Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die beneidete Tugend
Tugend hat ein hell Gesicht,
Das mit reinen Strahlen gläntzet
Und sich wie ein Sonnenlicht,
Mit dem eignen Schimmer kräntzet;
Laster haben auch zwar Schein,
Aber der von aussen strahlet
Und wie ein unechter Stein
Mit erborgten Farben prahlet.
Tugend liebt die Reinligkeit,
Weil sie ist die Tracht der Götter,
Und ein solches Unschulds Kleid,
Findet stets auf Erden Spötter:
Auf der reinen Liljen Putz,
Sezzen sich Geschmeis und Fliegen,
Damit sie von ihren Schmutz,
Mögen schwartze Flekken kriegen.
Tugend aber lacht des nur,
Wenn die Neiderschlangen zischen,
Und den Gift mit falschen Schwur,
An ihr rein Gewand abwischen.
Zeigt man an ihr wo ein Mahl,
Hat die Sonne selbst doch Flekken,
Solches kan ein Schönheits Strahl,
Tausendfacher Zier bedekken.
Tugend hat ein Hertz und Muth,
Das den harten Klippen gleichet
Das vor keiner Löwen Wuth,
Noch vor Füchse Arglist weichet;
Himmel, spricht sie schadts dem Mond
Wenn ihn Mops und Staps anbellen,
Nei-
Die beneidete Tugend
Tugend hat ein hell Geſicht,
Das mit reinen Strahlen glaͤntzet
Und ſich wie ein Sonnenlicht,
Mit dem eignen Schimmer kraͤntzet;
Laſter haben auch zwar Schein,
Aber der von auſſen ſtrahlet
Und wie ein unechter Stein
Mit erborgten Farben prahlet.
Tugend liebt die Reinligkeit,
Weil ſie iſt die Tracht der Goͤtter,
Und ein ſolches Unſchulds Kleid,
Findet ſtets auf Erden Spoͤtter:
Auf der reinen Liljen Putz,
Sezzen ſich Geſchmeis und Fliegen,
Damit ſie von ihren Schmutz,
Moͤgen ſchwartze Flekken kriegen.
Tugend aber lacht des nur,
Wenn die Neiderſchlangen ziſchen,
Und den Gift mit falſchen Schwur,
An ihr rein Gewand abwiſchen.
Zeigt man an ihr wo ein Mahl,
Hat die Sonne ſelbſt doch Flekken,
Solches kan ein Schoͤnheits Strahl,
Tauſendfacher Zier bedekken.
Tugend hat ein Hertz und Muth,
Das den harten Klippen gleichet
Das vor keiner Loͤwen Wuth,
Noch vor Fuͤchſe Argliſt weichet;
Himmel, ſpricht ſie ſchadts dem Mond
Wenn ihn Mops und Staps anbellen,
Nei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0070" n="54"/>
        <fw place="top" type="header">Die beneidete Tugend</fw><lb/>
        <lg n="2">
          <l><hi rendition="#in">T</hi>ugend hat ein hell Ge&#x017F;icht,<lb/>
Das mit reinen Strahlen gla&#x0364;ntzet<lb/>
Und &#x017F;ich wie ein Sonnenlicht,<lb/>
Mit dem eignen Schimmer kra&#x0364;ntzet;<lb/>
La&#x017F;ter haben auch zwar Schein,<lb/>
Aber der von au&#x017F;&#x017F;en &#x017F;trahlet<lb/>
Und wie ein unechter Stein<lb/>
Mit erborgten Farben prahlet.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="3">
          <l><hi rendition="#in">T</hi>ugend liebt die Reinligkeit,<lb/>
Weil &#x017F;ie i&#x017F;t die Tracht der Go&#x0364;tter,<lb/>
Und ein &#x017F;olches Un&#x017F;chulds Kleid,<lb/>
Findet &#x017F;tets auf Erden Spo&#x0364;tter:<lb/>
Auf der reinen Liljen Putz,<lb/>
Sezzen &#x017F;ich Ge&#x017F;chmeis und Fliegen,<lb/>
Damit &#x017F;ie von ihren Schmutz,<lb/>
Mo&#x0364;gen &#x017F;chwartze Flekken kriegen.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="4">
          <l><hi rendition="#in">T</hi>ugend aber lacht des nur,<lb/>
Wenn die Neider&#x017F;chlangen zi&#x017F;chen,<lb/>
Und den Gift mit fal&#x017F;chen Schwur,<lb/>
An ihr rein Gewand abwi&#x017F;chen.<lb/>
Zeigt man an ihr wo ein Mahl,<lb/>
Hat die Sonne &#x017F;elb&#x017F;t doch Flekken,<lb/>
Solches kan ein Scho&#x0364;nheits Strahl,<lb/>
Tau&#x017F;endfacher Zier bedekken.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="5">
          <l><hi rendition="#in">T</hi>ugend hat ein Hertz und Muth,<lb/>
Das den harten Klippen gleichet<lb/>
Das vor keiner Lo&#x0364;wen Wuth,<lb/>
Noch vor Fu&#x0364;ch&#x017F;e Argli&#x017F;t weichet;<lb/>
Himmel, &#x017F;pricht &#x017F;ie &#x017F;chadts dem Mond<lb/>
Wenn ihn Mops und Staps anbellen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Nei-</fw><lb/></l>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0070] Die beneidete Tugend Tugend hat ein hell Geſicht, Das mit reinen Strahlen glaͤntzet Und ſich wie ein Sonnenlicht, Mit dem eignen Schimmer kraͤntzet; Laſter haben auch zwar Schein, Aber der von auſſen ſtrahlet Und wie ein unechter Stein Mit erborgten Farben prahlet. Tugend liebt die Reinligkeit, Weil ſie iſt die Tracht der Goͤtter, Und ein ſolches Unſchulds Kleid, Findet ſtets auf Erden Spoͤtter: Auf der reinen Liljen Putz, Sezzen ſich Geſchmeis und Fliegen, Damit ſie von ihren Schmutz, Moͤgen ſchwartze Flekken kriegen. Tugend aber lacht des nur, Wenn die Neiderſchlangen ziſchen, Und den Gift mit falſchen Schwur, An ihr rein Gewand abwiſchen. Zeigt man an ihr wo ein Mahl, Hat die Sonne ſelbſt doch Flekken, Solches kan ein Schoͤnheits Strahl, Tauſendfacher Zier bedekken. Tugend hat ein Hertz und Muth, Das den harten Klippen gleichet Das vor keiner Loͤwen Wuth, Noch vor Fuͤchſe Argliſt weichet; Himmel, ſpricht ſie ſchadts dem Mond Wenn ihn Mops und Staps anbellen, Nei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/70
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/70>, abgerufen am 27.11.2024.