht hier nicht, die Gnadenreichen Zuͤge, Denn nichts geſchicht vom blinden Ohngefehr, Wer iſt ſo blind, der noch bedenken truͤge Zu glauben, daß hierin was Goͤttlichs waͤr? Mein GOtt! wenn ich die Sinnen darauf lenke, Wie viele tauſendmahl die Schrift gedruͤkt Wie viel ſie uͤberſetzt, dabei gedenke; So wird mein Hertz von reger Luſt entzuͤkt. Jch ſtell mir dabei vor die ſelge Menge, Die GOtt dadurch zum wahren Glauben fuͤhrt; Jch ſehe da die wunderbahren Gaͤnge, Die man erſtaunt, bei ſeiner Vorſicht ſpuͤrt. Wie ich alſo entzuͤkt in dem Gedanken, So wallte mein Gebluͤt mit regen Lauf Und oͤfnete der Lippen feſte Schranken, Mit dieſen Spruch in ſuͤſſer Freude auf: Wie herlich wird das Jubel-Lied erklingen, Das alle Heiligen vor GOttes Thron Jn heilger Zahl, mit einem Munde ſingen, Dem heilgen Geiſt, dem Vater und dem Sohn; Wie rein wird dort der Engel Sprache ſchal- len, Die Halleluja, Lob und Preis erthoͤnt; Dagegen iſt der Redner Kunſt ein Lallen Das nur von unbeſchnittnen Lippen ſtoͤhnt. Die (*) Juͤdiſch Teutſch.
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Die Weisheit GOttes
Jſt das nicht GOttes Guͤt die weislich ſuchet,
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So gar das Volk das er gerecht verfluchet
Verſpuͤret auch ſein goͤttliches Bemuͤhn.
Ja! bei der Laſt der zugemeßnen Rache,
Die Judas Brut gebuͤkt mit Schmerzen traͤgt,
Wird ihnen doch in der Askenas Sprache (*)
Das Teſtament von JEſu vorgelegt.
Wer ſieht hier nicht, die Gnadenreichen Zuͤge,
Denn nichts geſchicht vom blinden Ohngefehr,
Wer iſt ſo blind, der noch bedenken truͤge
Zu glauben, daß hierin was Goͤttlichs waͤr?
Mein GOtt! wenn ich die Sinnen darauf lenke,
Wie viele tauſendmahl die Schrift gedruͤkt
Wie viel ſie uͤberſetzt, dabei gedenke;
So wird mein Hertz von reger Luſt entzuͤkt.
Jch ſtell mir dabei vor die ſelge Menge,
Die GOtt dadurch zum wahren Glauben fuͤhrt;
Jch ſehe da die wunderbahren Gaͤnge,
Die man erſtaunt, bei ſeiner Vorſicht ſpuͤrt.
Wie ich alſo entzuͤkt in dem Gedanken,
So wallte mein Gebluͤt mit regen Lauf
Und oͤfnete der Lippen feſte Schranken,
Mit dieſen Spruch in ſuͤſſer Freude auf:
Wie herlich wird das Jubel-Lied erklingen,
Das alle Heiligen vor GOttes Thron
Jn heilger Zahl, mit einem Munde ſingen,
Dem heilgen Geiſt, dem Vater und dem Sohn;
Wie rein wird dort der Engel Sprache ſchal-
len,
Die Halleluja, Lob und Preis erthoͤnt;
Dagegen iſt der Redner Kunſt ein Lallen
Das nur von unbeſchnittnen Lippen ſtoͤhnt.
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(*) Juͤdiſch Teutſch.
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